16.15

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Mit dem grünen Pass soll heute ein weiterer Schritt zur Eindämmung der unkontrollierten Verbreitung von Covid gesetzt und auch eine Erleichterung beim Personenverkehr ermöglicht werden.

Ich möchte aber heute meine Aufmerksamkeit auf die HeldInnen der Krise lenken. Ich freue mich sehr, dass nun auch die Regierungsparteien verstanden haben, dass das Klatschen als Dankeschön für die Heldinnen und Helden der Coronakrise nicht reicht und es nun eine finanzielle Anerkennung geben soll. In der letzten Nationalratssitzung wurde von den Regierungsparteien ein Antrag eingebracht, in dem ein sogenannter Pflegebonus in Höhe von durchschnittlich 500 Euro für das Betreuungs- und Pflegeper­sonal ausgezahlt werden soll.

Laut dem Antrag der Bundesregierung soll der Coronapflegebonus nur für Pflegekräfte in der mobilen, stationären und teilstationären Pflege, die in direktem Kontakt zu Men­schen arbeiten, zur Anwendung kommen. Leider zeigt sich in diesem Antrag wieder einmal die Showpolitik von Kanzler Kurz, die wir mittlerweile schon gut kennen. Die Maßnahmen werden groß in den Medien angekündigt, liest man dann die Anträge im Detail, sieht man, dass nur ganz wenige Menschen davon profitieren. Auch beim Co­rona­pflegebonus wurde auf viele Menschen vergessen, die ebenso systemrelevant sind.

So wird eine Zweiklassengesellschaft im Gesundheits- und Pflegebereich eingeführt. Warum ist zum Beispiel die Arbeit des Personals im Rettungs- und Krankentransport­dienst, von OrdinationsassistentInnen, von Menschen, die im Bereich der Behinderten­betreuung tätig sind, von Menschen im Reinigungsdienst auf den Coronastationen weniger wert, obwohl all diese Berufsgruppen aufgrund der Coronapandemie einer massiven Mehrbelastung ausgesetzt waren und noch immer sind? (Beifall bei der SPÖ.) Was ist zudem mit den Beschäftigten der Coronahotline, den ArbeitnehmerInnen der Daseinsvorsorge wie Energieversorgung, Müllentsorgung und so weiter, aber auch den ArbeitnehmerInnen im Lebensmittelhandel, die in den letzten Monaten alle Unglaub­liches geleistet haben, um den Alltag in den Gemeinden aufrechtzuerhalten?

Unser Gesundheitssystem lebt von den vielen Menschen, die in den unterschiedlichen Berufen mit unterschiedlichem Qualifikationshintergrund arbeiten. Sie alle sind unver­zichtbar, um unser Gesundheitssystem am Laufen zu halten, aber darüber hinaus haben auch viele weitere Berufsgruppen unser gewohntes Leben aufrechterhalten. Wieso sollen diese von einer finanziellen Anerkennung ausgeschlossen werden? Die Regie­rungs­parteien sehen in ihrem Antrag vor, dass nicht jeder einheitlich 500 Euro als Bonus erhalten soll, sodass einzelne Träger die verschiedenen Berufsgruppen untereinander ausspielen könnten. Dadurch werden die Unterschiede in der Entlohnung weiter ver­stärkt, und so schafft es die Regierung wieder einmal, die Menschen auseinander­zudividieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit diesen mehr oder weniger 500 Euro sind für die Beschäftigten im Gesundheits­bereich die Probleme aber noch lange nicht gelöst. Mehr Personal, kürzere Arbeitszeiten und insgesamt eine höhere Bezahlung werden notwendig sein, um diese Branche wieder attraktiver zu gestalten, denn gerade der Personalmangel erhöht die Belastung für die Beschäftigten, auch abseits der Pandemie.

Untersuchungen zeigen, dass in Österreich bis zum Jahr 2030 76 000 zusätzliche Pfle­ge­kräfte benötigt werden. Wir fordern als SPÖ eine Ausweitung des Coronapflegebonus auch auf die nicht sichtbaren Helden und Heldinnen dieser Krise.

Ich bringe daher nachstehenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Bonus auch für die nicht sichtbaren Heldinnen und Helden – vergessen wir jetzt nicht auf Men­schen, die während der Corona-Krise Tag und Nacht für uns da waren!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Finanzminister werden aufgefordert, bei der Zuteilung des ‚Corona-Bonus‘ die unsichtbaren Heldinnen und Helden nicht auszu­schließen und darüber hinaus auch den Arbeitnehmer*innen in den Bereichen der Da­seinsvorsorge und anderen unverzichtbaren Branchen, wie zum Beispiel im Lebens­mittelhandel, eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher,

Genossinnen und Genossen

betreffend „Corona-Bonus auch für die nicht sichtbaren Heldinnen und Helden – ver­gessen wir jetzt nicht auf Menschen, die während der Corona-Krise Tag und Nacht für uns da waren!“

eingebracht im Zuge der Plenardebatte zu Antrag 1572/A (TOP 2)

In den letzten Monaten war oft von "Heldinnen und Helden der Krise“ die Rede. Die Corona-Krise hat zweifelsfrei dramatisch und kompromisslos veranschaulicht, was denen, die es sehen wollten, eigentlich immer klar war: wie unverzichtbar auf den ersten Blick schwer sichtbare Arbeit vieler Menschen für die Gesellschaft ist. Beschäftigte in den Gesundheitsberufen gehören eindeutig zu diesen Berufsgruppen. Wie so oft zeigte sich auch hier: der Wert der Arbeit bemisst sich leider nicht entlang des gesell­schaft­lichen Nutzens der Arbeit. Denn die Arbeitsbedingungen sind hier oft schlecht und das Lohnniveau über weite Strecken zu niedrig. Von elf als „systemrelevant“ eingestuften Berufsgruppen, bekommen gleich fünf weniger bezahlt, als der österreichische Durch­schnitt. Jenen, denen wir das Wichtigste anvertrauen – unser Leben bzw. das unserer Angehörigen in Krankenhäusern und häufig unserer Großeltern in Pflegeheimen – sagt die österreichische Bundesregierung: „Ihr seid nur ein Bruchteil von einem Manager, einem Vorstandsdirektor, oder von einem ÖVP-Familienmitglied wert.“ Dabei waren sie es, die lange Zeit (zu Beginn der Krise sogar noch ohne Schutzausrüstung oder –vor­kehrungen) mitten in der größten Pandemie um das Leben unserer (Groß)Eltern gekämpft haben. Wir haben Sie von den Balkonen aus – aus sicherer Entfernung und Distanz – beklatscht –, wir haben sie ‚HeldInnen der Krise‘ genannt. Heute, 16 Monate nach Ausbruch der Pandemie ist die Diskussion weitestgehend verstummt. Keine bes­seren Arbeitsbedingungen, keine bessere Bezahlung, kein zusätzliches Personal. Nun wird diese Ungerechtigkeit aber auf die Spitze getrieben: Die Bundesregierung will ihren geplanten Corona-Bonus zahlreichen Heldinnen und Helden, die teilweise weniger sichtbar, aber dennoch unverzichtbar für das Aufrechterhalten des Gesundheitssystems waren einfach nicht geben.

Von unseren Zivildienern und Sanitäter*innen im Rettungsdienst, über Contact-Tracer*in­nen, Beschäftigte bei der Hotline 1450, Arzthelfer*innen, bis hin zu den Reinigungs­kräften auf Corona-Stationen. Leider schließt die Regierung jetzt viele Menschen, die in der Corona-Krise Tag und Nacht für uns da waren, einfach vom Bezug des Corona-Bonus aus.

Was ist mit den Beschäftigten in den Kindergärten? Was ist mit den Arbeitnehmer*innen der Daseinsvorsorge – Rettung, Strom, Gas, Verkehr, Müllentsorgung und den vielen anderen Berufen und Branchen, wie zum Beispiel auch im Lebensmittelhandel, die viel auf sich genommen haben, um den Alltag in den Städten und Gemeinden aufrecht zu erhalten? Zu Recht erwarten auch sie sich eine faire Anerkennung ihrer Leistungen.

Die Regierung schafft es wieder einmal die Menschen auseinander zu dividieren. Es werden verschiedene Klassen von Arbeitnehmer*innen geschaffen. Jene, die einen Bonus bekommen sollen, und jene, die es sich in den Augen der Regierung nicht verdient haben, obwohl sie im Hintergrund ebenfalls für das Funktionieren des Systems Verantwortung getragen haben. Auch sie und ihre Familien haben sich mindestens die Anerkennung in Form eines Corona-Bonus verdient.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Finanzminister werden aufgefordert, bei der Zuteilung des ‚Corona-Bonus‘ die unsichtbaren Heldinnen und Helden nicht auszu­schließen und darüber hinaus auch den Arbeitnehmer*innen in den Bereichen der Daseinsvorsorge und anderen unverzichtbaren Branchen, wie zum Beispiel im Lebens­mittelhandel, eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Großbauer. – Bitte.