10.10

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es freut mich, dass wir mitten am Tag das Thema Ausbau der Chancen am Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen dis­kutieren. Es sollte selbstverständlich sein, dass Menschen mit Behinderungen auch mitten in unserer Gesellschaft leben und nicht durch gesetzliche Rahmenbedingungen, durch bauliche Hürden oder auch durch Hürden in den Köpfen der Menschen behindert werden.

Der Sonderbericht der Volksanwaltschaft aus dem Jahr 2019 zeigt, dass es besonders am Arbeitsmarkt viele Hürden für Menschen mit Behinderung zu bewältigen gibt. In dem Bericht steht zum Beispiel: „Menschen mit Behinderung und einer Arbeitsfähigkeit unter 50 Prozent können in Österreich nicht arbeiten wie alle anderen. Sie bekommen keine Unterstützung vom Arbeitsmarktservice [...]. Sie werden [...] nicht an Arbeitgeber ver­mittelt. Manchmal bekommen sie einen Platz in einer Werkstätte.“

In diesen Werkstätten erhalten sie dann – wie wir schon ganz oft hier im Hohen Haus besprochen haben – keinen Lohn, sondern ein sogenanntes Taschengeld. Sie haben also keinen Anspruch auf eine entsprechende Entlohnung, auf Urlaub, auf Kran­ken­stand, auf Arbeitnehmerschutz, auf betriebliche Mitbestimmung oder auf die Unterstüt­zung durch das Arbeitsmarktservice.

Besonders schwierig wird die Situation, wenn das Arbeitsamt bei der Pensionsver­sicherung ein Gutachten beauftragt, um die Arbeitsfähigkeit eines Menschen mit Behinderung festzustellen. Wird durch den Arzt die Arbeitsunfähigkeit festgestellt, hat das ganz gravierende Auswirkungen. Wer als arbeitsunfähig gilt, bekommt keine wei­teren Unterstützungen vom AMS, bekommt keine Kurse vom AMS, kann sich nicht weiterbilden, wird nicht an Arbeitgeber vermittelt und erhält auch kein Arbeitslosengeld – unabhängig davon, was diese Person leisten kann oder leisten will.

Diese Personen können sich zwar selbst einen Job suchen, aber das ist aufgrund der Einstufung als arbeitsunfähig sehr schwierig, und meistens landen sie dann in betreuten Werkstätten.

Auch die Bürgerinitiative betreffend „Diskriminierung von Menschen mit Behinderung durch die österreichische Gesetzgebung“, die wir im Ausschuss behandelt haben und die die Obfrau des Vereins Vianova Austria ins Leben gerufen hat, prangert genau dieses Problem an.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, über alle Parteigrenzen hinweg besteht Einvernehmen darüber, dass wir schnellstmöglich eine Lösung für das Problem Lohn statt Taschengeld erwirken müssen – und dafür braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung. Es braucht auch die Kraftanstrengung, alle Stakeholder einzubinden – die Sozialversicherungen, die Bundesländer –, damit wir rasch eine Lösung finden.

Der vorliegende Antrag ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Er sollte aber keine Willensbekundung bleiben, sondern auch tatsächlich umgesetzt werden, denn auch Menschen mit Behinderung haben es verdient, dass wir uns hier für sie einsetzen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ragger. – Bitte sehr.