17.47

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Seit 2013 darf ich das Bundesland Salzburg im Hohen Haus vertreten und mindestens genauso lange kämpfe ich für ein Totalverbot von Glyphosat. Leider ist es bis heute nicht passiert, obwohl es zwei aufrechte Parlamentsbeschlüsse gibt, die von den Regierungs­parteien einfach negiert werden.

Was ist so besonders an diesem Glyphosat, dass demokratisch gefasste Beschlüsse dafür gebrochen werden und Parteien ihre DNA verraten? – Eigentlich nichts, Glyphosat ist ein Pflanzengift. Es wird von der Weltgesundheitsorganisation als krebserregend ein­gestuft. Es ist schädlich für Mensch und Tier, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass beispielsweise in den USA bereits 125 000 Menschen den Hersteller von Glyphosat verklagt haben. Erst vor wenigen Tagen kam wieder eine Meldung, dass Monsanto er­neut vor einem Berufungsgericht gescheitert ist. Dass es dabei um den Zusammenhang zwischen Krebs und dem Totalherbizid Glyphosat geht, sei nur am Rande erwähnt.

Auch alle anderen Klagen, welche gerichtsanhängig waren, wurden übrigens zugunsten der KlägerInnenseite entschieden. Monsanto hat kein einziges Gerichtsverfahren in der Causa, in der es um Glyphosat ging, gewonnen. – Das in aller Sachlichkeit, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP.

Somit kommen nicht nur Wissenschaftler, sondern es kommt auch die Justiz zu dem Schluss: Mit diesem Produkt stimmt etwas nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Forscher der Johns Hopkins University haben die Nebenwirkungen von Glyphosat ge­nauer unter die Lupe genommen und konnten feststellen, dass das Totalherbizid die Produktion von Melanin in den Körpern von Insekten schwächt. Was heißt das? – Da­durch wird die Immunabwehr der Insekten außer Kraft gesetzt. Nicht nur, weil heute Weltbienentag ist: Glyphosat ist somit auch für das Bienensterben hauptverantwortlich, geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Es geht aber noch viel weiter: Glyphosat ist im Boden, in der Luft, im Wasser, in der Muttermilch, im Bier, in unseren Lebensmitteln – alles durch Studien bewiesen, belegt und auch im Internet nachlesbar. Daher stimme ich auch der grünen Abgeordneten, wer­te KollegInnen von den Grünen, Sarah Wiener zu, die sagt, Rückstände dieses hochgif­tigen Pestizids finden sich im Boden, finden sich im Obst und finden sich im Gemüse wieder. Auch wenn man will, auch wenn man unbedingt möchte, kann man diesem Pro­dukt nicht entkommen. Deshalb brauchen wir ein Totalverbot auf europäischer Ebene. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Glück gibt es Länder, in denen die Regierung um die Gesundheit ihrer Bevölkerung bemüht ist, beispielsweise Luxemburg oder auch Mexiko, die das Pestizid bereits ver­boten haben, die ein Glyphosatverbot geschafft haben. Mexiko hat begründet: Die Ge­sundheit unserer Bevölkerung ist uns wichtig und schützenswert, und wir wollen Glypho­sat einfach nicht haben, weil es zu gefährlich ist.

Jetzt zu Österreich und dem heute vorliegenden Antrag auf ein Mini-Mini-Teilverbot: Grundsätzlich muss ich seitens der Sozialdemokratie festhalten, dass jedes Verbot von Glyphosat zu begrüßen ist und dass wir heute dem Antrag der Regierungsfraktionen auch zustimmen werden. Wenn man sich aber den gegenständlichen Antrag durchliest, sieht man, dass genau jener Bereich ausgenommen wird, in dem das meiste Glyphosat ausgebracht wird, und zwar in Tonnen: in der Landwirtschaft. Somit ist dieser Antrag eine Farce. Ich bin wirklich massiv enttäuscht von den Grünen: Es werden heute ihre Werte komplett verraten. Ich weiß nicht: Was ist mit euch los? (Beifall bei der SPÖ.)

2017 und auch 2019 habt ihr mit diesen Plakaten (die genannten Plakate in die Höhe haltend) vor den Wahlen geworben: „Für eine Erde ohne Gift! Aktiv gegen Glyphosat“ oder „Wer braucht schon gesundes Essen?“ (Beifall und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und heute missachtet Ihr aktive, aufrechte Parlamentsbeschlüsse! Ich hoffe, die Men­schen, die damals Hoffnung in eure Versprechen gelegt haben, sehen heute zu, wie wir hier debattieren. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Ich wette, jetzt kommt die nächste Rednerin oder der nächste Redner ans Rednerpult und verteufelt die Stellungnahme der EU und die Stellungnahme von Tschechien bezüg­lich des eingereichten Notifizierungsantrags, dass wir kein nationales Totalverbot aus­sprechen können. Diese Behauptung ist eine Unwahrheit. Das stimmt nicht, das ist eine Lüge. Ich darf hier auf die Einschätzung der Parlamentsdirektion hinweisen: Die EU so­wie Tschechien haben lediglich Stellungnahmen abgegeben, die kein nationales Glypho­satverbot verhindern können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir als Sozialdemokratie werden nicht lockerlassen. Für uns steht die Gesundheit der Menschen in diesem Land an höchster Stelle.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen zu 816 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzestext samt Titel und Eingang wird wie folgt geändert:

Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, BGBl. I Nr. 10/2011, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 93/2020, wird wie folgt geändert:

1. § 17 Abs. 5 entfällt.

2. § 18 Abs. 10 lautet:

„(10) Das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ist im Sinne des Vorsorgeprinzips verboten.“

*****

Glyphosat ist jenes Pflanzengift, das mit Sicherheit am meisten untersucht wird. Wir können darauf warten, bis die nächste Nebenwirkung dieses Stoffes ans Tageslicht kommt. Jene, die heute das Totalverbot blockieren, sind verantwortlich für die Gesund­heit beziehungsweise für die resultierenden Gesundheitsschäden von morgen. Überlegt euch das, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

17.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. iur. Jörg Leichtfried, Cornelia Ecker, Julia Elisabeth Herr,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1380/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 ge­ändert wird (816 d.B.), TOP 16

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzestext samt Titel und Eingang wird wie folgt geändert:

Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, BGBl. I Nr. 10/2011, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 93/2020, wird wie folgt geändert:

1. § 17 Abs. 5 entfällt.

2. § 18 Abs. 10 lautet:

„(10) Das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ist im Sinne des Vorsorgeprinzips verboten.“

Begründung

Die Bewertungen der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO zu Gly­phosat sind nach wie vor aufrecht und müssen somit Leitlinie jeder wissenschaftlich fun­dierten Politik- und Maßnahmengestaltung in der Europäischen Union sein.

Diese lauten in den wesentlichen Punkten zusammengefasst (wörtlich übersetzt):

1.         Es gibt nur begrenzte Beweise für Krebserregung von Glyphosat beim Men­        schen. Eine positive Assoziation wurde für das Non-Hodgkins-Lymphom beob­  achtet.

2.         Es gibt genügend Beweise für die Krebserregung von Glyphosat an Versuchs­    tieren.

3.         Glyphosat ist wahrscheinlich krebserregend für den Menschen (Gruppe 2A)

4.         Es gibt starke Belege dafür, dass die Exposition gegenüber Glyphosat und For­   mulierungen auf Glyphosatbasis gentoxisch ist, basierend auf Studien an Men­       schen in vitro und Studien an Versuchstieren.

(IARC 2015: Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans- Volume 112. https://monographs.iarc.fr/wp-content/uploads/2018/06/mono112-10.pdf )

Diese gültigen Bewertungen der IARC haben deshalb Vorrang für die Europäische Uni­on, weil sich diese in ihren Verträgen der Vorsorge für die menschliche Gesundheit und der Umwelt verschrieben hat. „Das Vorsorgeprinzip wird in Artikel 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausführlich erklärt. Das Vorsorgeprin­zip verfolgt den Ansatz der Risikovermeidung, die besagt, dass eine Politik oder Maß­nahme nicht durchgeführt werden darf, wenn sie der Allgemeinheit oder der Umwelt Schaden zufügen kann und weiterhin kein wissenschaftlicher Konsens zu diesem The­ma besteht. Sobald weitere wissenschaftliche Informationen verfügbar werden, sollte die Lage erneut überprüft werden.“ (Zitat aus Eur-Lex: https://eur-lex.europa.eu/summary/glossary/precautionary_principle.html?locale=de )

Hinzuweisen gilt es auch, dass insbesondere der Regelungsrahmen der EU für chemi­sche Stoffe (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006) auf dem Vorsorgeprinzip beruht und dass dessen Anwendung bereits im allgemeinen Lebensmittelrecht (Verordnung (EG) Nr. 178/2002) verankert ist.

Dem wird auch ad hoc von vielen europäischen Ländern Rechnung getragen. So soll nach Mitteilung des französischen Amtes für Gesundheitsschutz in Ernährung, Umwelt und Arbeit (ANSES) für die EU-Wiederzulassung von Glyphosat die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) auch die wesentlichen wissenschaftlichen Daten lie­fern. (Agra Europe AgE (2020): IARC soll Daten für Wiederzulassung von Glyphosat liefern; Kopie auf TOP AGRAR vom 12.05.2020; https://www.topagrar.com/acker/news/iarc-soll-daten-fuer-wiederzulassung-von-glyphosat-liefern-12059673.html )

Im Mai 2020 wurde der vorgelegte Gesetzestext bei der Europäischen Kommission noti­fiziert, welche nur Bemerkungen (Mitteilung) übermittelte. Tschechien übermittelte eine begründete Stellungnahme, weshalb eine Beschlussfassung des Verbots des Inverkehr­bringens von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat im Sinne des Vorsorge­prinzips seit November 2020 möglich ist.

Im Herbst 2020 wurde durch eine Umfrage der NGO Greenpeace festgestellt, dass 90% der Österreicherinnen und Österreicher Glyphosat ablehnen.

Die im Zusammenhang mit dem den Wirkstoff Glyphosat enthaltenden Pestizid „Round­up“ stehenden Gerichtsverfahren in den USA müssen ebenfalls in die Entscheidungen einer vorsorgenden Politik einfließenden. So wurde im letzten Jahr durch ein Berufungs­gericht geurteilt, dass es als erwiesen anzusehen ist, dass das im Pestizid "Roundup" enthaltene Glyphosat das Non-Hodgkin-Lymphom des Klägers verursacht hat, der Schuldspruch des Geschworenengerichts wurde also bestätigt. Der Hersteller Bayer hat im März 2021 mitgeteilt, er werde keine Überprüfung beim Obersten Gerichtshof der USA beantragen, womit der Chemiekonzern das Urteil akzeptiert.

Zehntausende weitere KlägerInnen in den USA führen ihre Krebserkrankung auf das glyphosat-hältige Pestizid „Round up“ von Bayer zurück. Der Hersteller des Pestizids strebt bzw. strebte milliardenschwere Vergleiche an.

Der Wirkstoff Glyphosat stellt ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit der öster­reichischen Bevölkerung dar.

In Abwägung der in der EU geltenden Schutzgüter der „Gesundheit“ gegenüber „freier Warenverkehr“ ist klar die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung über das Inter­esse des freien Warenverkehrs zu stellen und damit ein Verbot des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat zu beschließen. Der Eingriff in das Schutzgut „freier Warenverkehr“ wird als gerechtfertigt angesehen.

In diesem Zusammenhang gibt es auch eine nach Wiederzulassung von Glyphosat ver­öffentlichte wissenschaftliche Erkenntnis von Zhang et al. (2019), in der anhand einer aktuellen Meta-Analyse humaner epidemiologischer Studien in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen aus Tierversuchen und mechanistischen Studien festgestellt wird, dass die Ergebnisse „auf einen überzeugenden Zusammenhang zwischen der Exposi­tion gegenüber Glyphosat basierenden Herbiziden (GBHs) und einem erhöhten Risiko für Non-Hodgkin-Lymphom hindeuten“. Auch das gilt es in diesem Kontext zu berück­sichtigen.

(Zitat: Zhang L, Rana I, Shaffer RM, Taioli E, Sheppard L (2019): Exposure to Glypho­sate-Based Herbicides and Risk for Non-Hodgkin Lymphoma: A Meta-Analysis and Supporting Evidence, Mutation Research/Reviews in Mutation Research. Volume 781, July–September 2019, Pages 186-206. doi: 10.1016/j.mrrev.2019.02.001. Epub 2019 Feb 10.

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1383574218300887?via%3Dihub )

Ein Verbot des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glypho­sat in Österreich ist auch als ein wesentlicher Beitrag zu werten, um „den Einsatz und das Risiko chemischer Pestizid deutlich zu verringern“, wie es im „Green Deal“ der EU wörtlich festgehalten ist.

(Zitat: EU-Kommission (2019): MITTEILUNG DER KOMMISSION - Der europäische Grüne Deal; COM(2019) 640 final; https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52019DC0640&from=DE )

Österreich hat eine Vorreiterrolle innerhalb der Europäischen Union in Bezug auf biolo­gische Produktionsweise von Lebensmitteln. Es existiert ein breiter gesellschaftlicher Konsens, diese besonders zu unterstützen und zu fördern, so dass stetig immer mehr landwirtschaftliche Betriebe auf diese Produktionsweise umsteigen und immer größere Flächen des landwirtschaftlich genutzten Bodens in Österreich ohne chemisch-syntheti­sche Pestiziden, deshalb auch ohne Pestizide, die den Wirkstoff Glyphosat enthalten, bewirtschaftet werden.

Auf Grund dieser im Vergleich zu anderen europäischen Mitgliedsstaaten eindeutigen Beförderung der biologischen Produktionsweise konnte wiederum eine steigende Zahl biologisch produzierender Betriebe sowie eine Steigerung der biologisch bewirtschafte­ten Fläche erreicht werden. Der aktuelle „Grüne Bericht 2020“ der Bundesregierung weist dazu aus, dass bereits 22,1% der Betriebe biologisch produzieren und diese damit bereits 26,1% der landwirtschaftlich genutzten Flächen 2019 bewirtschafteten. Siehe da­zu auch: Die Zukunft der Bio-Landwirtschaft, bmlrt.gv.at

In diesem Zusammenhang ist verstärkt auf die durch die Luftströmungen bestehende Abdrift von Pestiziden auf andere Flächen hinzuweisen. Dies wird auch dadurch verur­sacht, dass sich der Stoff im Bodenstaub einlagert.

Eine Studie von der Autorengruppe TIEM - Integrierte Umweltüberwachung GbR (2019) zu „Biomonitoring der Pestizid-Belastung der Luft mittels Luftgüte-Rindenmonitoring und Multi-Analytik auf >500 Wirkstoffe inklusive Glyphosat 2014-2018“ zur Überprüfung der Verbreitung von Ackergiften durch die Luft, beauftragt vom „Bündnis für eine enkel­taugliche Landwirtschaft“ liefert Ergebnisse, die ein erster Beleg dafür sind, „dass Gly­phosat über den Luftweg auch unter mitteleuropäischen Verhältnissen prinzipiell abseits der Felder transportiert wird“. Dies beantwortet die Frage, wie es dazu kommen kann, dass Produkte aus Bio-Landbau Belastungen von Glyphosat aufweisen können. Mittels eines Luftgüte-Rindenmonitorings wurde die Rinde von Bäumen an 47 Standorten deutschlandweit auf Pestizidrückstände untersucht: auch in Schutzgebieten, Bio-Anbau­regionen und Innenstädten. Die Studie wies insgesamt 107 verschiedene Pestizide nach, zwei davon waren Ackergifte (DDT und Lindan), die seit Jahrzehnten nicht mehr eingesetzt werden. Brisantes Ergebnis ist auch, dass an über der Hälfte aller untersuch­ten Standorte Glyphosat nachgewiesen werden konnte. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass „eine Verbreitung über die Luft als ein möglicher Expositionspfad von Gly­phosat im Hinblick auf eine allgemeine Belastung nicht plausibel ausgeschlossen wer­den kann.“

(Zitat: Hofmann, F.; Schlechtriemen, U.; Kruse-Plaß, M.; Wosniok, W. (2019): Biomonito­ring der Pestizid-Belastung der Luft mittels Luftgüte-Rindenmonitoring und Multi-Analytik auf >500 Wirkstoffe inklusive Glyphosat 2014-2018. Hg. v. TIEM Integrierte Umweltüber­wachung GbR (2018);.http://enkeltauglich.bio/wp-content/uploads/2019/02/V02_BEL_19_Abstract_BioFach.pdf )

Das Bekenntnis Österreichs, die Bioproduktion landesweit weiter zu fördern muss ge­schützt werden, der positive Trend ist gefährdet, wenn der Wirkstoff Glyphosat in Pes­tiziden weiterhin so umfangreich in den Handel gelangen darf und damit auch Verwen­dung finden kann.

Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass, auch wenn die Tatsache der deutlichen Abnah­me der sog. „Nichtzielpopulationen“ (z.B. Insekten, Vögel, Wirbeltiere) und damit die Be­drohung der biologischen Vielfalt kein rein besonderes nationales Merkmal Österreichs darstellt, es trotzdem rasches staatliches Handeln erfordert.

Das seit den letzten Jahrzehnten stattfindende massive Insektensterben, das seit den 80er Jahren zu einem Verlust von mindestens 75% der Insektenmasse geführt hat, ins­besonders auch das Sterben der für die Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung wichtigen Bestäuberinsekten, wie Bienen und Hummeln, muss zu politischen Entschei­dungen führen. So haben Motta et al. (2018) nachgewiesen, dass „die Exposition von Bienen gegenüber Glyphosat ihre nützlichen Darmmikrobiota stören kann, was sich möglicherweise auf die Bienengesundheit und ihre Wirksamkeit als Bestäuber auswirkt“. Auch das ist eine neue wissenschaftliche Erkenntnis, die nicht in die bisherigen Bewer­tungen der Europäischen Behörden Eingang gefunden hat, gleichzeitig aber enorme Auswirkungen auf die Agrar- und andere Ökosysteme haben kann.

(Zitat: Motta Erick V. S., Raymann Kasie, Mora Nancy A. (2018): Glyphosate perturbs the gut microbiota of honey bees. PNAS October 9, 2018 115 (41) 10305-10310; first published September 24, 2018. https://doi.org/10.1073/pnas.1803880115 )

Der massive Einsatz von unspezifisch wirksamen Insektiziden und Pflanzenschutz-Mit­teln, wie z.B. von glyphosat-hältigen Herbiziden, hat generell ein großes Gefährdungs­potenzial für Bienen, Schmetterlinge und für andere Insekten.

Das deutsche Umweltbundesamt hat z.B. mit mehreren Partnern Risikobewertungen zu Glyphosat durchgeführt und stuft das Mittel auch für die Artenvielfalt hochgradig schä­digend ein. Da von jeder Pflanzenart mehr oder weniger viele Insektenarten abhängig sind und von diesen über die Nahrungsketten wiederum andere Tiere (insbesondere Vögel, Zugvögel), besteht die Gefahr der generellen Artenverarmung in der Feldland­schaft. Der massive Einsatz und die breitbandige Abtötung führen im gesamten ökologi­schen Kreislauf zur Dezimierung der Artenvielfalt. Schmetterlinge, Bienen, andere In­sekten oder auch Feldvögel sind durch einen massiven Verlust von Nahrungshabi­taten stark betroffen (siehe auch: Umweltbundesamt (2016): 5-Punkte-Programm für einen nachhaltigen Pflanzenschutz. Deutsches Umweltbundamt; ISSN 2363-29X; https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/377/publikationen/uba-po­sitionspapier_5-punkte-programm_nachhaltigkeit_pflanzenschutz_web.pdf).

Die Kombination aus massiven Rückgängen bei den Pflanzen- und Tierbeständen – nicht nur Insekten, sondern (teilweise dadurch bedingt) auch die wildlebenden Wirbeltie­re verschwinden (Österreich hat in den letzten 30 Jahren rund 70 Prozent seiner Wir­beltierbestände eingebüßt, https://www.diepresse.com/5533069/rund-70-prozent-der-wirbeltiere-in-osterreich-verschwunden) – und dem durch die zunehmende Klimaerhit­zung erhöhten Anpassungsdruck auf die heimische Fauna und Flora erfordert auch hinsichtlich der Artenvielfalt und der Bewahrung der Ökosysteme sofortige Maßnahmen im Sinn des Vorsorgeprinzips.

Gerade Österreich als Berggebiet weist ein sehr diverses Spektrum an sensiblen na­türlichen und kulturbedingten Ökosystemen auf, das zusammen mit den wertvollen Na­turressourcen allgemein einen erhöhten Schutzbedarf in Zeiten des beschleunigten Kli­mawandels erfordert.

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rauch. – Bitte.