9.20

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuse­he­rinnen und Zuseher vor den Fernsehern oder online! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich freue mich sehr, dass das Hohe Haus heute Tourismus zum Thema der Aktuellen Stunde gewählt hat und – vor allem – das Thema „Sichere Gastfreundschaft: Comeback des österreichischen Tourismus“ debattiert. (Abgeordnete der SPÖ halten Tafeln mit der Aufschrift: „Corona-Bonus für alle!“ in die Höhe und entrollen auf der Galerie ein Transparent mit der Aufschrift: „Für Österreich: KrisenheldInnen – Für die Kurz-Partei: Pöbel“, „Corona-Bonus für alle!“ – Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Die letzten Monate der Coronapandemie haben vor allem dem Tourismus in Österreich, der Gastro­nomie, der Freizeitwirtschaft, den Reiseveranstaltern, aber vor allem eben auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von den massiven Einschränkungen und vom – nahezu – Erliegenkommen der internationalen Reisefreiheit betroffenen waren, wirklich sehr viel abgerungen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ein ganz großes Dankeschön ist wirklich all jenen zu sagen, die durchgehalten haben, vor allem den Betrieben, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Kurzarbeit über­nommen haben, den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auch geblieben sind, die es erwartet haben und die jetzt maßgeblich eben auch Anteil daran haben, dass wir - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie bitten, die Taferln wieder herun­terzunehmen? Wir haben ja 30 Sekunden vereinbart. – Danke.

Bitte, Frau Minister. (Abg. Leichtfried: Was ist mit dem Coronabonus für die, die durch­gehalten haben?! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger (fortsetzend): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Präsident!

Dass wir in Österreich am 19. Mai bei einer Coronalage, einer Infektionslage, die bei Weitem besser war, als viele der Expertinnen und Experten vorausgesagt haben, alle Branchen gleichzeitig wieder aufsperren konnten, ist vor allem einem geschuldet, und das ist das große Zutun der Bevölkerung in diesem Land, das Verständnis, dass wir uns in einer Pandemie befinden. Die schmerzhaften Kontaktbeschränkungen, das Testen, das Impfen, all das hat dazu beigetragen, dass wir mit 19. Mai wieder haben aufsperren können (Zwischenrufe bei der FPÖ) – dafür wirklich ein großes Dankeschön. Man sieht es aktuell auch schon an den positiven Entwicklungen am Arbeitsmarkt: Die Situation verbessert sich merklich, es geht wieder aufwärts. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Geschätzte Damen und Herren! Das Aufsperren war insofern auch sehr bemerkenswert, weil wir nach wie vor, obwohl wir jetzt schon seit drei Wochen alle Bereiche wieder offen haben, ständig sinkende Coronazahlen sehen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), und der Hintergrund ist, dass wir nicht leichtfertig geöffnet haben, sondern nach wie vor Sicherheitsmaßnahmen und die 3G-Regelung – getestet, geimpft, genesen – haben. Wir sehen einfach, dass das wirklich die richtige Strategie ist. Auch wenn es aktuell wieder Berichte wie beispielsweise jene aus Großbritannien gibt, wo wieder eine Virusmutation auftritt, die um ein Vielfaches infektiöser als der Mutant, den wir bisher kannten, ist, so zeigt das dennoch, dass das der richtige Weg ist. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Österreich ist ein Tourismusland, der Tourismus hängt davon ab, dass es jetzt im Som­mer, aber vor allem dann auch im Herbst und im Winter eine stabile Coronasituation gibt, und wir werden alles dafür tun, dass das in unserem Land auch so bleibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit 10. Juni konnten wir weitere Erleich­terungen umsetzen. Das betrifft vor allem Personengruppen und die Masken im Out­doorbereich. Der eigentlich wirklich wichtige Schritt wird für uns aber mit Anfang Juli erfolgen: Dann werden vor allem auch wieder Veranstaltungen, Feiern, Hochzeiten – etwas ganz Wichtiges für das gesellschaftliche und natürlich auch das private Leben – möglich sein. All das wird wieder möglich sein. Vor allem aber – und das ist mir ein ganz besonders wichtiges Anliegen – wollen wir auch eine Möglichkeit schaffen, dass die Nachtgastronomie wieder aufsperrt. Wir alle haben die Situation am Donaukanal und auch am Karlsplatz gesehen und erlebt. Die Jugend will wieder feiern, und genau das muss auch wieder ermöglicht werden. Das hat sie sich wirklich verdient. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir werden auf jeden Fall auch dabei sehr vorsichtig vorgehen, das ist vollkommen klar. Die 3G-Regel wird uns erhalten bleiben. Dass das aber wirklich möglich ist, ist vor allem der breiten Teststrategie, dem Zutun der Bevölkerung und vor allem eben auch dem großem Impffortschritt geschuldet. Statistisch gesehen wird in Österreich in jeder Sekunde ein Mensch geimpft. Das entspricht aktuell über 86 000 geimpften Personen am Tag. Dafür sage ich wirklich ein großes Dankeschön auch an die Bundesländer, an die Gemeinden und vor allem auch an die vielen Freiwilligen und Ehrenamtlichen, die uns dabei helfen, diese große Aufgabe zu bewältigen. (Beifall der Abgeordneten Rössler und Voglauer.) Es gibt jetzt aktuell schon 27 Prozent der Bevölkerung, also 2,1 Millionen Menschen, mit vollständiger Immunisierung, sie haben also auch schon den zweiten Stich. Wir sind da wirklich sehr zuversichtlich, dass das in den nächsten Monaten so weitergehen wird – ein ganz großes Dankeschön dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich darf an dieser Stelle aber auch eine Initiative unsererseits erwähnen, die wirklich sehr gut funktioniert hat und die auch bereits im letzten Jahr maßgeblich dazu beigetragen hat, dass wir eine gute Sommersaison hatten: Das ist unser Testprogramm Sichere Gastfreundschaft. Wir sind das einzige Land der Welt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere aus Gastronomie und Tourismus einmal wöchentlich mittels PCR-Test testet. Das funktioniert eben auch vor Ort sehr gut, und das hat auch dazu geführt, dass wir neben dem Thema Gastlichkeit vor allem auch das, was jetzt vor allem für ausländische Gäste buchungsentscheidend ist, adressieren konnten, und das ist das Thema Sicherheit.

Wir haben in den letzten Monaten gesehen, wie sehr sich auch dieses Gästeverhalten verändert. Früher haben Gäste bei Buchungsanfragen meistens gefragt: Wie ist der Wellnessbereich aufgestellt? Gibt es einen Parkplatz? Funktioniert WLAN? – Jetzt wird maßgeblich als Erstes nachgefragt, wie die Coronasituation ist, wie die Regeln sind und ob man in seinem Urlaub wirklich sicher ist (Abg. Amesbauer: Hat Ihnen das der Chef vom Sacher gesagt?), und das konnten wir über unser Testprogramm Sichere Gastfreundschaft umsetzen. Fast 1,5 Millionen PCR-Tests sind mittlerweile durchgeführt worden.

Gleichzeitig haben wir jetzt auch die Möglichkeit der Selbsttests vor Ort geschaffen, das heißt, auch einem spontanen Kaffeehaus-, Restaurantbesuch steht nichts im Wege. Es gibt die Möglichkeit, sich vor Ort beim Wirt, in der Gastronomie testen zu lassen. Auch dafür sage ich ein großes Dankeschön an die Bundesländer für die gute Zusammen­arbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Urlaub braucht aber vor allem die Wieder­herstel­lung der Reisefreiheit. Das war der Grund unseres großen Engagements, europaweite Regelungen zu schaffen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), dass man nicht nur – und ich bitte, da auch wirklich gut zuzuhören – als Geimpfter wieder reisen kann – diese Pläne hat es von einigen Ländern gegeben –, sondern wir haben in Europa den grünen Pass durchgesetzt und damit die Möglichkeit geschaffen, geimpft, getestet und genesen Grenzen wieder zu überqueren und vor allem eben auch einen Urlaub in Anspruch zu nehmen. Das war uns als Bundesregierung immer ein wichtiges Anliegen. Zum einen gibt es Länder mit einem deutlich niedrigeren Impffortschritt als bei uns in Österreich, und zum anderen wird es immer wieder auch Menschen geben, die sich nicht impfen lassen – und das ist auch okay. Im Endeffekt braucht es trotzdem eine Möglichkeit, wieder zu reisen, und das ist eben als Genesener und Getesteter mit dem grünen Pass in Europa wieder möglich. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Das zuständige Gesundheitsministerium arbeitet an der Umsetzung. Schrittweise werden auch die Nachweise mit dem QR-Code ausgestattet. Seit 10. Juni sind die Tests bereits mit dem EU-weit gültigen QR-Code versehen. Diese können unter qr.gv.at bereits gescannt werden. Ab 18.6. wird es vor allem für Gastronomie, Hotellerie und die Ver­anstaltungswirtschaft die Green-Check-App geben, die wir zur Verfügung stellen, um das eben auch sehr einfach und sehr schnell nachzuvollziehen.

Zusätzlich zu all dem haben wir unsere Betriebe auch wirtschaftlich massiv unterstützt. Wir haben frühe Maßnahmen gesetzt, Gabriel Obernosterer hat das auch bereits ange­sprochen. Wir haben vor allem auch versucht, die vielen Unterschiede in den Branchen zu adressieren: die Insolvenzabsicherung für die Reiseveranstalter; der Schutzschirm für die Veranstaltungsbranche konnte auf 10 Millionen Euro erhöht werden – es wurden da mittlerweile schon Förderzusagen in Höhe von rund 86 Millionen Euro abgegeben –; wir haben eine Sonderlösung für Privatvermieter geschaffen; wir haben eine Gast­garten­offensive geschaffen und die Erhöhung der Haftungsübernahmen bei Investitionen neben der Investitionsprämie ermöglicht. All das hat dazu beigetragen, dass unsere Betriebe jetzt wieder gut, richtig und gesichert aufsperren können, voll durchstarten können und das tun können, was sie am besten können, und das ist im Endeffekt für Gastlichkeit zu sorgen und uns allen die bewährte Kulinarik zu bieten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gleichzeitig haben wir vonseiten des Tourismusministeriums mit der gesamten Touris­musbranche einen Comebackprozess gestartet, weil wir natürlich auch in der Corona­krise gesehen haben, wie viele Herausforderungen es im Tourismus trotz der guten Jahrzehnte in der Vergangenheit gibt und dass wir durchaus auch Schwachstellen haben, die wir beheben wollen. Wir haben im April gemeinsam mit der gesamten Branche in einem sehr groß angelegten Beteiligungsprozess sehr viele der Herausforderungen diskutiert. Das betrifft vor allem den touristischen Arbeitsmarkt, das ist für uns aktuell das bren­nendste Thema. Es gibt zwar nach wie vor sehr viele Arbeitsuchende, die Tourismus­branche sucht aber händeringend nach Fachkräften. Das ist vor allem auch gemeinsam mit Arbeitsminister Martin Kocher ein Thema, das wir strategisch für die Zukunft an­gehen.

Da sage ich wirklich ein großes Dankeschön an alle Betriebe. Es sind rund 20 000, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Kurzarbeit übernommen haben. Das war für die Betriebe nicht kostenfrei. Das hat sie durchaus auch sehr viel Geld gekostet, aber es hat sich im Endeffekt ausgezahlt, weil das gute Personal so auch geblieben ist.

Wir schaffen mit der Verlängerung der Kurzarbeit und weiteren Wirtschaftshilfen für die besonders betroffenen Branchen eine Überlebensmöglichkeit. Wir werden in Zukunft alle gefordert sein. Die Tätigkeit im Tourismus, in der Gastronomie ist eigentlich einer der schönsten Berufe der Welt, weil man mit Menschen in Kontakt kommt. Die Service­leistung, die Dienstleistung ist etwas, bei dem auch sehr viel zurückkommt. Wir wollen einen Fokus auf die Aus- und Weiterbildung legen, vor allem auf die Ausbildung der Lehrlinge, und das werden wir gemeinsam mit der Branche umsetzen.

Der Tourismus in den Regionen ist eine zweite ganz wichtige Maßnahme, die wir nun umsetzen. Wir haben in der Coronapandemie gesehen, dass es nicht nur das eine Hotel ist, das vom Tourismus abhängt, sondern es sind die Fleischer, die Bäcker vor Ort bis hin zu den Friseuren, den Wäschereien, der Landwirtschaft – alle hängen davon ab, dass es Gäste in unserem Land gibt. Da werden wir vor allem auch in Kooperation mit der Landwirtschaft einige neue Initiativen starten.

Der dritte ganz wichtige Themenbereich betrifft das Reiseverhalten der Zukunft. Was erwarten sich die Gäste vom Urlaubsland, vom Kongressland, vom Messeland Öster­reich, wenn sie in den nächsten Jahren herkommen? – Genau das erarbeiten wir auch mit der Österreich-Werbung. Wir werden einen ganz großen Schwerpunkt in Richtung Kongresstourismus starten und vor allem auch unsere Veranstaltungen, unsere Kunst und Kultur da wirklich an vorderster Front positionieren.

Das vierte Thema betrifft die Finanzierungsperspektiven. Es gibt eine katastrophale Eigenkapitalausstattung im Tourismus – das war uns vorher schon bekannt. Das ist durch die Krise verstärkt worden. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten diskutieren wir Möglichkeiten wie beispielsweise die gewerbliche Tourismusförderung und andere Lösungen, mit denen wir die Eigenkapitalausstattung verstärken können.

Geschätzte Damen und Herren! Am Ende werden wir es geschafft haben – gemeinsam mit den vielen Unternehmerinnen und Unternehmern, mit den rund 750 000 Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern, die vom Tourismus, von der Veranstaltungsbranche, von der Gastronomie, von den Messen, von den Kongressen abhängen. Am Ende werden wir auf jeden Fall gestärkt aus dieser Krise herausgehen, davon bin ich absolut überzeugt.

Geschätzte Damen und Herren! Der Erfolg des Tourismus in Österreich ist kein Zufall, sondern das Ergebnis harter Arbeit von vielen Unternehmerinnen und Unternehmern, von sehr vielen engagierten und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und ihnen gilt unser ganz großer Dank und vor allem unsere vollste Unterstützung. Auf geht’s! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.33

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kirchbaumer. Die Redezeit beträgt nun 5 Minuten. – Bitte.