19.47

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Kol­leginnen und Kollegen! Ja, ich spreche auch zum Antrag betreffend „die Situation der Uiguren“. Frau Kollegin Kugler hat es ja schon gesagt: Dieser wird einstimmig angenom­men werden, also auch mit unseren Stimmen. Ich möchte aber trotzdem das eine oder andere klarstellen beziehungsweise dann noch einen ergänzenden Entschließungsan­trag der Freiheitlichen Partei einbringen.

Kollegin Kugler hat es schon teilweise in ihrer Rede angedeutet: Es ist immer auch ein Abwägen zwischen wirtschaftlichen Interessen und Menschenrechtsinteressen. Es ist auch eine Frage des unterschiedlichen kulturellen Zugangs. Es gibt da sicher auch ganz grundsätzlich unterschiedliche Zugänge zum Thema der Menschenrechte in China, in anderen Ländern, in der sogenannten westlichen Welt et cetera.

Also feststellend, dass wir als Freiheitliche Partei diesem Antrag selbstverständlich zu­stimmen werden, möchten wir aber doch einen ergänzenden Entschließungsantrag ein­bringen, der in die Richtung geht, dass man trotz alledem bei dieser Beurteilung die Brücken nicht völlig abbricht und nicht sozusagen die Menschenrechte missbraucht, um Macht- und Wirtschaftspolitik zu betreiben. Die Diktion der US-Regierung haben Sie er­wähnt, die sind Partner aber auch Konkurrenten und Gegner. Man darf diese beiden Dinge meines Erachtens nicht vermischen. Auch Ihre Forderung – oder unsere gemein­same Forderung – nach „Zutritt für unabhängige internationale Beobachter“ et cetera ist in der Praxis viel, viel leichter durchzusetzen, wenn wir das Fenster des Dialogs – und das ist gute alte österreichische Tradition in der Außenpolitik – auch offenhalten.

Deswegen bringen wir – ergänzend gemeint zu diesem grundsätzlichen Antrag, dem wir zustimmen werden – folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Völkerverständigung auf Augenhöhe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert die Menschenrechte im Sinne der Völkerver­ständigung als Zweck und nicht als Mittel zu betrachten. Somit möge sich der Bundesmi­nister für europäische und internationale Angelegenheiten dafür einsetzen, dass in der Uiguren-Frage mit der Volksrepublik China ein fairer Dialog geführt wird. Insbesondere vor dem Hintergrund der Hegemonialstellung der Vereinigten Staaten.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Völkerverständigung auf Augenhöhe

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 14., Bericht des Aus­schusses für Menschenrechte über den Antrag 1472/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Situation der Uiguren (780 d.B.), in der 97. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 21. April 2021.

Zhao Tingyang, Professor am Institut für Philosophie bei der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften und Senior Fellow am Berggruen Forschungsinstitut der Uni­versität Peking wurde 2019 vom Nouveau Magazine littéraire zu einem der 35 einfluss­reichsten Denker der Welt gewählt. Sein wegweisendes Werk „Alles unter dem Himmel - Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung“ wurde Anfang 2020 bei Suhrkamp in deut­scher Sprache veröffentlicht und ist geeignet, um Chinas aktuelles weltpolitisches Den­ken zu verstehen. Seine Sicht auf die Menschenrechte beschreibt er darin wie folgt:

„Wenn jedes der Menschenrechte unantastbar ist, wie steht es dann bei Konflikten zwi­schen den Menschenrechten? Wenn die Menschenrechte jedes Individuums absolute Autorität besitzen, wie steht es dann bei Konflikten zwischen Menschenrechten von In­dividuen? Oder bei Konflikten zwischen den Menschenrechten verschiedener Regio­nen? Wie soll in solchen Zwickmühlen entschieden werden? Sind Entscheidungen mög­lich, verlangt das Prinzipien, die den Menschenrechten übergeordnet sind. Lassen sie sich nicht entscheiden, bergen die Menschenrechte in sich ein Paradox. Ohne Frage sind die Menschenrechte eine großartige Sache, das Problem ist, dass die Theorie der Menschenrechte noch immer unvollkommen ist und Widersprüche in sich trägt, weshalb sie zur Konfliktlösung nicht ausreicht.

Daneben versucht die moderne Politik, Probleme durch Verhandlung, Feilschen und den Abschluss von Verträgen zu lösen. Nicht allein, dass sich internationale Abkommen nicht wirklich als zuverlässig erwiesen haben, entscheidender ist, was geschieht, wenn Inter­essen- und Machtkonflikte oder religiöse und kulturelle Auseinandersetzungen nicht ver­handelbar sind, keine Toleranz zulassen und sich darüber keine vertraglichen Vereinba­rungen erzielen lassen?“

Maßstab unseres internationalen Handelns müssen die Interessen Österreichs als neu­traler Staat und vor allem seiner Bevölkerung sein. Es gilt daher einen Dialog auf Augen­höhe zu pflegen und Bedenken offen sowie selbstbewusst anzusprechen ohne zu ur­teilen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert die Menschenrechte im Sinne der Völkerver­ständigung als Zweck und nicht als Mittel zu betrachten. Somit möge sich der Bundes­minister für europäische und internationale Angelegenheiten dafür einsetzen, dass in der Uiguren-Frage mit der Volksrepublik China ein fairer Dialog geführt wird. Insbesondere vor dem Hintergrund der Hegemonialstellung der Vereinigten Staaten.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Harald Troch. – Bitte, Herr Abgeordneter.