23.20

Volksanwalt Werner Amon, MBA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolle­gen! Meine sehr geehrten Abgeordneten! Der vorliegende Bericht ist wahrscheinlich der umfassendste Bericht, den die Volksanwaltschaft jemals vorgelegt hat. Zum ersten Mal – Kollege Achitz hat darauf verwiesen, und es wurde in der Debatte vielfach ange­sprochen – umfasst er drei Bände. Wir haben lange diskutiert, wie wir mit der Pandemie umgehen sollen – im Hinblick darauf, dass das Hohe Haus sehr rasch einen Bericht über die Maßnahmen, die gesetzt worden sind, erhält – und haben uns eben auf einen dritten Band verständigt, der natürlich einerseits zum Teil die nachprüfende Kontrolle im Zusammenhang mit der Pandemie widerspiegelt, aber auch die präventiven Teile mitumfassen kann, aber sozusagen ein gesammeltes Werk im Hinblick auf die Maß­nahmen während der Pandemie ist, die natürlich auch die Volksanwaltschaft vor besondere Herausforderungen gestellt hat.

Ich möchte schon darauf verweisen, dass es, denke ich, ein gutes Zeichen ist, dass wir etwa 18 000 Beschwerden in diesem Jahr 2020 erhalten haben. Jetzt ist das nicht der Schenkelklopfer für den einen oder anderen, dass er meint, da sei besonders schlecht gearbeitet worden, sondern ich meine es etwa in der Hinsicht: Obwohl wir Schwierig­kei­ten hatten, die Sprechtage aufrechtzuerhalten, obwohl es teilweise nicht die Möglichkeit gab, dass Bürgerinnen und Bürger in die Volksanwaltschaft kommen konnten, konnten wir eine Niederschwelligkeit aufrechterhalten, und es haben sich eigentlich mehr Bür­gerinnen und Bürger als je zuvor mit ihren Sorgen an die Volksanwaltschaft gewandt. Ich denke, das ist auch ein wichtiges und ein richtiges Signal betreffend den Umgang in dieser nicht ganz einfachen Situation gewesen.

Ich möchte mich dafür bedanken, dass wir zwei Tage lang Gelegenheit hatten, im Volksanwaltschaftsausschuss die Berichte umfassend zu diskutieren, dass das Hohe Haus sich sehr intensiv mit diesen Berichten auseinandergesetzt hat.

In meinem Geschäftsbereich wurden von den in der Volksanwaltschaft insgesamt – Kollege Achitz hat darauf verwiesen – 8 777 Prüfverfahren 2 616 durchgeführt, also in etwa 30 Prozent. Davon entfielen 1 221 auf den Justizbereich, das ist ein Plus von etwa 10 Prozent.

Ich möchte ausdrücklich betonen – ich glaube, Herr Abgeordneter Lausch hat es ange­sprochen –, dass das Mehr an Beschwerden in der Justiz nicht der Pandemie geschuldet war. (Abg. Lausch nickt.) Es ist in der Tat so – wie Sie es auch ausgeführt haben –, dass die Generaldirektion für den Strafvollzug aus unserer Sicht durch ein rasches Reagieren sehr, sehr gute Arbeit geleistet hat, aber dass wir insgesamt im Strafvollzug, insbesondere aber im Maßnahmenvollzug, zunehmend eine dramatische Situation haben.

Die Beschwerden kommen natürlich nicht nur von Insassen, sie kommen auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Strafvollzug, weil halt die Zustände bei Weitem nicht mehr so sind, wie sie sein sollten. Zum Teil sind die Zustände auch menschenunwürdig, das möchte ich sehr klar sagen. Wir haben Überbelegungen, wir haben zum Teil baulich dramatische Situationen in Justizanstalten und wir haben, insbesondere was den Maßnahmenvollzug anlangt, eine Situation, die eigentlich nicht mehr haltbar ist. Wir haben in den letzten fünf Jahren ein Plus von 60 Prozent, von etwa 1 300 Personen, die im Maßnahmenvollzug sind, und das ist ein Zustand, der schon zu hinterfragen ist, insbesondere wenn man nur eine einzige Anstalt, nämlich Asten, hat, die für den Maßnahmenvollzug geeignet ist.

Wir begrüßen ausdrücklich die Reformvorschläge, die von der Bundesregierung gemacht worden sind, aber wir sind da bei Weitem nicht am Ende der Fahnenstange, auch das möchte ich sagen. Es sind auch nicht alle Vorschläge aufgegriffen worden, die wir eigentlich seit vielen Jahren in unseren Berichten haben.

Ich möchte ganz kurz etwas zur Statistik sagen. In meinem Geschäftsbereich oder ins­gesamt sind 20,6 Prozent der Prüfungen im Bereich der Justiz, 4,4 Prozent im Bereich der Finanzverwaltung, 0,8 Prozent im Bereich des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, 0,6 Prozent im Bereich der Landesverteidigung, und 2 840 Prüfverfahren hatten wir in der Landes- und Gemeindeverwaltung, und dort hat eigentlich jede fünfte Beschwerde mit dem Baurecht und der Raumordnung zu tun. Auch da sind die Landesgesetzgeber aufgerufen, darüber nachzudenken, ob die Vor­schriften, die wir da haben, zum Teil nicht allesamt schon viel zu komplex, viel zu komp­liziert sind, als dass oft kleine Gemeinden – Bürgermeister Erstinstanz als Baubehörde – dem gewachsen sind. Es liegen Überforderungen vor, das stellen wir fest. Wir arbeiten auch sehr eng mit dem Gemeindebund zusammen, um dort Schulungen, Vortragsreihen zu ermöglichen, um Fehler künftig möglichst zu vermeiden.

Im Bereich der Finanzverwaltung möchte ich schon sagen, dass wir im Hinblick auf die Erreichbarkeit der zuständigen Sachbearbeiter zunehmend Beschwerden erhalten. Diese Erreichbarkeit sei nicht mehr gegeben, sei sehr schwierig, die Hotlines seien überlastet. Ich glaube, da muss man etwas tun, um die Finanzverwaltung weiterhin bürgerfreundlich zu gestalten.

Last, not least möchte ich einen Punkt ansprechen, der uns sehr am Herzen gelegen ist, weil wir im Zuge der Covid-Maßnahmen auch erlebt haben, dass Pflegerinnen und Pfleger, die aus dem Ausland zu uns kommen, die hier einen Arbeitsplatz haben, die hier Sozialversicherungsbeiträge zahlen, die hier Steuern zahlen, eine Zeit lang nicht einreisen konnten und die finanziellen Entschädigungen sozusagen deshalb nicht gewährt werden konnten, weil sie kein österreichisches Bankkonto hatten. Diese Fälle konnten rasch gelöst werden.

Ich bin froh, dass es in weiten Teilen der österreichischen Verwaltung eine positive Fehlerkultur gibt – in der Hinsicht, dass Fehler, wenn sie vorliegen, auch korrigiert werden, dass die Dinge eben wieder gerichtet werden. Es ist gut, dass das passiert. Natürlich gibt es auch ein paar Fälle, die uns länger begleiten, weil man sich schwerer tut, mit den Fehlern umzugehen, aber wir sind da hartnäckig und lassen nicht nach.

Alles in allem möchte auch ich mich für die positiven Wortspenden bedanken, die man eins zu eins an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – nur ein kleiner Teil ist heute mit uns hier im Haus – in der Volksanwaltschaft weitergeben kann. Es sind großartige Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter, die mit großem Engagement und unglaublicher Sachkunde ans Werk gehen, sehr objektiv arbeiten. Ich glaube, das Parlament kann sich glücklich schätzen, dass es eine Einrichtung wie die Volksanwaltschaft mit so tollen Mitarbeiterin­nen und Mitarbeitern hat. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

23.28

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Volksanwalt Walter Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.