18.12

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nun sehr viel über diese Themen diskutiert, und ich habe ja auch mehrfach betont, dass es da wirklich um gesellschaftspolitische Fragen und um sensible Themen geht, bei denen man sich durchaus Zeit nehmen darf, darüber zu diskutieren.

Wir sind 71 Abgeordnete bei der ÖVP – der eine oder andere mag Ihnen sympathischer oder unsympathischer sein, das sei Ihnen unbenommen, man darf aber nicht vergessen, dass diese 71 Abgeordneten für 1 789 417 Wählerinnen und Wähler stehen. Ich glaube, es ist legitim, dass wir als größte Fraktion in diesem Haus und als die einzig wahre Volkspartei, die alle Breiten und Regionen dieses Landes abdeckt, festhalten, dass es unterschiedliche Lebensrealitäten gibt. Ich habe das Gefühl, wir diskutieren manchmal so, als gäbe es nur die eigene Realität des Abgeordneten und als wäre alles andere irgendwie unvorstellbar und schlimm.

Diesen Zugang habe ich nicht. Ich bin der Meinung, wir in diesem Haus haben die Ver­antwortung, all die unterschiedlichen Lebensrealitäten unter einen Hut zu bringen, um möglichst für alle gute Entscheidungen zu treffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Im Grundsatzprogramm der ÖVP steht: Wie Menschen ihr Leben gestalten und welche Lebensentwürfe sie verfolgen, liegt in ihrer freien Entscheidung.“ Daraus abgeleitet sage ich auch, es hat sich nicht nur ein Homosexueller/eine Homosexuelle Respekt verdient, es hat sich genauso ein gläubiger Katholik, jemand, der ein anderes Lebensmodell hat, etwas anderes als richtig empfindet, diese Akzeptanz verdient. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich habe diese Debatten immer auch ein bisschen als ein Gegeneinan­deraus­spielen empfunden. Ich bin der Meinung, jede Lebensrealität soll eine Berechtigung haben. Jeder soll leben können, wie er möchte; und das sollte man nicht nur für sich selbst in Anspruch nehmen, sondern man sollte respektieren, wenn andere Lebens­entwürfe haben, und diese genauso respektvoll behandeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Als größte Fraktion in diesem Haus haben wir nicht nur quasi das Abbilden von vielen Lebensrealitäten als Aufgabe, wir haben auch die Verantwortung, Lösungen für Prob­leme zu finden, und genau das tun wir heute. Erstens nehmen wir uns dem Thema des Schutzes von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Behandlungen an den Geschlechtsmerkmalen an. Das Thema wurde lange diskutiert, und ich bin sehr, sehr froh, dass wir heute einstimmig – alle Fraktionen – einen Beschluss fassen und bei diesem Thema endlich weiterkommen.

Das zweite Problem, das wir heute lösen möchten, sind die Konversionstherapien. Wir haben es schon angesprochen: Therapien und alles, was damit zu tun hat, Seelsorge und persönliche Gespräche, sind ganz, ganz sensible Dinge. Ich glaube, wir haben nun einen guten Arbeitsauftrag für eine Regierungsvorlage formuliert, in dem genau das drinsteht, was wir möchten, und der vor allem noch weiter geht als der Ursprungsantrag von Kollegen Shetty, weil wir nicht nur die Ausübung, sondern auch die Durchführung, Bewerbung und Vermittlung von Maßnahmen und Techniken, die das Ziel einer Umpo­lung haben, berücksichtigen. Wir beschränken uns auch nicht nur auf Minderjährige, sondern wir haben wie in Deutschland auch Volljährige, deren Einwilligung auf Willens­mangel beruht, mitberücksichtigt. Ich glaube, wir haben uns da wirklich auf eine gute Lösung verständigt, und ich glaube, Politik mit der geballten Faust ist nicht so gut wie Politik mit der geöffneten Hand. Es hat sich schließlich wieder herausgestellt, dass man so zu besseren Lösungen kommt. Genau deswegen werden wir auch diesen Antrag heute einstimmig beschließen, und das ist sehr, sehr gut so. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es wurde von verschiedenen Stellen auch immer wieder thematisiert, dass es halt nicht überall so einen schon sehr guten Schutz für die LGBTIQ-Community gibt wie in Öster­reich. Schauen wir zum Beispiel nach Ungarn: Dort ist am 15.6. ein Gesetz beschlossen worden, das unserer Meinung nach nicht dem entspricht, wie wir glauben, dass man mit dieser Gruppe umgehen sollte, und zwar wurden Homosexuelle mit Pädophilen gleich­gesetzt. Ich glaube, dieses Gesellschaftsbild haben wir schon lange hinter uns, und deswegen bringe ich heute folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nico Marchetti, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz der LGBTIQ-Rechte in Europa“

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­natio­nale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung sowie die Bundes­ministerin für Justiz werden aufgefordert, sich auf europäischer und bilateraler Ebene für den Schutz und die Verbesserung der Situation von LGBTIQ-Personen in Europa einzusetzen, sowie im Sinne des österreichischen Engagements für Menschenrechte diese Frage auf europäischer Ebene, in den bilateralen Beziehungen [...] zu thema­tisieren.“

*****

Vielen Dank auch, liebe Ministerin Edtstadler, dass Sie vorhin schon persönlich zuge­sichert haben, dass Sie das auch entsprechend engagiert tun werden.

In diesem Sinne ist es vielleicht ein gutes Vorbild dafür, dass man, wenn man redet, zusammenkommt und sich nicht stets gegenseitig bloßstellen muss, damit man glaubt, irgendwelche Punkte zu machen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben den letzten Satz im Ent­schließungsantrag nicht ganz vorgelesen. Damit er ordnungsgemäß eingebracht ist, würde ich Sie bitten, den letzten Satz noch einmal zu wiederholen.

Abgeordneter Nico Marchetti (fortsetzend): Das möchte ich gleich beheben, und zwar:

„Schutz und die Verbesserung der Situation von LGBTIQ-Personen in Europa einzu­setzen, sowie im Sinne des österreichischen Engagements für Menschenrechte diese Frage auf europäischer Ebene, in den bilateralen Beziehungen und in anderen rele­vanten multilateralen Foren zu thematisieren.“

Ich hoffe, das war korrekt – und nun wirklich: Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nico Marchetti, Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Schutz der LGBTIQ-Rechte in Europa

eingebracht im Zuge der Debatte in der 111. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1600/A(E) der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konversionstherapien stoppen - einstimmigen Entschließungsantrag aus 2019 endlich umsetzen (898 d.B.)- TOP 17 ,

Gerade im Juni wird im Zuge des „Pride Month“ auf die weltweit gestiegene Diskriminie­rung, Ungleichbehandlung und Gewalt gegenüber der LGBTIQ-Community aufmerksam gemacht. Ziel ist es, die Rechte von homo-, bi-, transsexuellen und intergeschlechtlichen Personen europaweit zu schützen, gerade angesichts der weiterhin bestehenden Un­gleichbehandlungen in zahlreichen Regionen. So wurde beispielsweise am 15.6. vom ungarischen Parlament eine Verschärfung der Strafbestimmungen des Pädophilie-Gesetzes verabschiedet und dabei auch mit Bestimmungen zu Homosexualität ver­knüpft. Klar ist dabei, dass Kinder und Jugendliche vor sexuellen Übergriffen unbedingt geschützt werden müssen. Zugleich muss auch ein wertschätzender Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in der Erziehung sichergestellt werden. Die Devise muss dabei lauten altersgerechte Informationen anstatt eines Verbots von Aufklärung.

Diskriminierende Tendenzen sind jedenfalls entschieden zurückzuweisen und ein Ein­satz, sowohl auch bilateraler, europäischer wie auch internationaler Ebene für den Schutz der Rechte der LGTBIQ-Community dringend erforderlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­nationale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung sowie die Bun­desministerin für Justiz werden aufgefordert, sich auf europäischer und bilateraler Ebene für den Schutz und die Verbesserung der Situation von LGBTIQ-Personen in Europa einzusetzen, sowie im Sinne des österreichischen Engagements für Menschenrechte diese Frage auf europäischer Ebene, in den bilateralen Beziehungen und in anderen relevanten multilateralen Foren zu thematisieren.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Damit kann ich ihn als ordnungsgemäß eingebracht bewer­ten. Er ist auch ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.