17.18

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dieser Debatte, glaube ich, können wir ein paar Fakten zusam­men­fassen: Das Erste ist, dass Finanzminister Blümel zunächst behauptet hat, es hat für die Impfstoffbestellung nie einen Deckel gegeben. Das war das Erste, was er gesagt hat.

Als dann klar war – schwarz auf weiß, aufgrund der Ministerratsvorträge –, ja, es gab einen Deckel von 200 Millionen Euro, hat der Finanzminister behauptet, das war ja nicht sein Vorschlag, sondern das war der Vorschlag von Gesundheitsminister Anschober. Als dann anhand des Mailverkehrs nachgewiesen werden konnte, es war nicht Herr Anschober, sondern es waren die engsten Mitarbeiter des Herrn Blümel, hat er so getan, als ob das keine Auswirkungen gehabt hätte. Wir wissen aber, dass es Auswirkungen hatte, weil wir wissen, dass die Europäische Union gewisse Impfdosen ausverhandelt hat und dann jedem Land gemäß der Bevölkerung angeboten hat: So viele Impfdosen kannst du haben!

Wir wissen, dass Österreich auf fast 1 Million Impfdosen – auf fast 1 Million Impfdosen! (Widerspruch bei der ÖVP) – verzichtet hat, allein auf 750 000 von Johnson & Johnson, von denen eine Impfung bereits zur Immunisierung führt. Das heißt, wir hätten 850 000 Menschen zusätzlich impfen können und früher impfen können, als wir das nun tun. (Zwischenruf der Abg. Niss.) Andere Länder, wie zum Beispiel Malta und Dänemark, haben die Impfdosen, auf die wir verzichtet haben, gekauft. – Das sind Fakten. (Abg. Niss: So eine Frechheit, das ist doch gar nicht wahr! – Abg. Kirchbaumer: Der ist doch noch gar nicht zugelassen!)

Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Wer ist dafür verantwortlich? – Ganz ehrlich, der Finanzminister meint, es ist der Gesundheitsminister, der Gesundheitsminister meint, es ist der Finanzminister, und am Ende des Tages ist es immer der Regierungschef – zumindest in Deutschland, in Österreich nicht. Es ist ganz ehrlich für mich auch nicht die primäre Frage, wer von den Dreien jetzt die Verantwortung trägt, denn für mich tragen alle drei die Verantwortung dafür, dass Österreich auf fast 1 Million Impfdosen verzichtet hat, die nun in Dänemark und Malta verimpft werden. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: ... hat die Impfroute geschlossen!)

Das Zweite, was wir lernen – und das nicht zum ersten Mal –, ist, dass Herr Blümel immer nur das zugibt, was man ihm unmittelbar nachweisen kann. (Ruf bei der SPÖ: Genau!) Wir kennen das ja alle. Die, die im Untersuchungsausschuss waren, haben das ja erlebt, wie er im Untersuchungsausschuss befragt worden ist; im Juni, glaube ich, war das. Da ist er gefragt worden: Ist Ihnen eine Spende von einem Glücksspielkonzern angeboten worden? – Daran kann ich mich nicht erinnern! Sind Anliegen von Glücks­spielkonzernen an Sie herangetragen worden? – Da kann ich mich nicht mehr erinnern! (Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: ... kannst du dich erinnern?)

Eine einzige SMS und er hat sich plötzlich erinnern können (Zwischenrufe bei der ÖVP): Ja, es wurde ihm eine Spende von der Novomatic angeboten, aber die ist ganz sicher nie bezahlt worden, weil wir die nicht angenommen hätten!, und zweitens: Ja, die wollten eine konkrete Hilfe, nämlich weniger Steuern in Italien zahlen, und natürlich habe ich ihnen geholfen! – Ganz ehrlich, diese Vorgangsweise zeugt meiner Meinung nach von einer Unehrlichkeit (Abg. Kirchbaumer: ... reden Sie nie wieder ...!), und ich muss Ihnen sagen, Unehrlichkeit ist ein schlechter Nährboden für Vertrauen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Wenn es hier um die Frage geht, ob ich Vertrauen in Minister Blümel habe – Kollege Reimon stellt ja die Fragen: Wieso?, Habt ihr Vertrauen?, Habt ihr kein Vertrauen? (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, dann kann ich ihm einfach sagen (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer): Ja, ich habe kein Vertrauen in Minister Blümel! (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Ich kann das auch, glaube ich, sehr einfach begründen: Wir erinnern uns, mit welcher Missachtung Herr Blümel letztes Jahr im Mai bei der Budgetsitzung vor dem Parlament aufgetreten ist, bis wir ihn dann darauf aufmerksam gemacht haben, dass sein eigener Abänderungsantrag dazu geführt hätte – wenn wir nicht rechtzeitig Halt geschrien hätten (Zwischenrufe der Abgeordneten Lukas Hammer und Kirchbaumer–, dass Österreich nicht 102 Milliarden Euro zur Krisenbekämpfung gehabt hätte (Rufe bei der ÖVP: Nicht rechtzeitig! ... den richtigen Zeitpunkt abgewartet!), sondern 102 000 Euro. – Um das Geld hätten wir wahrscheinlich nicht einmal das Parlament impfen können! (Zwischen­rufe der Abgeordneten Steinacker und Strasser.)

Wir erinnern uns an die 86 Gedächtnislücken im Untersuchungsausschuss, die in der Frage gegipfelt haben, ob er überhaupt noch weiß, ob er einen Laptop hatte. Der Laptop wurde dann auch gefunden, und zwar während einer Hausdurchsuchung, aber nicht bei ihm zu Hause, sondern von seinem Kabinettschef im Kinderwagen bei einer Straßen­bahnstation (Heiterkeit bei der FPÖ – Zwischenruf des Abg. Deimek), weil er kurz vorher aus der Wohnung weggetragen wurde.

Wir wissen, dass der 200-Millionen-Deckel im Finanzministerium – und damit unter seiner Verantwortung – passiert ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und wir wissen vor allem auch eines – das ist etwas, das besonders erschütternd ist –: Am 3. März hat der Verfassungsgerichtshof Herrn Blümel aufgefordert, und zwar nicht nur aufgefordert (Ruf bei der ÖVP: Redezeit!), sondern er hat das erkannt und ihn verpflichtet, dem Untersuchungsausschuss mehrere Tausend Dateien – E-Mails, elek­tronische Dateien –, die er dem Untersuchungsausschuss widerrechtlich vorenthält (Zwischenruf des Abg. Stögmüller) – und zwar seit einem Jahr vorenthält –, zu liefern. Das war am 3. März. Wie viele hat er bis heute geliefert? (Abg. Stögmüller: Ein E-Mail!) – Null! Bis heute hat er null geliefert.

Minister Blümel hat nicht nur keinen Respekt vor dem Parlament und vor der Bevölke­rung, er hat auch keinen Respekt vor dem Rechtsstaat, und deswegen verdient er auch nicht mein Vertrauen. Kollege Reimon, erklären Sie mir doch, wieso er Ihr Vertrauen hat! (Zwischenruf des Abg. Reimon.) – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS.)

17.24

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.