12.11

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren vor den Bildschirmen! Eine Einwendungsdebatte muss heute stattfinden, weil die Abgeordneten der Regierungsparteien es vorgezogen haben, das, was wahrscheinlich die meisten Bürger in unserem Land tatsächlich brennend interessiert, nämlich die Verhandlungen über die Ministeranklage, hier herinnen nach hinten – dann, wenn sie möglicherweise schon im Schwimmbad sind – zu reihen. Das ist die Hoffnung der ÖVP gewesen.

Ich kann das aus Sicht der Österreichischen Volkspartei, die nicht will, dass recht viele Leute mitbekommen, was bei der Volkspartei und bei einzelnen ihrer Mitglieder alles so abgeht, sogar nachvollziehen. Sie alle wissen, unser Finanzminister hat die Verfassung gebrochen (Zwischenruf des Abg. Hörl), er hat sich geweigert, Akten zu liefern. Im letzten Moment – da musste dann schon der Herr Bundespräsident ausrücken – hat er sie geliefert, obwohl sie schon lange vorher vorbereitet waren. Er hat es bis zum Letzten ausgereizt. Das ist kein Umgang mit dem Parlament, das ist aber auch kein Umgang mit unserer Republik, so geht man mit dieser Republik nicht um.

Es ist auch nicht besonders verwunderlich gewesen, dass gerade dieser Finanzminister das gemacht hat, da er auch in der Vergangenheit schon gezeigt hat, dass er mit seiner Familie, mit seinen Freunden diese Republik als Eigentum betrachtet. Diese Minister­anklage hat ja auch einen Schuss Aktualität bekommen, denn es ist ja der Öbag-Chef, einer der besten Freunde unseres Finanzministers – der sich geweigert hat, seine Akten zu liefern – zurückgetreten. Das wird ja wohl nicht ohne Grund gewesen sein, dass Herr Schmid plötzlich mit sofortiger Wirkung zurückgetreten ist. Nur so eine Frage am Rande: Was ist denn eigentlich mit der Entourage, die er mitgenommen hat?

Meine Damen und Herren! Dieser Herr Schmid hat sich ja nicht allein an die Spitze der Öbag setzen können, da gab es ja ganz gewichtige Helfer in dieser Republik, da gab es ja Finanzminister Blümel, der ihm geschrieben hat: „Du bist Familie“ Selbstverständlich ist er da auch unterstützt worden. Auch das ist Sache des Finanzministers Blümel gewe­sen, daher hängen all diese Aussagen, all diese Situationen, all diese Vorgänge ja zu­sammen, das kann man ja nicht alles einzeln, nicht isoliert sehen. Angesichts dieser Chats, die sukzessive veröffentlicht werden, ist es auch nicht verwunderlich, dass Minister Blümel natürlich versucht hat, Akten eben nicht zu liefern.

Das Schlimme, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, ist aber, dass Sie ihm weiterhin die Mauer machen, obwohl in der Zwischenzeit bekannt ist, dass dieser Minister nicht mehr tragbar ist, dass dieser Minister das Recht einfach bricht und dass dieser Minister die Republik nicht ernst nimmt und damit auch die Bürger in diesem Land nicht ernst nimmt.

Da stelle ich mir langsam schon die Frage: Was versprechen Sie sich denn davon? Es ist unangenehm, darüber zu diskutieren, das verstehe ich – dann schauen Sie, dass er zurücktritt, denn dieser Rücktritt ist mehr als überfällig, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei. Sich aber in der Präsidiale hinzusetzen und zu sagen: Also wir machen jetzt eine Europaerklärung über die Zukunftskonferenz!, obwohl inhalt­lich noch überhaupt nichts da ist: Meine Damen und Herren, das ist ein billiger Geschäfts­ordnungstrick gewesen, den Sie da angewandt haben. Wir sind kompromissbereit und haben vorgeschlagen, die Europaerklärung später zu machen, denn die Bürger in die­sem Land haben Interesse daran, zu sehen, wie jetzt wirklich mit einem Minister, der tatsächliches Fehlverhalten an den Tag gelegt hat, umgegangen wird. Das ist das Recht der österreichischen Bevölkerung, das ist das Recht derer, die diesen Minister mit ihrem Steuergeld bezahlen – und das nicht zu knapp. Sie aber haben nichts anderes zu tun, als zu mauern, als den Minister sozusagen auf seinem Sessel sitzen zu lassen, dass er und seinesgleichen sich weiterhin die Taschen vollstopfen können.

Wissen Sie, meine Damen und Herren, das ist das Grundübel in dieser Republik, das ist das Grundübel dieser Österreichischen Volkspartei, es gibt für Sie nur Familie, Pöbel, Tiere, nebenbei gibt es möglicherweise dann auch noch Frauen (Zwischenruf des Abg. Wöginger), aber solche, die dann auch noch steuerbar für delikate Dinge sind. Das ist das Hauptproblem, das sind die Kategorien, in denen Sie denken. Wenn dann einer aufgeblattelt wird und wenn einer so viel im Unrecht ist, dann versuchen Sie das zuzudecken, anstatt dass Sie offensiv damit umgehen und auch die Konsequenzen zie­hen. Das würde ich mir erwarten, das braucht es nämlich, es braucht nämlich die politi­sche Hygiene.

Wir sind der Meinung, dass muss vorher verhandelt werden, weil die Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf haben, zu erfahren, was alles passiert ist, weil die Bürgerinnen und Bürger auch ein Recht haben, zu sehen, wie Sie da mauern. Sie wissen ganz genau, je später der Nachmittag, umso weniger Fernsehzuseher gibt es, da auch ORF 2 dann nicht mehr überträgt, meine Damen und Herren. Es hat auch nichts genützt, dass Prä­sident Sobotka den Versuch gestartet hat, uns zu erklären: Na ja, also nach 13 Uhr gibt es viel mehr Zuseher, da sind die Quoten viel höher! – Wenn das so wäre und Ihnen die EU-Erklärung so wichtig ist (Zwischenruf bei der ÖVP), warum machen wir dann nicht die EU-Erklärung nach 13 Uhr, meine Damen und Herren? Das wäre es gewesen, also das ist ein Widerspruch in sich. (Abg. Wöginger: Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen!) – Wissen Sie, Herr Kollege Wöginger, wenn Sie von der Lüge sprechen, dann wäre ich ganz (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), ganz vorsichtig. Das ist in der ÖVP beheimatet, da wird gelogen, dass sich die Balken biegen. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)