9.38

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich erstmals den Titel der heutigen Aktuellen Stunde und die Worte „aus der Krise“ gelesen habe, habe ich mir gedacht, das ist jetzt schon eine sehr umfangreiche Diskussion, denn: Wel­che Krise ist eigentlich gemeint? Ist es die Gesundheitskrise, die Impfkrise, die ÖVP-Krise, die Regierungskrise, die soziale Krise, die Krise des Rechtsstaats (Rufe bei der ÖVP: ... SPÖ! Zwischenrufe bei der SPÖ), die Krise der parlamentarischen Demokra­tie? Eigentlich ganz schön mutig, das Thema, habe ich mir gedacht, geschätzte Damen und Herren! Konzentrieren wir uns aber auf den Klimaschutz, hätte ich gesagt! (Zwi­schenruf des Abg. Hanger.) Das macht in dieser Zeit mehr Sinn, als über all die anderen Baustellen dieser Regierung zu sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir über Klimaschutz und raus aus der Klimakrise reden, hat ja diese Legislatur­periode - - (Abg. Hanger: Herr Leichtfried, ...!) – Der Herr Hanger (Heiterkeit des Red­ners), er schreit schon wieder heraus  eine Serie. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir waren am Anfang etwas verwundert, als wir in diese Legislaturperiode gegangen sind, uns klar zum Klimaschutz bekannt haben (Abg. Hanger: ... für die Sachen, die Sie sagen!), eine Klimamilliarde eingefordert haben und die Reaktion, die Antwort des grü­nen Vizekanzlers, war: Das tun wir nicht, denn das Geld wächst ja nicht auf den Bäu­men! – Das war für den Anfang etwas verblüffend, ich muss Ihnen aber offen sagen und zugestehen, dass die Programme, die jetzt entwickelt wurden und die sicherlich gegen den Willen der ÖVP so entwickelt wurden, schon einiges Positive an sich haben, insbe­sondere die Förderungsprogramme.

Ich möchte vielleicht nur eine Anregung weitergeben, weil Sie auch die Elektromobilität erwähnt haben, die sicherlich eine gute Möglichkeit darstellt, den CO2-Ausstoß zu verrin­gern (Abg. Hanger: Herr Leichtfried, ... das war ...!): Man sollte sowohl bei Förderungen als auch bei möglichen negativen Anreizen, die ja vielleicht auch notwendig sein mögen, zum Prinzip der Technologieneutralität übergehen. Ich glaube, die Ziele sind es, die wir fördern sollten, und die Ziele sind es, die wir im Hinblick auf die Senkung des Ausstoßes erreichen sollten. (Abg. Hanger: ... warum Sie das nicht zusammengebracht haben?!) Die Technologie festzulegen trägt immer das Risiko in sich, dass möglicherweise andere Technologien, die genauso effizient sein mögen, ins Hintertreffen geraten.

Mir ist jetzt aber ein Punkt ganz wichtig, der nicht angesprochen wurde – weder in Ihrer Rede (in Richtung Bundesministerin Gewessler) noch in der Rede von Kollegin Maurer ‑, denn wenn es um Maßnahmen geht, so wie der Klimaschutz eine ist, die von einer breiten Mehrheit getragen werden müssen, damit sie auch umgesetzt werden können, damit sie durchgesetzt werden können, geht es am Ende auch immer um die Menschen, nämlich die Menschen, die es betrifft.

Diese erleben das halt unterschiedlich. Jemand, der beispielsweise gerade eine Kfz-Mechanikerlehre absolviert, wird sich andere Gedanken darüber machen als andere Menschen. Eine Ingenieurin bei der OMV in der Raffinerie wird auch andere Vorstellun­gen haben, wie sich die Dinge entwickeln könnten. Bei Menschen, die im Frachtgewerbe beschäftigt sind, wird es ähnlich sein. Das heißt, man muss sich auch um diese Men­schen kümmern, man muss sich um ihre Ängste und ihre Sorgen kümmern. Man muss bei jeder Art von Politik – und so auch bei der Klimapolitik – dafür sorgen, dass es Men­schen nachher besser und nicht schlechter geht, und das insgesamt. Ich glaube, das ist ein ganz, ganz wichtiger Ansatz. (Beifall bei der SPÖ.)

Man muss halt – und das ist ein Vorwurf, den ich jetzt nicht nur Ihnen, sondern der ge­samten Bundesregierung mache –, wenn es ums Konkrete geht, dann auch konkrete, glaubwürdige Maßnahmen setzen. Damit komme ich zur Problematik der Firma MAN. Frau Maurer und Sie haben die Elektrobusse, die Elektro-Lkws erwähnt.

Wir haben mit MAN in Steyr wahrscheinlich den europäischen Spitzenreiter in der Elek­tro-Lkw-Produktion. Die sind ziemlich die Besten in ganz Europa; sie sind nicht nur die Besten in ganz Europa in der Produktion, sondern es gibt dort gleichzeitig eine unglaubli­che Krise, weil der VW-Konzern dieses Werk schließen möchte. Bis zu 8 000 Arbeitsplät­ze sind gefährdet. Da geht es also um österreichische Schlüsseltechnologie und da geht es um österreichische Arbeitsplätze. Niemand von der Bundesregierung hat es für wert befunden, sich um diese Menschen zu kümmern und sich um diese Technologie zu kümmern. (Abg. Zarits: Das stimmt nicht!) Das ist etwas, das meines Erachtens absolut inakzeptabel ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist wieder ein gutes Beispiel – bitte, Frau Ministerin, lassen Sie sich davon nicht anstecken; Sie sind nicht so, ich kenne Sie ja! – für die ÖVP-Politik: nur Show und keine Substanz dahinter, die den Menschen nützt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: ... Betriebsrat!)

9.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. Das Wort steht bei ihm. – Bitte sehr.