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Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Dieses Haus hat in der Tat mehrere Aufgaben, im Wesentlichen drei: Das eine ist die Gesetzgebung – das wird wohl nur gemeinsam gehen –, das Zweite ist die Budgethoheit – das geht auch nur gemein­sam; ohne unsere Hilfe hätte es ja 2020 kein funktionierendes Budget gegeben (Beifall bei der SPÖ – Ah-Rufe bei der ÖVP) –, und das Dritte ist die Kontrolle, die in Wahrheit auch nur gemeinsam geht. (Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Wieso Sie sich dieser Kontrolle entziehen und damit diese Kontrolle sabotieren, das müssen Sie erklären, das muss nicht ich erklären. Die Kontrolle der Regierung gehört zu den Kernaufgaben dieses Parlaments, und Sie wollen verhindern, dass diese Kontrolle stattfindet, in der Vergangenheit, in der Gegenwart und offenbar auch in der Zukunft.

Ich sage: Da gibt es einfache Präzedenzfälle. Das ist nicht das erste Mal, dass eine Einsetzungsminderheit sagt: Wir wollen einen Untersuchungsausschuss verlängern und hier im Plenum einen Antrag stellen.  Das ist beim Hypo-Untersuchungsausschuss im Jahr 2016 passiert. Damals hat die Einsetzungsminderheit – das waren übrigens damals die Grünen und die Freiheitlichen – den Antrag hier eingebracht, und sie haben gesagt: Wir sind noch nicht fertig mit unserem Untersuchungsausschuss!

Ganz ehrlich: Ich war damals Regierungsabgeordneter, der Fraktionsführer der SPÖ in diesem Ausschuss. Ich wäre in 100 Jahren nicht auf die Idee gekommen, zu sagen: Na, ihr könnt ihn ja noch einmal einsetzen und die eineinhalb Millionen Seiten Akten schred­dern und dann ein halbes Jahr später wieder anliefern lassen! – Nicht im Traum wäre ich auf diese Idee gekommen. (Rufe bei der ÖVP: Nein!)

Was haben wir stattdessen gemacht? – Wir haben natürlich der Verlängerung zuge­stimmt, denn wenn der Untersuchungsausschuss mit seiner Arbeit nicht fertig ist, dann ist es einfach pragmatisch das einzig Richtige, zu sagen: Dann soll er noch drei Monate Zeit haben, das zu tun! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Damals gab es nicht das Problem, dass eine Regierungspartei von Tag eins an versucht hat, diesen Untersuchungsausschuss zu boykottieren, indem sie zum Beispiel die Akten nicht liefert. Ich hab heute schon öfters aufgezählt, wie oft die Akten angefordert wurden, wie oft Minister Blümel, wie oft Bundeskanzler Kurz diese Aktenanforderungen negiert haben und explizit nicht geliefert haben. Der Verfassungsgerichtshof hat am 3. März erkannt, dass Minister Blümel verpflichtet ist, diese Akten und Unterlagen zu liefern, und er hat sie trotzdem nicht geliefert. Erst als der Bundespräsident am 5. Mai aufgefordert wurde, die Exekution zu führen, hat er geliefert, und noch immer nicht vollständig.

Es ist ja heute Kollege Gerstl hier herausgegangen und hat eine tatsächliche Berich­ti­gung gemacht, hat gemeint, Finanzminister Blümel habe in der Zwischenzeit alles ge­liefert. Ich habe einen Brief hier, der heute gekommen ist (ein Schriftstück in die Höhe haltend), betreffend ein Schreiben von mir vom 9. Juni, in dem wir den Minister darauf aufmerksam gemacht haben, dass noch immer nicht alle Unterlagen da sind. – Und siehe, was schreibt er uns? – Aufgrund eines Versehens wurden – und dann kommt eine Aufzählung von Akten und Unterlagen – irrtümlich nicht an den Untersuchungs­aus­schuss übermittelt. Gezeichnet: Wien, den 16. Juni. Für den Bundesminister für Finanzen. – Zitatende.

Er selber hat also heute zugegeben, dass er bis heute noch immer nicht alle Akten und Unterlagen geliefert hat, wozu ihn der Verfassungsgerichtshof verpflichtet hat. Ich habe bei einem Untersuchungsausschuss überhaupt noch nie eine derart destruktive Vorgangsweise einer Regierung oder eines Ministers erlebt wie da von Minister Blümel.

Die Frage ist: Wie gehen wir als Haus damit um? – Wir sagen: Wir sind noch nicht fertig. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Wir haben noch nicht einmal alle Akten und Unterlagen bekommen, obwohl der Verfassungsgerichtshof vor mehr als drei Monaten entschieden hat: Diese Akten und Unterlagen sind zu liefern! Der Minister gibt heute zu, er hat es bis heute nicht getan. Die Frage ist: Wie gehen wir mit dieser Kontrollaufgabe um, die wir alle gemeinsam haben? Sagen wir: Ja, der Untersuchungsausschuss soll bis Oktober fertig sein und soll dann seinen Bericht legen, oder kommen Sie mit Ihrem Schildbürgerstreich, wir sollen eineinhalb Millionen Akten schreddern und dann neu anfangen und neu um jeden Akt und jedes E-Mail und jede Unterlage kämpfen?

Ich richte einen Appell an alle hier im Haus: Die Aufgabe der Kontrolle hat nicht nur die Opposition, sondern die haben wir alle. Ihre Aufgabe ist es nicht, sie zu behindern, son­dern sie genauso zu fördern, wie wir das auch gemacht haben, als wir Regierungspartei waren. (Beifall bei SPÖ und NEOS, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Strache.)

Das betrifft vor allem die Grünen. Weil gerade die Fußballeuropameisterschaft läuft: Zum Fair Play gehört, dass es eine Nachspielzeit gibt, wenn eine Mannschaft Zeit schindet – und so wie die ÖVP hat noch nie jemand Zeit geschunden; das ist Fair Play. Die Frage ist: Sind die Grünen auch für Fair Play? (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abge­ordneten der FPÖ.)

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Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte.