15.58

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Regierungsmitglieder! Das ist eine sehr emotionale Debatte, und ich muss gleich mit Herrn Klubobmann Kickl beginnen: Dafür, dass wir uns heute gegen­seitig ausrichten, wie unfähig die Regierung ist, müssten wir nicht aus allen Bundes­ländern nach Wien anreisen. Da würde es ja reichen, in ein Gasthaus zu gehen – das Thema, dass da einiges nicht so funktioniert hat, wie es sein soll, ist ja durch, glaube ich.

Die Frage ist, wie wir damit umgehen, wenn es eben offensichtlich Pannen gibt und Ge­setze nicht so funktionieren, wie es sein soll. (Abg. Kickl: Redet es euch nur schön!) Da können wir uns gegenseitig erzählen, dass die Regierung unfähig ist, dass es Patzer im Krisenmanagement gegeben hat – das haben wir ja alle mitbekommen –, aber unsere Hauptaufgabe ist schließlich, dass wir miteinander auch Lösungen erarbeiten. Gerade beim grünen Pass war das Vorgehen war ja ein ziemlicher Murks – das können wir ja offen sagen, da wird niemand widersprechen. (Abg. Belakowitsch: Das ist immer noch ein Murks!)

Was uns da vorgelegt worden ist, war datenschutztechnisch ein Sammelsurium an hoch­sensiblen Themenbereichen, die man alle miteinander vermantscht hat. Der Gesund­heitsminister hat den Entwurf ja Gott sei Dank zurückgezogen, weil er nach vernich­tender Kritik draufgekommen ist, dass das in dieser Form natürlich nicht funktioniert hätte. (Abg. Kickl: Und was ändert das am Grundproblem?)

Warum hat es diese Kritik gegeben? – Weil wir gesagt haben, dass man derartig wichtige Gesetze nicht einfach durchpeitschen kann, sondern dass wir Expertinnen und Experten brauchen, die sich das Ganze noch einmal ordentlich ansehen. Es hat also ein Begut­achtungsverfahren gegeben, bei dem man dann draufgekommen ist, dass das, was von der Regierung im Zusammenhang mit dem grünen Pass vorgelegt wurde, ein ziemlicher Murks war.

Die Frage ist eben: Kämpfen wir dafür, dass es gute Gesetze gibt und man Fehler korrigiert? Oder schimpfen wir einfach nur darüber, dass das alles irgendwie ein Chaos ist? (Abg. Belakowitsch: Und ihr macht mit!)

Da sehe ich schon eine Parallele: Sebastian Kurz hat selbst nicht gewusst, was der grüne Pass ist, hat sich aber gedacht, das klingt gut, das könnte man vermarkten und er könnte erzählen, dass er Vorreiter ist. Herbert Kickl, bei dir war es derselbe Bereich. Du hast grüner Pass gehört, hast auch nicht gewusst, was es ist, aber hast gesagt: Da könnte man irgendwie mit Ängsten hantieren. (Abg. Kickl: Und du weißt bis heute nicht, was der grüne Pass ist!)

Das ist ein Zugang, bei dem es schon eine Polarisierung gibt, bei dem sich natürlich beide Seiten aufpeitschen, von dem aber die Bevölkerung nichts hat. Deswegen: Schauen wir, dass wir es ordentlich auf Schiene bringen, dass wir die Baustellen, die es ja zur Genüge gegeben hat, miteinander reparieren (Abg. Kickl: Man kann nicht gleich­zeitig für und gegen die Freiheit sein!), dass wir den grünen Pass jetzt miteinander ordentlich auf Schiene bringen! Nur zu schimpfen und uns gegenseitig auszurichten, wie unfähig die Regierung ist – ich glaube, das bringt uns alle nicht weiter. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Kritikpunkt stimmt, da muss ich recht geben – Kollegin Schwarz ist jetzt nicht da –, das ist leider etwas, was natürlich das Zustimmen immer so schwer macht: Wenn wir im Feber von der EU-Kommission hören, dass die EU-Kommission einen grünen Pass plant, und zwei Tage später sagt Sebastian Kurz, er fordert die EU-Kommission auf, einen grünen Pass zu erstellen, dann ist das natürlich ein reines Sich-wieder-ein-bisschen-auf-Kosten-der-EU-selbst-Wichtigmachen. Wenn es dann darum geht, dass man schnel­ler ist als alle anderen und man erzählt: Der grüne Pass, wir sind Vorreiter!, dann ist es komisch, wenn Elli Köstinger verspricht, dass das Ganze im April kommt. Jetzt sind wir im Mai und es ist noch immer kein grüner Pass da. Dann erzählt man halt der Bevöl­kerung, dann erzählt uns Sebastian Kurz, dass die Zettelwirtschaft, die wir alle kennen – wenn wir getestet werden, kriegen wir einen Zettel in die Hand –, der grüne Pass ist.

Das ist natürlich eine Form von Politik, von der wir alle miteinander nichts haben. Das ist nur Marketingblabla und ein gegenseitiges Ausrichten. Es geht doch irgendwie um Lösungen, deswegen war es uns wichtig, den grünen Pass so auf Schiene zu bringen, dass jemand, wenn er auf Urlaub fährt, nicht irgendwo an der Grenze zu Italien steht und es heißt: Na ja, das ist nur der österreichische grüne Pass.

Deswegen war es spannend, als uns heute Frau Ministerin Edtstadler erklärt hat, dass sie ja schon Anfang des Jahres auf der ganzen Welt unterwegs war. Sie hat gesagt, sie war in Laibach, sie war in Paris und in Brüssel und hat allen erklärt – im Jänner schon –, wie der grüne Pass funktioniert. Es wäre natürlich toll gewesen, wenn sie ihre Erfahrung in der eigenen Bundesregierung weitergegeben hätte, dann wären wir in Österreich auch schneller unterwegs gewesen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Abschließend nur eine Bitte: Als Opposition könnten wir es uns leicht machen und einfach schweigen, aber ich habe da irgendwie so einen Gerechtigkeitssinn und tue mir schwer, Herr Bundesminister, wenn dann bei dieser Hacklschmeißerei jemand unter die Räder kommt. Sie haben den Fehler gemacht, dass Sie das Böse getan haben: Sie haben es gewagt, Sebastian Kurz persönlich zu attackieren. Das ist natürlich etwas, das nicht geht, wenn man irgendwie den Gottkanzler persönlich infrage stellt und sagt: Fair Play in der Regierung, das möchte man irgendwie haben. Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern: Wir haben anlässlich Ihrer Regierungserklärung miteinander diskutiert und ich habe Ihnen ausgerichtet, wie es Rudi Anschober gegangen ist. Sie erinnern sich viel­leicht, er ist mit einem Kreislaufkollaps im Krankenhaus gelegen und genau diesen Mo­ment hat Sebastian Kurz genutzt, um dann ordentlich hinzuhauen und zu kampagni­sieren.

Wir merken jetzt auch in den letzten Tagen, wie schnell es gehen kann. Sobald man also den Mund aufmacht, kommt ordentlich Gegenwind von der ÖVP. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich glaube aber, es ist wichtig, dass Sie auch ein bisschen dafür kämpfen, dass es Respekt gibt. (Abg. Kickl: Und wenn es schiefgeht, steht die SPÖ parat!) So etwas wie Fair Play und Zusammenarbeit ist ja nichts Unanständiges. Deswegen ist es, glaube ich, auch wichtig, Herr Gesundheitsminister, dass Sie da einen kleinen Anflug von Mut gehabt haben. Was dann leider nicht passiert ist, ist, dass Frau Klubobfrau Maurer oder so jemand Ihnen noch zur Seite gesprungen ist. Das war dann eher sehr hoppertatschig. Von der ÖVP haben wir das ganze Wochenende nichts ande­res erlebt, als dass die halbe ÖVP auf Sie losgegangen ist. Die Grünen haben dann leider eher geschwiegen. Vielleicht hilft es ja, dass dieser kleine Anflug von Mut sich irgendwie in Richtung grüne Partei überträgt, sodass auch die Grünen vielleicht in Zukunft den Mut haben, Sebastian Kurz zu sagen, er ist nicht nur Gottkanzler, sondern wenn es Fehler gibt, kann man das offen ansprechen.

Sigi Maurer (in Richtung Abg. Maurer, die soeben ihren Sitzplatz einnimmt), schön dass du da bist. Das nächste Mal wäre es schön, wenn du auch deinen eigenen Bun­desminister ein bisschen unterstützt, wenn die halbe ÖVP auf ihn einschlägt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Und wenn es schiefgeht, steht die SPÖ parat! ... beim SPÖ-Vorsitz!)

16.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Obernosterer ist zu Wort ge­meldet. – Bitte. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)