10.06

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Wertes Hohes Haus! Die Bundesregierung hat endlich den österreichischen Wiederaufbauplan bei der Europäi­schen Union eingereicht – das (einen dicken Packen Unterlagen in die Höhe haltend) ist das erste Kapitel davon. Es ist ein großes Trumm auf mehreren Ebenen, weil es unser tagtägliches Leben ganz einfach beeinflusst.

Worum geht es bei diesem Wiederaufbauplan? – Die EU stellt Österreich bis zu 3,5 Mil­liarden Euro für den Wiederaufbau nach der Krise zur Verfügung; 3,5 Milliarden Euro, die komplett zusätzlich zur Verfügung stehen, die wir nicht zurückzahlen müssen, Geld, das wirklich einmalig da ist, um es zu investieren, um neue Projekte zu starten, um zu­sätzliche Arbeitsplätze zu schaffen (Abg. Hanger: ... die Wirtschaft ...!) und um eben den Karren nach dieser Krise wieder aus dem Dreck zu ziehen. (Beifall bei der SPÖ.) Dafür ist dieser Wiederaufbaufonds gemacht – zum Glück, denn der Herr Bundeskanzler wollte diesen ja zusammenkürzen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.) – Bitte, Sie können mir zuhören, ich komme schon zum Punkt.

Schauen wir uns nun aber an: Was ist da jetzt tatsächlich drinnen? – Ich schlage vor, wir begeben uns auf die Suche nach den neuen Projekten. Beginnen wir einmal mit dem ersten, dem 1-2-3-Ticket! Liebe Zuseher und Zuseherinnen zu Hause, wenn Sie sich jetzt denken: Das kennen wir ja schon, das ist doch schon beschlossen!, dann sage ich Ihnen: Ja, genau! (Abg. Steinacker: Aber die Finanzierung ist noch nicht ganz durch! Nachdenken!)

Gehen wir weiter zu einem anderen Programm, dem Koralmtunnel! Wenn Sie sich jetzt denken: Seit Jahren ist dieses Projekt in Gang!, dann sage ich: Ja, genau so ist es!

Gehen wir weiter: Heizkesseltausch. – Liebe Abgeordnete, wenn Sie sich denken: Das haben wir hier schon vor ein paar Monaten beschlossen, und dazu hat die Ministerin schon gefühlt zehn Pressekonferenzen gegeben!, dann sage ich wieder: Ja, genau so ist es!

In diesem ganzen Paket sind es 4 Prozent der Fördersumme, die tatsächlich in neue Projekte fließen – 4 Prozent! Was ist da schiefgelaufen, Frau Ministerin? (Beifall bei der SPÖ.) 96 Prozent fließen in Projekte, die entweder schon umgesetzt sind oder ohnehin schon beschlossen oder in Planung waren. Wenn man hier Neues sucht, dann blättert man eine Zeit lang.

Liebe Frau Ministerin, Sie haben vorhin ein neues Projekt schon erwähnt, und zwar den Reparaturbonus. Den finden wir gut. Dazu haben wir, die SPÖ, seit einem Jahr mehr­mals Anträge gestellt. Das ist schon gut, aber das ist ein neues Projekt unter so vielen, bei denen Sie nicht Neues starten. Was machen Sie nämlich? – Sie legen das Geld de facto aufs Konto. Das kommt einem Sparkurs gleich, den Sie da an den Tag legen (Beifall bei der SPÖ), und das mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg! Das muss man sich schon einmal auf der Zunge zergehen lassen. Es ist wirt­schaftspolitisch vollkommen sinnbefreit, jetzt nicht alles, was geht, tatsächlich zu inves­tieren.

Einen letzten Punkt sage ich noch dazu, weil ein Rechnungshof- - (Abg. Wöginger – den Kopf schüttelnd –: Furchtbar!) – Na, ist das die Wirtschaftskompetenz, dass man jetzt mitten in der Krise nicht beginnt (Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Hanger  Abg. Wöginger: Furchtbar!), das Geld, das einem vonseiten der Europäischen Union auf dem Silbertablett präsentiert wird, zu investieren?! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.) Das ist die Wirtschaftskompetenz?! (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr Finanzminister hat gesagt: „Koste es, was es wolle“, in dieser Krise. – Das hat er wahrscheinlich vergessen, so wie alles andere. Es ist die Frage, ob er überhaupt einen Laptop hat. (Zwischenrufe der Abgeordneten Steinacker und Hanger.)

Ich komme zum letzten Punkt – wenn Sie mich ausreden lassen. Ich sehe, ich treffe hier direkt hinein (Zwischenrufe bei der ÖVP), mitten hinein habe ich getroffen, das freut mich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Es wird nicht besser!)

Der letzte Punkt ist, darauf hinzuwiesen, was uns der Rechnungshof in einem Bericht dargelegt hat: nämlich dass Österreich aufgrund unserer verfehlten Klimaziele 9 Milliar­den Euro Strafzahlungen drohen. (Ruf bei den Grünen: Eurer verfehlten Klimaziele!) – Das droht jetzt ganz einfach. Und wenn wir jetzt nicht in die Gänge kommen und alles tun, alles investieren, um dagegenzuhalten, werden wir diese 9 Milliarden Euro nach Brüssel schicken, anstatt sie jetzt tatsächlich zu investieren.

Was heißt das konkret? – Ich nenne nur ein Beispiel: regionale Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen. Wir bringen heute noch Anträge für die Aktion 40 000 ein. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das wäre auch ein Beitrag für den Klimaschutz. Das wäre ein Projekt, eine In­vestition, für die Sie hätten kämpfen müssen, Frau Ministerin, und wo Sie sich gegen die neoliberale Sparpolitik der ÖVP auch hätten durchsetzen müssen, für die Arbeitsplätze und für den Klimaschutz. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Das war ein Kommunismus! – Abg. Leichtfried: Der Kollege Hanger ist heute etwas außer sich! – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

10.11

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Deimek. – Bitte.