Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Wir haben de facto jetzt schon drei Semester mit einem Lockdown auch im tertiären Bildungssektor zu kämpfen, der Betrieb ist sehr stark auf Fernunterricht beziehungsweise Homeschooling, wie immer man das nennen möchte, umgestellt worden. Das bringt natürlich viele Defizite für die Zukunft mit sich – man könnte jetzt ungezählt viele Beispiele nennen –, sei das jetzt im Sportstudium, in dem man Skikurse nicht abhalten konnte, oder sei das auch im Lehramtsstudium, in dem man Praktika nicht abhalten konnte, Pflichtpraktika und vieles andere mehr, aber auch an den Universitäten und anderen Hochschulen, wo ja das Zusammenkommen auch ein wesentliches Mo­ment im Studium ist.

Wir alle haben studiert und wissen, worauf es ankommt. In diesem Zusammenhang soll­ten wir uns auch vorbereiten, das möglichst hintanzuhalten.

Daher meine Frage:

84/M

„Wie werden Sie sicherstellen, dass die tertiären Bildungseinrichtungen wieder in den vollen Präsenzbetrieb zurückkehren und dieser auch dauerhaft aufrecht erhalten bleibt?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Danke schön, Herr Graf – in der Diagnose der Situation, glaube ich, wäre es mir viel lieber gewesen, hätten wir einen ganz normalen universitären Betrieb machen können, gar keine Frage. Dass ich etwas „sicherstellen“ kann, nämlich eine gleichsam pandemie­freie gesellschaftliche Situation: Danke für den Optimismus hinsichtlich meiner Kompe­tenzsituation, aber ich kann nicht alles regeln.

Was ich regeln kann, das tue ich mit den Universitäten gemeinsam. Sie wissen, wir ha­ben auch einen Extratopf zur Verfügung gestellt, 21 Millionen Euro für besondere Maß­nahmen zur Prävention von Infektionssituationen an den Universitäten. Die Universitäten haben letztlich aber auch – und da muss man ganz fair sein – die Situation gut ge­meistert. Ich war unlängst an der Musikuniversität. Dort hat man eine Teststraße, dort hat man die künstlerische Ausbildung in der Präsenzlehre durchgeführt. Wir haben die Laborlehre, die weiterhin durchgeführt worden ist, die medizinische Ausbildung ist wei­terhin durchgeführt worden. Das, was nicht abgehalten werden konnte, waren die großen Lehrveranstaltungen.

Die Universitäten rüsten sich für das nächste Semester, alle in der Hoffnung, dass man in den normalen Präsenzunterricht zurückkehren kann. Sie haben viel in den Bereich der digitalen Infrastruktur investiert, damit im Falle eines Falles dann eben manche Dinge wieder über Hybrid- oder Distancelearning funktionieren werden, aber gemeinsam kann man, glaube ich, das sicherstellen, was Sie wollen, nämlich Universität soll wieder funk­tionieren.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Mangelnder Präsenzunterricht kann in manchen Bereichen aber auch Auswirkungen haben, an die man nicht so schnell denkt. Es gab in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Beispiele betreffend Plagiate et cetera; der eine schreibt ab, die andere lässt schreiben oder wie auch immer.

Jetzt ist eine Kreativität dazugekommen, ein bekannter Fall, zwar nicht in Österreich, aber die Spitzenkandidatin der deutschen Grünen betreffend, die ja lediglich eine Dip­lomvorprüfung aufwies und nie wissenschaftliche Arbeit geleistet hat.  Sie haben selbst in Deutschland als Professor gelehrt und kennen das dortige System. In der Rahmenord­nung für die Diplomprüfung in Deutschland, in der der Zweck und die Durchführung der Diplomprüfung definiert werden, steht Folgendes: „Durch die Diplom-Vorprüfung soll der Prüfling nachweisen, dass er das Studium mit Aussicht auf Erfolg fortsetzen kann und dass er die inhaltlichen Grundlagen seines Faches [...] erworben hat.“ – Das soll vor dem Beginn des Grundstudiums abgeschlossen sein.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zeit!

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (fortsetzend): Nach vier Semestern – bei uns wür­de man sagen, das ist die Steop, die Studieneingangs- und Orientierungsphase – hat sie dann ein LL.M.-Studium, ein Masterstudium in England draufgesetzt, dort aber auch keine Arbeit geschrieben. Dort ist nämlich nur erforderlich, dass man 10 000 Worte, also rund 20 Seiten, am Ende - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zeit, Herr Kollege! Sie müssen bitte zur Frage kommen. Die Zeit ist weit überschritten.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Zur Frage: Wie wollen Sie sicherstellen, dass in Österreich nur jemand berechtigt ist, einen akademischen Grad zu führen, der auch alle Voraussetzungen für ein ordnungsgemäß absolviertes Studium erbracht hat?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Danke für die ausführliche Schilderung des Falls Baerbock. Ich muss dazu sagen, letzt­lich hat die London School of Economics diese Diplomvorprüfung als äquivalent aner­kannt. Das ist aber Sache der LSE gewesen und nicht des österreichischen Hochschul­systems.

Wie können wir das sicherstellen? – Na ja, im Rahmen der Studienprogrammleitungen gibt es immer die Frage: Was kann anerkannt werden? Das würde ja dann analog dazu die Fälle von Personen betreffen, die einen Teil ihres Studiums im Ausland absolviert haben und dann nach Österreich kommen. Das ist mit Einführung der Bolognaarchitektur um vieles leichter geworden, denn ein Bachelor ist ein Bachelor, der wird über das ECTS definiert. Dahin gehend sollte das ein geringeres Problem sein.

Wie kann ich das sicherstellen? – Einfach durch Einhaltung der entsprechenden Rege­lungen, die wir haben, damit das in Österreich so nicht passiert.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Himmel­bauer.

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Aus persönlichen Gesprächen weiß ich: Schülerinnen und Schülern, Studierende freuen sich gleichermaßen, wieder in ihre Bildungseinrichtungen zurückzukehren, aber es ist ihnen auch klar, dass es weiter­hin Maßnahmen braucht, um das Infektionsrisiko geringzuhalten.

Im letzten Wissenschaftsausschuss wurde daher ein Gesetz auf den Weg gebracht, durch das die Teilnahme an Prüfungen und Lehrveranstaltungen von der Vorlage eines negativen Covid-19-Tests abhängig gemacht werden kann. Diese Regelung gilt be­kanntlich nur für das Sommersemester. Setzen Sie sich dafür ein, dies im kommenden Semester weiterzuführen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Diese Regelung hat sich als sehr sinnvoll herausgestellt. Die Universitäten waren dank­bar, dass wir diese Regelung in das Gesetz aufgenommen haben, und sind daher auch dem Parlament dankbar, dass dieses sogenannte Freitesten für Prüfungen oder für ganz bestimmte Lehrveranstaltungen beschlossen wurde. Es erscheint sinnvoll, und wir wer­den danach trachten, dies auch noch im kommenden Wintersemester durchzuführen – ich hoffe, dann das letzte Mal.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Frau Abgeordnete Blim­linger. – Bitte.