9.52

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Eigentlich bin ich mit dem Vorsatz hergekommen, einmal konstruktiv und positiv (Heiter­keit bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Zarits) – zu 100 Prozent konstruktiv und positiv – zu sein, aber es fällt mir wirklich schwer, denn wenn ich der Frau Minister so zuhöre, dann müsste ich das, was Beate Meinl-Reisinger gesagt hat – nämlich: „wann, wenn nicht jetzt?“ –, fast umformulieren und sagen: Wer, wenn nicht Sie, müssten wis­sen, wie Wirtschaft funktioniert?

Wirtschaft funktioniert nicht durch staatliche Eingriffe, Wirtschaft funktioniert nicht mit der Gießkanne, sondern Wirtschaft funktioniert nur mit der Schere, nämlich in dem Sinn mit der Schere, dass man entbürokratisiert, dass man die Gewerbeordnung reformiert, die alten Zöpfe wegschneidet und eine Gewerbeordnungsreform aufsetzt. Der Punkt ist nämlich schon – und da gebe ich meinen Vorrednern recht –, nie gab es so viel zu tun wie jetzt, aber so, wie es ist, darf es nicht bleiben. Sie aber haben uns vorgeredet, wie es bleiben darf, nämlich mit staatlichen Eingriffen, mit Fördertöpfen, mit der Insolvenz­statistik. Das, was Sie gesagt haben, ist wirtschaftspolitisch hanebüchen! (Beifall bei den NEOS.)

Sie wissen, dass das ein Verzögerungsmechanismus ist! Sie wissen, dass die Insol­venzen im Herbst steigen werden, wenn die Überbrückungshilfen, wenn die Stundungen auslaufen. Sie wissen, was dann passieren wird.

Sie können nicht sagen: Wir sind die Besten! – Ja, Sie sind die Besten in der Ineffizienz! Ja, Sie sind die Besten in der Nichttreffsicherheit! Sie haben immer oben drüber hinweg gezielt und nie getroffen. (Beifall bei den NEOS.) Das ist nicht nur für einen Jäger fatal, das ist auch für eine Wirtschaftsministerin fatal. Was müsste also passieren, damit es für Österreich zu einem Neustart kommt und nicht zu einem Comeback? – Sie müssten ermöglichen! Sie müssten Arbeitsplätze ermöglichen. Wie ermöglicht man Arbeits­plätze? – Indem man den Kostenfaktor Arbeit senkt. Die Mitarbeiter müssen mehr verdienen und weniger kosten.

Sie müssen entbürokratisieren. Sie müssen die Gewerbeordnung reformieren, sodass es nur mehr 25 reglementierte Gewerbe gibt und nicht 76 – Kollege Haubner, Sie erinnern sich, darüber diskutieren wir schon lange. Sie müssten auch Eigenkapital stärken. Wenn ich Ihre Worte – schon seit 2019 – darüber höre, was Sie alles vorhaben, und mir dann ansehe, was Sie umgesetzt haben, dann fällt mir relativ wenig ein, das Sie umgesetzt haben – und das ist das Thema. Das ist das Thema auch dieser Bundes­regierung: eine Ankündigungspolitik zu betreiben und eine PR-Show zu machen. Wenn wir einen Neustart einleiten wollen, dann müssen wir aber Reformen einleiten!

Ich als Unternehmer – auch im Tourismus, der heute aufsperrt –, der bald einmal über­geben wird, denke an meine Kinder, an meine Söhne, und die denken sich: Wenn ich übernehme, dann habe ich als Allererstes einmal die BH im Haus, die mich von oben bis unten durchkontrolliert. (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) Gabriel Obernosterer weiß, wie das bei einer Betriebsübergabe funktioniert. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Diese bürokratische Hürde ist kein Ermöglichen! Sie müssen es entbürokratisieren. Sie müssen ermöglichen und nicht behindern. – Das ist Punkt eins. (Beifall bei den NEOS.)

Punkt zwei: Wann, wenn nicht jetzt, wären diese großen Reformen möglich? Wann, wenn nicht jetzt, da sich alle politischen Parteien in diesem Nationalrat einig sind, dass jetzt dieses Zeitfenster ist, in dem wir über unsere ideologischen Barrieren springen könnten und gemeinsam für unsere Kinder – auch für meine Kinder, die bald einmal übernehmen werden – diese Hürden überwinden könnten? Das heißt: Wenn wir jetzt keine große Pensionsreform ansetzen, hat die nächste Generation diese Schwierig­kei­ten.

Wenn wir jetzt nicht stabilisieren, wird es für meine Kinder wahrscheinlich eine Erb­schaftssteuer geben. Warum gibt es für sie diese Erbschaftssteuer? – Weil wir nicht reformfreudig sind, weil wir keine Transparenzdatenbank ermöglichen, weil wir keinen effizienten Staat ermöglichen. Nein, wir haben einen Förderalismus und einen Föderalis­mus, der nicht gelebt wird.

Ich erinnere noch einmal an Schelling, der sagte: Wir leben in einem Land, in dem jeder für etwas zuständig, aber niemand für etwas verantwortlich ist. – Diese Verantwort­lichkeit müssen wir entweder leben oder auflösen und nicht, so wie Sie sagen, mit Ein­griffen des Staates, mit der Gießkanne, mit Eingriffen des Staates zur Stabilisierung agieren – und gleichzeitig darauf vergessen, ein modernes Insolvenzrecht umzusetzen –, mit Eingriffen des Staates auch in der Kurzarbeit agieren, ohne den Wiedereinstieg in der Form zu ermöglichen, dass die Menschen wieder in den 100-prozentigen Arbeits­einsatz kommen.

Das müssten Sie jetzt ermöglichen, aber mir fehlen die Konzepte von Ihrer Seite, und das tut mir als Unternehmer weh, das tut Tausenden Unternehmern in diesem Land weh – bis auf ein paar. Ich gebe ja ganz ehrlich zu: Heute in der Früh bin ich bei einem Gastro­nomen vorbeigegangen, und ich scheue mich nicht, zu sagen, dass er mir gesagt hat - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz!

Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Nein, ich habe jetzt auch 2 Minuten, Herr Präsident, genauso wie Kollegin Kaufmann. Das mache ich jetzt absichtlich, bis Sie mir das Mikrofon abdrehen. (Abg. Steinacker: Entschuldigung, das ist aber nicht lustig!)

Dieser Gastronom hat gesagt, er hat den besten Urlaub seines Lebens gehabt, und ich glaube, das ist die Ineffizienz, von der wir sprechen. Vielleicht hat den auch Herr Ho gehabt; ich weiß es nicht, aber es kann natürlich sein.

Ich meine, hier müssen Sie treffsicher sein, und das beste Prinzip jetzt ist nicht nur, noch einmal über die Cofag nachzudenken, sondern das beste Prinzip jetzt wäre: Machen wir uns doch jetzt schleunigst Gedanken darüber und reformieren wir auch diese Maß­nahmen, indem wir die Verlustkompensation ansetzen!

Was würden Sie davon halten, über Ihre ideologischen Barrieren zu springen und zu sagen: Das, was die NEOS schon seit 2018 vorschlagen, nämlich Reformen, nicht ablehnen, sondern Reformen, die von der Opposition vorgeschlagen werden, auch mit der Opposition umsetzen!? (Beifall bei den NEOS.)

9.58

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, kein Kommentar.

Nächster Redner ist Abgeordneter Schnabel. – Bitte.