12.04

Abgeordnete Petra Vorderwinkler (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Dr. Taschner, eines möchte ich richtigstellen, und zwar: Der Ethikunterricht, wie er im Volksbegehren gefordert wird, soll nicht den Religionsunterricht ersetzen, sondern zusätzlich stattfinden. (Beifall bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Was ist Ethik überhaupt? – Ethik umfasst die Begriffe Gerechtigkeit, Moral, Werte, Kom­munikation, Würde, Verantwortung. Das alles umfasst Ethik, und die Ethik befasst sich mit dem menschlichen Handeln, mit gutem und schlechtem Handeln und mit dessen Bewertung.

Ganz früh lernen Kinder die goldene Regel: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu! – Bereits mit circa zehn Jahren können sie gut zwischen dem, was sie tun sollen und müssen, und dem, was in einem geordneten Zusammenleben – über die Familie hinaus – einfach nicht tragbar ist, unterscheiden. Das lernen sie meis­tens in der Familie, aber über die Familie hinaus brauchen sie Gelegenheiten und Mög­lichkeiten, Erfahrungen zu sammeln, wie sie ihre eigenen Gefühle einschätzen, wie sie mit Wut und Aggression umgehen können, wie sie die eigenen Grenzen und die des anderen akzeptieren lernen und auch wie sie Konflikte gewaltfrei lösen können.

Ich erinnere daran, dass heuer in Österreich bis zum heutigen Tag bereits 14 Frauen ermordet worden sind. Gewalt ist also ein Thema. Konzepte für Opferschutz und Tätertherapien sind wichtig, notwendig und richtig, aber wir müssen bereits in der Schule und bei den Kindern anfangen.

Da komme ich zum Ethikunterricht. Ein Schulfach Ethik würde genau dieser Prävention Raum geben. Es wäre die Zeit und es wäre der Raum, um wirklich eine Wertevermittlung vorzunehmen. Es wäre auch der Raum für alle Themen, die die Kinder und Jugendlichen beschäftigen. Ich erinnere auch an die hohen psychischen Belastungen, die derzeit vor­herrschen.

Wir können jetzt den Samen für eine friedlichere Gesellschaft von morgen säen, wenn wir jetzt die notwendigen Rahmenbedingungen dafür setzen. Der Vorschlag der Regie­rungsparteien für den Ethikunterricht ab Herbst hat, mit Verlaub, schwerwiegende Mängel und ist diskriminierend, weil er nur für jene, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben, und für jene Kinder, die kein Religionsbekenntnis haben, gilt, und das alles auch nur in der Oberstufe. Ich frage an dieser Stelle: Warum dürfen andere Kinder nicht die Chance bekommen, einen ordentlichen Werteunterricht zu haben? (Beifall bei der SPÖ.) Wir wollen Ethik für alle.

Eine fortschrittliche Regierung, der wirklich an Frieden, an Gesundheit, an echter Ge­waltprävention gelegen ist, investiert jetzt in die heranwachsende Generation. Es werden gerade Lehrpläne überarbeitet, und es gäbe jetzt die echte Chance, eine Ände­rung im Bildungssystem vorzunehmen. Im § 2 Schulorganisationsgesetz, bei der „Auf­gabe der österreichischen Schule“, steht sogar der Auftrag dazu, wonach die Schule „Freiheits- und Friedensliebe“ zu fördern hat. Denken Sie bitte darüber nach! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.07

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.