16.35
Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Frau Minister, Sie loben ja das Investitionsprämiengesetz immer als eine so tolle wirtschaftspolitische Maßnahme. Jetzt brauche ich nicht zu wiederholen, was Kollege Fuchs, Kollege Matznetter und andere auch schon gesagt haben: Wir behandeln das jetzt zum vierten Mal hier im Parlament, Sie müssen laufend die Summen erhöhen, wir haben über die Fristen diskutiert, und trotz allem beschweren sich viele Unternehmen draußen noch immer, dass sie einfach nicht in der Lage sind, die ersten Maßnahmen, die zu setzen sind – die dafür geltende Frist ist die wesentliche, und diese endet am 31.5. –, auch tatsächlich zu setzen, weil sie Bestellungen nicht hinausbringen, weil sie Lieferungen nicht abfordern können, weil sie eben nicht in der Lage sind, diese ersten Maßnahmen zu setzen. Deshalb gibt es hauptsächlich Mitnahmeeffekte und kaum neue Investitionen.
Wenn sich die Grünen immer dafür rühmen, dass so viele ökologische Investitionen dabei sind, dann weiß ich, was das primär ist: Das sind ein paar Fotovoltaikanlagen oder ein paar E-Autos, bei denen 99,9 Prozent der Wertschöpfung sowieso nicht in Europa passieren. Das sind also die ökologischen Maßnahmen, die über dieses Investitionsprämiengesetz gefördert werden.
Mittlerweile überholt Sie aber schon wieder die Geschichte, und ich habe es heute schon in der Aktuellen Stunde erwähnt: Wir haben ein riesiges Problem, nämlich dass seit Wochen, seit Monaten die Verfügbarkeit bei Rohstoffen und Werkstoffen nicht entsprechend gegeben ist und deren Preise explodieren, vor allem in der Baubranche, und dass Bauunternehmen oder Handwerker im Baubereich nicht mehr in der Lage sind, ihre Baustellen abzuwickeln, weil sie das Material nicht bekommen oder weil sie einfach die Preise nicht halten können.
Jetzt gibt es dafür offensichtlich zwei Gründe: auf der einen Seite die internationalen Märkte, die schon wieder boomen. Das sind auf der einen Seite China, das alles zusammenkauft, was es auf der Welt so gibt, und auf der anderen Seite die USA, wo die Wirtschaft ebenfalls angesprungen ist. In die USA wird hauptsächlich Holz transportiert – darüber können wir unter ökologischen Gesichtspunkten auch noch einmal nachdenken, ob es so sinnvoll ist, Holz von Europa nach Amerika zu transportieren –, und unsere Handwerker bekommen den Rohstoff nicht. Die Folge davon: Wir müssen die Baustellen einstellen, müssen unsere Leute nach Hause schicken, die landen dann wieder in der Arbeitslosigkeit oder in einer Kurzarbeit. Da stehen wir jetzt. Deshalb ist es wichtig, die Menschen in Beschäftigung zu bringen – das muss jetzt das vorrangige Ziel sein –, und deshalb braucht es ein Österreich-zuerst-Paket. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir müssen schauen, dass unsere Betriebe zuerst bedient werden – mit Rohstoffen, mit Werkstoffen –, damit sie ihren Mitarbeitern Beschäftigung geben können, damit sie ihre Projekte abwickeln können. Gleichzeitig haben wir geburtenstarke Jahrgänge, die jetzt in Pension gehen; die Industrie, die Unternehmen jammern, dass sie keine Fachkräfte haben. Wir müssen daher eine Qualifizierungsoffensive setzen und für die Ausbildung von jungen Leuten sorgen. Wir haben schon mehrfach Anträge zur Schaffung eines Blum-Bonus Neu eingebracht – es ist einfach notwendig, dass wir da investieren und damit in die Zukunft unserer Fachkräfte investieren. (Beifall bei der FPÖ.)
Das Dritte – es ist heute auch schon mehrfach erwähnt worden – ist eine Entlastung des Faktors Arbeit. – Keiner dieser Punkte findet sich jedoch in Ihrem Comebackplan. Was sich darin findet, sind alles alte Überschriften und alte Projekte, die wesentlichen Maßnahmen – Reformen, um diese Dinge einzuleiten – fehlen hingegen.
Deshalb bringe ich einen entsprechenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich zuerst! Vorrang für unsere Betriebe bei Versorgung mit Werk-, Bau- und Rohstoffen, Qualifizierungsoffensive für unsere Jugend, Entlastungsoffensive für unsere Betriebe“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Maßnahmen im Sinne der Umsetzung folgender Forderungen eines Österreich zuerst – Pakets im Interesse der heimischen Wirtschaft und Arbeitnehmer zu setzen:
- Vorrang für heimische Betriebe bei Versorgung mit Werk-, Bau- und Rohstoffen
- Attraktivierung der Lehrlingsausbildung durch Beseitigung überbordender Auflagen und Vorschriften sowie Einführung eines Blum Bonus Neu
- Senkung der Abgaben auf Arbeit und der Lohnnebenkosten.“
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Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
16.39
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Erwin Angerer, MMMag. Dr. Axel Kassegger
und weiterer Abgeordneter
betreffend Österreich zuerst!
Vorrang für unsere Betriebe bei Versorgung mit Werk-, Bau- und Rohstoffen
Qualifizierungsoffensive für unsere Jugend
Entlastungsoffensive für unsere Betriebe
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 10: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 1559/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine COVID-19 Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprämiengesetz – InvPrG) geändert wird (845 d.B.) in der 105. Sitzung des Nationalrates am 19. Mai 2021
Vorrang für heimische Betriebe bei Versorgung mit Werk-, Bau- und Rohstoffen
Die heimischen Betriebe kämpfen neben den enormen wirtschaftlichen Problemen infolge des Corona bedingten monatelangen Stillstands seit Monaten mit Lieferengpässen und drastischen Preiserhöhungen bei zahlreichen Rohstoffen.
Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen unter anderem an der starken Nachfrage insbesondere aus China, an Produktionsengpässen und Kapazitätsreduktionen in globalen Produktionen in den letzten Monaten und damit einhergehenden knappen Lagerbeständen bei gleichzeitig steigender Nachfrage im Inland.
Leidtragende sind die österreichischen Betriebe, wie unter anderem ein kürzlich in der Österreichischen Bauzeitung erschienener Bericht darlegt: „Wie akut die Lage in der Branche ist, spiegelt sich in den Ergebnissen einer aktuellen Leserumfrage der Österreichischen Bauzeitung wider. Über 80 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mit steigenden Preisen zu kämpfen haben und diese schon an Auftraggeber sowie Kunden weitergeben müssen. Aufgrund dieser dynamischen Entwicklungen am Markt erwarten 81,2 Prozent einen massiven Anstieg der Baukosten.
Auch die Verfügbarkeit ist schon jetzt ein wesentlicher Faktor für die Unternehmen. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten gab an, schon jetzt Probleme zu haben, alle notwendigen Produkte für die eigene Arbeit zu organisieren. Die logische Konsequenz daraus sind Bauzeitverzögerungen, vor allem bei laufenden Projekten, da Vorlaufzeiten nicht gegeben sind. Vier Fünftel der Befragten rechnen deswegen mit Bauzeitverzögerungen aufgrund von Materialengpässen.“
Der Verein holzbau austria spricht in einem Artikel vom 20.04.2021 unter dem Titel „existenzbedrohende Marktsituation“ von „der prekären Lage“ wie folgt:
„Zu Jahresbeginn 2021 häuften sich bei holzbau austria die Anrufe besorgter Holzbauunternehmer, dass die Versorgung mit Konstruktionsholz, Holzwerkstoffen, aber auch anderen Baustoffen wie Dämmmaterial derzeit enorm schwierig wäre. Aufgrund von Preissteigerungen und fehlender fester Preiszusagen für Rahmenverträge sei es derzeit kaum möglich zu kalkulieren. Zwischen Angebot und Auftrag beziehungsweise zwischen Angebot und Fertigung liegen meist mehrere Monate. Preissteigerungen können kaum an Kunden weitergegeben werden. Kalkuliert man mögliche Preissteigerung in Angebote seriös ein, kommt man nicht zum Auftrag. Tut man dies nicht, erhält man vielleicht einen Auftrag bei dem man am Ende draufzahlt. Alles in allem eine unbefriedigende Situation für die Holzbauunternehmen.
Viele heimische Betriebe sehen sich gezwungen, in den nächsten Wochen in Kurzarbeit zu gehen – und das bei vollen Auftragsbüchern.“
https://www.holzbauaustria.at/markt/2021/04/marktsituation-fuer-zimmereien existenzbedrohend.html
Vor diesem Hintergrund ist es daher dringend erforderlich, Maßnahmen zu setzen, die es unseren Unternehmen wieder ermöglichen, ohne durch Materialengpässe blockiert zu sein, ihre Aufträge abwickeln können, und es ist ihnen Vorrang bei der Beschaffung von Bau-, Werk- und Rohstoffen zu geben.
Anreize für heimische Unternehmen für Lehrlingsausbildung schaffen – Fachkräftemangel bekämpfen
Die COVID-bedingten monatelangen Schulschließungen haben einmal mehr das bereits seit Jahren bestehende Problem der mangelnden Kenntnisse von Schulabgängern und Lehrstellensuchenden insbesondere in den Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen weiter verschärft.
Dazu kommt, dass bestehende zum Teil schwer nachvollziehbare Auflagen und Vorschriften im Rahmen der Lehrlingsausbildung die Aufnahme von Lehrlingen für die Betriebe zusätzlich erschweren.
Wenn Arbeitsminister Kocher in der Pressestunde vom 16.05.2021 davon spricht, dass „in den kommenden Jahren der Fachkräftemangel "endemisch" zu werden drohe, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen, dann ist es dringend an der Zeit, endlich Maßnahmen zu setzen, die sicherstellen, dass angehende Lehrlinge über ausreichende Kenntnisse in den Bereichen Lesen, Schreiben und Rechnen verfügen und dass Unternehmer durch die Reduktion unnotwendiger Auflagen und Vorschriften einerseits und die Schaffung (steuerlicher, finanzieller) Anreize andererseits wieder verstärkt Lehrlinge anstellen.
Unternehmen entlasten – Lohnnebenkosten senken
Wie enorm hoch und belastend die Abgaben der heimischen Unternehmer auf Arbeit und die Lohnnebenkosten sind, belegt einmal mehr die jüngste OECD-Studie, der zu folge Österreich im Vorjahr Italien überholt und nun die dritthöchsten Abgaben auf Arbeitseinkommen unter den 37 OECD-Staaten hat.
Darüber hinaus zeigen die OECD-Zahlen, dass die Reallöhne abzüglich der Inflation im Vorjahr auch in Österreich gesunken sind. Die OECD schätzt den Rückgang auf 0,7 Prozent.
In Dänemark, Großbritannien, Schweden und den Niederlanden sind die Reallöhne trotz Krise sogar gestiegen.
Vor diesem Hintergrund ist daher eine deutliche Senkung der Abgaben auf Arbeit sowie der Lohnnebenkosten ein Gebot der Stunde.
Der diesem Antrag zugrunde liegende Initiativantrag 1559/A in der Fassung des Berichtes des Budgetausschusses (845 d.B.) wird nun unter anderem wie folgt begründet:
„Die Corona-Pandemie bringt zahlreiche Schwierigkeiten für Menschen und Unternehmen mit sich; dies sind vor allem die gesundheitlichen Herausforderungen, die Arbeitslosigkeit, der zögerliche Konsum sowie die globalen wirtschaftlichen Auswirkungen. Die österreichische Bundesregierung hat daher im September 2020 mit der Investitionsprämie ein Impulsprogramm gestartet, um die Resilienz und die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Betriebe durch Investitionen zu stärken.“
Wenn nun versucht wird, eine Investitionsprämie als großen Wurf zur Stärkung der heimischen Wirtschaft zu verkaufen, so werden die oben dargestellten massiven Probleme übersehen, denen die österreichischen Unternehmen auf dem Weg aus der Krise derzeit ausgesetzt sind.
Unternehmer sind gezwungen, Aufträge nicht anzunehmen, weil nicht klar ist, ob die für die Auftragserfüllung erforderlichen Materialen überhaupt, bzw. zu welchen Preisen rechtzeitig verfügbar sein werden. Die Endfertigung von Produkten scheitert an der nicht möglichen Lieferung von einzelnen Komponenten.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Maßnahmen im Sinne der Umsetzung folgender Forderungen eines Österreich zuerst – Pakets im Interesse der heimischen Wirtschaft und Arbeitnehmer zu setzen:
• Vorrang für heimische Betriebe bei Versorgung mit Werk-, Bau- und Rohstoffen
• Attraktivierung der Lehrlingsausbildung durch Beseitigung überbordender Auflagen und Vorschriften sowie Einführung eines Blum Bonus Neu
• Senkung der Abgaben auf Arbeit und der Lohnnebenkosten.“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet und auch schon am Rednerpult ist Frau Abgeordnete Niss. – Bitte.