15.20

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kollege Fürlinger, du weißt eh: The higher they fly, the deeper they fall. – Und ihr werdet fallen. (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.) – Ja, Hochmut kommt vor dem Fall. (Abg. Wöginger: Ja, genau! Das musst du wissen! – Abg. Michael Hammer: Wenn man nie was erreicht hat, kann man ...!) Und der Hochmut, den die ÖVP an den Tag legt, zeigt, dass sie vor dem Fall steht.

Worum geht es hier eigentlich? – Es geht um eine Anfragebeantwortung, in der der Bundeskanzler antwortet: „Ich habe weder in der vergangenen Legislaturperiode Infor­mationen zu konkreten Ermittlungsverfahren angefragt, noch habe ich das in der aktu­ellen Legislaturperiode getan.“ – Das sagt der Bundeskanzler.

Im Ibiza-Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht sagt ein Staatsanwalt – das ist er von Beruf –: „Also diese Causa Stadterweiterungsfonds war auch eine berichts­pflich­tige Causa, eine vorhabensberichtspflichtige Causa“. Das bedeutet – das steht jetzt nicht da, sondern das nur zur Erklärung für die, die nicht wissen (Zwischenruf des Abg. Haubner), was das bedeutet –, dass der Minister über alle wichtigen Verfahrensschritte informiert werden muss; das heißt, der Minister weiß über alle wichtigen Verfahrens­schritte Bescheid.

Das war 2019. „[...] und da haben wir bei einem Gespräch über Einzelstrafsachen“ – wo eben der Minister ganz im Detail über einzelne Strafsachen informiert wird –„auch über diesen Fall gesprochen, und da hat“ Minister Moser „mir gesagt, dass sich der Herr Bundeskanzler danach erkundigt hat, wie der Verfahrensstand in diesem Verfahren“ Stadterweiterungsfonds „ist und wie es bei dem Verfahren ausschaut.“

So. Da haben wir jetzt einen klassischen Widerspruch. Der Staatsanwalt sagt, der Bun­des­kanzler hätte sich konkret beim damaligen Justizminister Moser erkundigt. Und der Bundeskanzler sagt: Habe ich nie getan. (Zwischenruf des Abg. Kickl. Abg. Belakowitsch: Wer hat jetzt die Unwahrheit gesagt?)

Das, was wir in so einem Fall in einem Untersuchungsausschuss machen, ist, dass wir jetzt Ex-Minister Moser – denn er ist das Missing Link zwischen den beiden – vorladen. Aber beide können nicht die Wahrheit sprechen. Das geht nicht. (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch.) Einer der drei muss die Unwahrheit gesagt haben. Wir werden es herausfinden. Und Sie als Bundeskanzler können hier natürlich auch immer reinen Tisch machen, zu jedem Zeitpunkt, zu jeder Frage. Sie bleiben dabei. Ich kann das eh nur zur Kenntnis nehmen, Sie werden ja auch noch einmal vor den Untersuchungsausschuss vorgeladen. Dort werden wir Sie vielleicht auch noch dazu unter Wahrheitspflicht – und nicht wie hier im Plenum, wo die Wahrheit nicht verpflichtend vorgeschrieben ist, aber im Untersuchungsausschuss schon – einmal befragen.

Aber einige wichtige Punkte kann man hier auch ansprechen, wenn wir schon über den Untersuchungsausschuss reden. Erstens, weil der Herr Innenminister hier sitzt: Fast jede Sitzung eines Untersuchungsausschusses bringt ja Spannendes zutage. Heute haben wir Folgendes erfahren: Es steht in der Zeitung, dass es ein Ermittlungsverfahren wegen der Schenkungen von Herrn Graf an alle möglichen Leute gibt. Der hat über viele Jahre jedes Jahr 5, 6, 7 Millionen Euro an Familienmitglieder, aber auch an Angestellte, an Frauen von Angestellten, an Kinder von Angestellten, an Aufsichtsräte et cetera, auch an Politikerinnen, Politiker gespendet. Und das ÖVP-Finanzministerium hat immer weg­geschaut, das hat nie genau hingeschaut. Er hat das immer brav gemeldet, das Minis­terium hat immer weggeschaut.

Es steht aber in der Zeitung, dass da eine Frau T.O. betroffen ist, die früher beim Sobotka gearbeitet hat (Zwischenrufe bei der ÖVP), sie hat dann beim Herrn Nehammer gearbeitet, zuerst beim Präsidenten in seinem Büro und dann beim Innenminister Nehammer. Das steht in der Zeitung. Dann ruft ein Polizeibeamter bei der Finanz an und sagt: Wir brauchen ganz dringend diese Unterlage betreffend die Frau T., die brauchen wir ganz dringend. Er sagt aber nicht dazu weshalb. Und dann stellt sich heraus, er hatte nie den Auftrag der Staatsanwaltschaft, sich darum zu kümmern. (Abg. Kickl: Ah!)

Es ist die Frage, ob Sie das dann erfahren haben. War das in Ihrem Auftrag zum Beispiel, dass der angerufen hat? War das mit Ihrem Wissen? Und wie kommt der auf die Idee, genau von dieser Person diese Akten und Unterlagen anzufordern – und zwar nur von ihr, obwohl es um 40 Personen geht? Vielleicht könnten Sie (in Richtung Bundesminister Nehammer) auch einmal, wenn Sie schon hier sind, einfach aufklären – Sie können sich gleich zu Wort melden –, ob das in Ihrem Auftrag war oder mit Ihrem Wissen und ob Sie der Sache schon nachgegangen sind (Abg. Belakowitsch: Er will nicht!), dass da ein Polizist über Leute, die bei Ihnen im Büro arbeiten, Unterlagen von der Finanz anfordert.

Und jetzt kommt der Treppenwitz: Am nächsten Tag war sie nicht mehr bei Ihnen im Büro. Sie hat dann am nächsten Tag einvernehmlich mit Ihnen die Arbeit dort beendet. (Abg. Kickl: Ah! – Abg. Belakowitsch: Das ist aber spannend!) Diese Sachen, wie die ÖVP funktioniert, wie hier mit und ohne Auftrag agiert wird, und die Kirchenchats, Kollege - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Schlusswort bitte! 5 Minuten sind vorbei. Seien Sie so lieb!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Darf ich einen Schlusssatz sagen? – Herr Bundeskanzler, letzte Woche haben Sie sich die Kirchenchats mitgenommen. Können Sie mir jetzt sagen, wo Anstand, Moral und wo der Charakter drinsteht? – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

15.25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stefan. – Bitte.