10.05

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren, die uns zuhören! Leider scheint das Thema der wirtschaftlichen Erholung für die ÖVP nicht so wichtig zu sein. Das haben Sie schon an den Worten der Frau Bundesministerin gemerkt, aber auch daran, dass uns gerade Kollegin Kaufmann und Kollege Schnabel geschickt wurden (Beifall bei SPÖ und NEOS) und sich Letzterer darin ergeht, wie es Thomas Muster vor Jahren ging. (Heiterkeit des Abg. Loacker.) Ehrlich gesagt ist das Thema ernster und ist das Thema wichtiger. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

In sechs Wochen bekommen nach einem extrem schwierigen Schuljahr die Mädchen und Buben, die jungen Damen und Burschen ein Zeugnis in der Schule. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schnabel und Steinacker.) Es war ein extrem schwieriges Jahr mit Homeschooling und anderem, aber sie müssen sich mit der Note, die im Zeugnis steht, auseinandersetzen. Es ist eine Summe dessen, was geleistet wurde. (Abg. Strasser: Ist das die moralische Überhöhung der ...?)

Kollegin Meinl-Reisinger hat eingangs schon darauf hingewiesen, wo wir im Bereich Wirtschaftswachstum liegen, also genauer gesagt: Schrumpfung in der EU. Am 12. Mai hat die EU-Kommission ihre Prognose für 2021 bekannt gegeben. Nach der wird Österreichs Wirtschaft heuer um 3,4 Prozent wachsen, sie war aber im Vorjahr mit minus 6,6 Prozent bereits extrem schlecht unterwegs. Schaut man sich jetzt die gesamte Pandemiezeit an, also 2020 und 2021, erkennt man, dass wir knapp vor Spanien, Italien, Griechenland und Portugal liegen – liebe Beate, Malta macht es sogar besser, weil es voriges Jahr weniger Schrumpfung hatte. Wir liegen also mit diesen vier Ländern, die einen viel höheren Tourismusanteil als wir und damit einen viel stärkeren Einbruch erlebt haben, auf den letzten Plätzen der EU. (Zwischenrufe der Abgeordneten Obernosterer und Ottenschläger.) Dann kommt eine Regierung, die in ihrer Selbstgefälligkeit nichts anderes zu tun hat, als sich auf die Schulter zu klopfen, weil sie so toll bei den Wirt­schaftshilfen sei, weil sie auf Rang zwei – (in Richtung Bundesministerin Schramböck) oder haben Sie Rang eins gesagt? – bei der Wirtschaftshilfe liegt.

Frau Bundesministerin, jetzt frage ich Sie aber: Wenn wir auf Platz eins oder zwei bei der Summe der Ausgaben für die Hilfen sind, aber auf den letzten Plätzen der EU-27, wer ist daran schuld? (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der NEOS.) Sind es die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Unternehmerin­nen und Unternehmer? – Das kann ich mir nicht vorstellen. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Die waren wirklich in verzweifelter Lage. Ich war ein Vierteljahrhundert als Steuerberater aktiv tätig, ich habe mir viel Jammern anhören müssen – das Jammern ist des Kaufmanns Kunst –, aber dass Menschen, die seit Jahren einen Betrieb führen, heulen und mit tränenerstickter Stimme sagen: Ich kann nicht mehr weiter, ich kriege meine Hilfe nicht!, habe ich bis dahin noch nicht erlebt; aber in diesem Jahr habe ich es erlebt. (Beifall bei der SPÖ.)

Das war der Grund dafür, warum wir uns für die Menschen, die nicht mehr weiterkönnen, eingesetzt haben. Wir haben die Homepage Blackbox Cofag gemacht, auf der Leute die Erfahrungen, die sie gemacht haben, wenn sie einen Antrag gestellt und kein Geld bekommen haben, das sie aber brauchen, posten konnten. Ergebnis davon - - (Abg. Steinacker: Die schauen wir uns dann alle an!) – Ja, Frau Kollegin, Ihre Kollegen, nämlich der Österreichische Wirtschaftsbund, sagen in ihrer Aussendung nicht, dass es ihnen leidtut und man das ändert – nein! –, sondern den Unternehmerinnen und Unternehmern, die dort ihre Erfahrungen gepostet haben, wird unterstellt, dass sie, wenn sie etwas posten, nicht begreifen können, dass es öffentlich ist. So muss man erst einmal auf die Menschen herabschauen und von oben herab tätig sein.

Aussendung Wirtschaftsbund: Es werden Daten veröffentlicht, was die Leute nicht wollen, die diese selbst gepostet haben. – Das bringt Ihre gesamte Meinung gegenüber der Unternehmerschaft zum Ausdruck: Sie wollen sie bevormunden, Sie halten sie für Kinder, die nicht wissen, was sie posten. Schande über Sie! (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Eine Entschuldigung von Herrn Wirtschaftsbundgeneralsekretär Egger habe ich bis heute nicht gehört, und zwar nicht bei mir, sondern bei den Hunderten Unternehmerinnen und Unternehmern, die die Sorgen haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Zurück zur Lage: Das Zeugnis, das Sie hier in Form der EU-Kommission und ihrer Wirt­schaftserwartung bekommen, und der Effekt, dass Sie die höchsten Wirtschaftshilfen ausgezahlt haben, beweisen, dass es einen Fehler im System gibt. Dieser Fehler hat einen Namen: österreichische Wirtschaftspolitik unter der Führung der ÖVP. (Zwi­schenruf der Abg. Salzmann.) Es tut mir leid für Österreich, es tut mir leid für die Unter­nehmerinnen und Unternehmer. Das Geld ist leider in Möbelmärkte, Mediamarkt, Star­bucks und die Glücksspielindustrie geflossen, statt zu denen, die es brauchen. Hoffent­lich machen Sie es bei der nächsten Krise besser! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte.