Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Seit September 2005 ist die Österreichische Gebärdensprache in der Bundesverfassung anerkannte Minderheitensprache. Bilingualer, also zweisprachiger Unterricht in Deutsch und in der Österreichischen Gebärdensprache ist gesetzlich legitimiert, und ÖGS kann als Unterrichtssprache verwendet werden. Trotz der verfassungsmäßigen Anerkennung gibt es aber nach wie vor keinen Lehrplan oder er wird nicht eingesetzt.

2018 hat es die fertig ausgearbeiteten Lehrpläne gegeben, auf eine Nachfrage im Sep­tember 2020 war die Auskunft, dass die Lehrpläne überarbeitet würden. Es ist aber im­mer noch nichts passiert. Es gab im März 2021 eine große Briefaktion des Gehörlosen­bundes, und auch die blieb bislang unbeantwortet. Meine Frage lautet:

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„Warum dauert die Umsetzung so lange und bis wann rechnen Sie verbindlich mit einer Implementierung eines bilingual-bimodalen ÖGS-Lehrplans, um gehörlose Menschen im Rahmen eines chancengleichen Unterrichts auf ihr Leben als mehrsprachige Bürger_in­nen vorzubereiten?“ (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und SPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Warum dauert das alles so lange? – Frau Fiedler, ich habe mich das auch gefragt, als ich mir in der Vorbereitung die Timeline, die Zeitleiste angeschaut habe. In der Tat, 2005 erfolgte die Verfassungsbestimmung auf Druck des Europäischen Parlaments, damit man Hörbeeinträchtigten oder Gehörlosen die Zugänglichkeit zu Recht, bei Gericht bei­spielsweise, oder zur Verwaltung in der Bürokratie erleichtert – 2005.

Es hat dann letztlich elf Jahre gedauert, bis 2016, dass ein Auftrag zur Erarbeitung eines Lehrplanes für Primar- und Sekundarstufe gegeben wurde. Frau Fiedler, das, diese elf Jahre, liegt alles vor unserer Zeit, man müsste jetzt wahrscheinlich detaillierter recher­chieren, warum der erste Schritt bereits elf Jahre gedauert hat.

Der Lehrplan wurde dann Ende 2018 vorgelegt und geprüft. Es hat sich dann gezeigt, dass die Lehrpläne ausschließlich auf die Gebärdensprache abzielen, aber nicht auf das, was auch notwendig wäre, auf lautsprachbegleitende Gebärden für Schüler und Schü­lerinnen, die eben nicht zu 100 Prozent hörbehindert sind. Wir sehen, dass dieser Hör­status eben zu wenig berücksichtigt ist, und der Lehrplan ist auch kein kompetenzorien­tierter Lehrplan. So, die Rückmeldung an die AutorInnen des Lehrplanes erfolgte zu Jah­resanfang 2019, und seitdem, lese ich, gibt es ein gewisses Pingpong und Hin und Her.

Ich verspreche Ihnen, wir machen etwas und wir beenden langsam dieses Pingpong­spiel. Es gibt ja, glaube ich, heute auch einen hoffentlich gemeinsamen Entschließungs­antrag. Ich kann mich dem zu 100 Prozent anschließen, wir müssen die Sache ins Feld bringen, gar keine Frage.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Im März 2021 veröffentlichte das Consul­tingboard für Inklusion und Sonderpädagogik ein Strategie- und Positionspapier, in dem die Handlungsfelder für ein inklusives Bildungssystem grob skizziert wurden. Bis wann ist da mit einer Ausarbeitung konkreter Maßnahmen zu rechnen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Das geschieht derzeit. Im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes für Behinderung gibt es ein entsprechendes Kapitel, das greift dieses Grundsatzpapier auf und enthält dann auch ganz konkrete Maßnahmen mit ganz konkreter zeitlicher Perspektive. (Abg. Fied­ler: Bis wann?) – Ich glaube, im Laufe dieses Sommersemesters muss dieses Kapitel abgegeben sein, dann weiß man, welche Maßnahmen wann starten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Nico Mar­chetti. – Bitte.