17.11

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Mitglie­der der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Was wir diese Tage in Steyr zu sehen kriegen, das lässt, glaube ich, niemanden von uns kalt. Es ist ein wirt­schaftliches Desaster, und dabei ist es schon möglich, Produktionsbetriebe in Österreich auch sehr erfolgreich zu führen. Aber ganz ehrlich, die Politik macht es den Unterneh­merInnen halt wirklich nicht leicht.

Damit komme ich zur Rolle der Politik. Es ist heute schon mehrmals erwähnt worden, die Aufgabe der Politik ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Unternehmerin­nen und den Unternehmern ermöglichen, am Standort konkurrenzfähig zu sein, Eigenka­pital aufzubauen, letztendlich bestehende Jobs für die Zukunft zu transformieren und vielleicht auch neue Geschäftsfelder aufzumachen, um so erfolgreich in die Zukunft ge­hen zu können. Aber die Rahmenbedingungen in Österreich sind eben schlecht, und UnternehmerInnen und auch Manager werden zustimmen, wenn ich sage: viel zu viel Bürokratie, viel zu hohe Lohnnebenkosten, eine überfällige Steuerreform, ein unflexibler Arbeitsmarkt und Fachkräftemangel.

Seit unserer Gründung im Jahr 2012 sagen wir NEOS, was zu tun wäre, welche Ver­besserungsvorschläge es geben würde. Und ja, auch Sie versprechen vor jeder Wahl immer Reformen, viele davon würden wir wirklich gerne unterstützen, nur wir können nicht, weil sie nie zur Umsetzung kommen. Deswegen muss man da konstatieren, es hapert einfach schon wieder am Tun, und besonders in der Standortpolitik. Da haben wir in den letzten Jahren wirklich viele Ankündigungen gehört, eben immer wieder gehört, und da ist es jetzt vollkommen wurscht, ob das von Schwarz-Rot, Schwarz-Blau oder auch Schwarz-Grün kommt, passiert ist nirgendwo etwas. Und die kalte Progression haben wir ja auch noch immer.

Doch reden wir über Steyr! Sie kennen die Geschichte: Zuerst einmal hat hier die Ar­beitergewerkschaft hoch gezockt und massiv versagt. Das ist natürlich ein Desaster für die Betroffenen, es ist ein Desaster für die ArbeiterInnen und für den Standort Steyr, denn ich muss sagen, das Konzept des Investors, ganz im Ernst, hört sich nicht so un­plausibel an, da waren schon ganz viele Sachen drinnen, die durchaus Sinn machen – ja, natürlich mit schmerzhaften Abstrichen, aber es war halt auch ein Plan für die Zukunft.

Ich frage mich wirklich, wie man so ein Angebot einfach so zur Gänze vom Tisch wischen kann, wenn man doch weiß, dass die Voraussetzungen wirklich nicht gut sind. Man wusste ja von Anfang an, man wusste vor der Abstimmung, dass die Investoren nicht Schlange stehen, dass es da nicht viele gab. Viele Gründe wurden medial genannt: Das Unternehmen ist nicht produktiv, die Löhne liegen weit über dem Industriestandard, es gibt Versäumnisse des Managements. Ich will es jetzt gar nicht bewerten, ich kenne die Bücher nicht, ich kann es nicht sagen. Was ich aber schon sagen kann, ist: Wenn der Standort so toll wäre und wenn das Unternehmen so großartig wäre, dann hätte es wahrscheinlich mehr Investoren gegeben, die sich dafür interessiert hätten. (Beifall bei den NEOS.)

Zweitens muss man auch sagen, die MAN ist teilverstaatlicht, und der niedersächsische Ministerpräsident sitzt beim Mutterkonzern mit an Bord. Und jetzt muss man eigentlich nur eins und eins zusammenzählen: Was passiert denn, wenn es eine wirtschaftliche Schieflage gibt, wenn ein Standort aufgrund der schlechten Zahlen nicht gehalten wer­den kann? – Na dann wird man nicht den in Deutschland schließen. Dass das in Öster­reich stattfinden wird, ich glaube, das kann man sich ausrechnen. Standortgarantie hin oder her, der Betriebsrat hat da einfach zu hoch gezockt und damit alles verloren.

Und was passiert als Nächstes? – Anstatt dass die SPÖ hier mit Vernunft und realistisch agiert und wirklich vermittelt, gießt sie auch noch Öl ins Feuer. Klassenkampf wird hier ausgerufen, und die Republik möge sich jetzt doch endlich beteiligen und das Unter­nehmen mit Steuergeld einfach weiterführen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Echt jetzt? Weil der Staat so ein toller Unternehmer ist? Das haben wir ja in den letzten Jahrzehnten wirklich gesehen, wie großartig das war. Und: Haben wir nicht gerade letzte Woche hier in diesem Haus eine Sondersitzung zur Öbag gehabt? (Beifall bei den NEOS.) Ja, liebe SPÖ, Sie haben auch eine Neuaufstellung der Öbag gefordert. Ehrlich gesagt, man kennt sich wirklich nicht mehr aus, wohin Sie wollen.

Sie können mir gerne zwei Fragen beantworten. Die erste wäre: Was passiert denn nach der Übernahme? Was wird denn dann produziert, für welchen Markt? Und: Welcher In­vestor soll daran Interesse haben, nur weil es eine Beteiligung von der Republik gibt? – Ich glaube, das ist kontraproduktiv.

Zweite Frage: Welchen türkisen Minister oder, Entschuldigung, Manager, muss man in diesem Fall sagen, hätten Sie dann gerne im Vorstand der MAN? (Ruf: Schmid!) – Schmid? Vielleicht? Jobs, die da wieder geschaffen werden, für weitere Familienmitglie­der, die ganz oft keine Ahnung vom Geschäft haben – das kann doch nicht im Sinne des Standorts sein!

Meine Damen und Herren! Der Standort steht hier wirklich in der Kritik, weil es so einfach nicht funktionieren wird, das muss man einfach sagen. Und wenn sich jetzt alle den Staat wünschen, der hier einschreiten und Verantwortung übernehmen soll, dann sage ich Ihnen, der Staat war und ist kein guter Unternehmer. Das hat noch nie funktioniert, und es wird auch in diesem Fall nicht funktionieren. Sie wissen es vermutlich auch selber, aber offensichtlich ist Ihnen egal, was mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und der Steu­erzahler passiert.

Wie dem auch sei, der Status ist ein anderer, die Belegschaft hat sich ja dagegen ent­schieden, sie hat sich gegen dieses Investment entschieden. Man hört auch, dass der Investor kein Interesse mehr daran hat, einzusteigen, weil er sagt – und ich finde, das ist nachvollziehbar –: Wenn die Arbeiter nicht hinter mir stehen, wenn die mir nicht den Rücken für dieses neue Konzept stärken, dann gehe ich da auch nicht hinein! – Das hat der Betriebsrat gewusst. Der Betriebsrat hat gewusst, dass es seitens des VW-Konzerns kein alternatives Angebot gibt. Er hat auch gewusst, dass das Werk zugesperrt wird – und dann hört man auch noch, dass ein sehr wichtiger Betriebsrat, der maßgeblich daran beteiligt war, am Tag nach der Abstimmung in Pension geht: Hinter mir die Sintflut!, of­fenbar ist es ihm wurscht.

Die Situation ist wirklich verfahren, und ich meine, der Karren steckt wirklich tief im Dreck, aber es gibt eine Möglichkeit zu helfen, und diese wurde auch schon des Öfteren ange­sprochen. Ja, hier könnte die Politik helfen. Herr Bundeskanzler, schicken Sie Ihre Wirt­schaftsministerin, die gerade so schön mit dem Arbeitsminister plaudert, nach Oberös­terreich! Dann können Sie noch Ihren Kollegen, Herrn Wirtschaftslandesrat Achleitner, dazuholen. Der verbringt seine Zeit gerade mit so tollen Pressekonferenzen wie „Power-Bezirk Grieskirchen“. Ich komme aus Grieskirchen, ich weiß, Grieskirchen wird auch oh­ne diese Pressekonferenz überleben. Aber vielleicht könnten Sie dann gemeinsam mit Herrn Achleitner nach Steyr fahren und auf den Betriebsrat einwirken, um nochmals ab­stimmen zu lassen. (Abg. Wöginger: Der war schon dort! Der war schon dort!) – Ja dann soll er bitte noch einmal hingehen, es hat ja offenbar nicht gereicht. (Abg. Wöginger: Mehrere Male, Frau Kollegin!) Dann hat er sich offenbar noch nicht richtig bemüht.

Ich würde sagen, man kann hier nur das Gespräch, das gemeinsame Gespräch suchen. Und ich würde die Mitarbeiter auch fragen – ich weiß nicht, ob er das gemacht hat –, ob sie wirklich wollen, dass das Werk zugesperrt wird, ob sie wirklich wollen, dass unwieder­bringliche Werte wirklich verloren gehen, und ob man es sich vielleicht nicht doch noch überlegen will, das bestehende Angebot nochmals zu prüfen.

Es geht darum, die Substanz zu erhalten, und es geht auch darum, 1 250 Arbeitsplätze zu retten. Das Unternehmen kann möglicherweise gut saniert werden, es kann hoch erfolgreich sein, es kann sogar wieder neue Jobs in der Region schaffen. Das wäre doch einen weiteren Versuch wert. Das sollten Sie tun. Sie haben sich in den letzten Jahren nicht um die Standortpolitik gekümmert. Das wäre eine Möglichkeit, die Ärmel hochzu­krempeln, hinzufahren, etwas auf den Boden zu bringen, das Ding wieder zum Laufen zu bringen. Ich würde Sie wirklich darum bitten. Tun Sie es bitte! (Beifall bei den NEOS.)

17.19

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.