0.16

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und liebe Zuseher! Das war schon interessant, Frau Kollegin Maurer, soeben haben Sie der SPÖ vorgeworfen, dass sie schon etwas ab­gedreht hat, und deswegen drehen Sie nun etwas ab. (Widerspruch bei ÖVP und Grü­nen.) Das würden die Leute nicht verstehen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Wenn Sie gleichzeitig sagen, dass die ÖVP die Koalition beenden würde, wenn Sie einer Verlängerung zustimmen würden, dann reden wir einmal von diesem Politikbegriff – Herr Fürlinger hat vom Politikbegriff gesprochen (Abg. Hörl: ... gesprochen!) –: Was ist das für ein Politikbegriff, wenn eine Partei in so einer schwierigen Lage, in der wir in Österreich sind, eine Regierungszusammenarbeit beenden würde, weil die Aufklärung über vergangene Untaten beendet werden soll? (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – Das ist eigent­lich ein sonderbarer Politikbegriff.

Im Übrigen, das wollte ich auch noch sagen: Es waren nicht die Grünen alleine, die für Minderheitsrechte aufgetreten sind (Ruf: Danke!), es waren auch die NEOS, es war die FPÖ (Abg. Michael Hammer: ... Die hat es noch gar nicht gegeben! Die hat es noch gar nicht gegeben! – Zwischenruf des Abg. Lausch), damit auch da die historische Wahrheit stimmt. (Zwischenruf der Abg. Maurer.)

Dann möchte ich noch etwas sagen. (Unruhe im Saal.)  Wenn nun wieder Ruhe ein­kehrt, Frau Präsidentin, würde ich gerne weiterreden. (Abg. Michael Hammer: ... immer schon ein schlechter Journalist gewesen! – Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Präsidentin Doris Bures: Ich würde nun ersuchen, die paar Minuten Aufmerksamkeit noch aufzubringen. Sie brauchen in gar keine Richtung deuten. Ich fordere alle auf, dem Redner nicht das Wort zu nehmen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Können wir die Nervosität wieder ein bisschen runterbringen?

Es ist für uns alle belastend, vieles von dem zu lesen, was wir lesen müssen (Zwi­schen­ruf des Abg. Hörl), aber ich habe das Gefühl, ein U-Ausschuss ist so etwas wie das Lymphsystem des Parlaments, das ist ein reinigender Vorgang. Und noch einmal: Es ist nicht lustig, das zu lesen, es ist auch nicht gut, dass die Leute das lesen müssen. Sie sollen aber wissen, was in diesem Land möglich war und hoffentlich nicht mehr möglich ist (Abg. Michael Hammer: OMV!): dass sich jemand seinen eigenen Posten aus­schreibt, dass man sich zusammentut und Überlegungen anstellt, wie man die Kirchen unter Druck setzen kann, damit sie nicht mehr gegen einen argumentieren. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Der Untersuchungsausschuss findet statt, damit man nicht wieder Abkommen schließt (Ruf bei der ÖVP: Zahlen Sie Kirchensteuer?), wie es die ÖVP und die FPÖ gemacht haben: zwei zu eins, meine Haberer, deine Haberer. Er findet statt, damit wir hoffentlich nicht mehr lesen, dass nur steuerbare Frauen eine Chance haben, in dem Land einen Job zu bekommen.

Das alles sind Dinge, die passiert sind. Ich glaube, wir sind überzeugt davon, dass wir das alles nicht wollen. Wir sind aber leider mitten in der Aufklärung, weil so viel Schreckliches passiert ist, und das muss weiter aufgeklärt werden. (Abg. Michael Hammer: Ein paar Sätze zu Ihrer ...!)

Nun weiß ich schon, meine lieben KollegInnen von der ÖVP, Sie haben gedacht, da war ein FPÖ-Chef in Ibiza und hat schreckliche Sachen gesagt – was ja stimmt. Da haben Sie gesagt: Ja, das müssen wir jetzt aufklären. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nur sind wir im Zuge der Aufklärung dann draufgekommen, dass sehr vieles, was in Ibiza ange­kündigt wurde, möglicherweise von ÖVPlern umgesetzt wurde. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das müssen wir nun im Detail aufklären, und das ist Ihnen unangenehm. Was machen Sie daher als Nächstes? – Als Nächstes radikalisieren Sie.

Da war einmal das Wort von Watergate. (Ruf bei der ÖVP: Was haben Sie ... OMV ...? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Hören Sie zu! Bei Watergate war ich zwar ein bisschen betroffen, ich habe mir aber gedacht: Na ja, das ist halt eine wenig gebildete Mannschaft, die wissen nicht, was in Watergate passiert ist. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Na, hören Sie zu! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Der Redner verlässt das Rednerpult und holt eine DVD von seinem Platz. – Rufe bei der ÖVP: Oh, das Buch! Oh, oh!) – So, jetzt haben sie sich beruhigt. Am Ende von Watergate ist der Präsident zurückgetreten, das haben Sie inzwischen verstanden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dann ist aber noch etwas viel Schlimmeres gekommen, nämlich das Wort, das man uns vorgeworfen hat: Stasimethoden. Gut, jetzt sind ein paar junge Leute hier, die vielleicht nicht wissen, was die Stasi ist, und Herr Hanger weiß es auch nicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Stasi war eine - - (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Können Sie zuhören?! Ich weiß nicht, wie nervös die sind! Seien Sie einmal ganz ruhig! Ich erkläre Ihnen etwas, ich möchte Ihnen etwas erklären. (Abg. Michael Hammer: Das brauchst uns gar nicht erklären! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Stasi war eine Mord­brigade. Die haben Menschen gezielt umgebracht. Sie haben Menschen gezielt umge­bracht, und ich hoffe, das werfen Sie niemandem vor.

Weil es ein bisschen spät ist und Sie es mit dem Lesen nicht so haben, habe ich ein Video (die DVD „Das Leben der Anderen“ in die Höhe haltend) mitgebracht. Schauen Sie sich dieses Video eines österreichischen Regisseurs, Henckel von Donnersmarck, „Das Leben der Anderen“, an, da merkt man nämlich auch, wie viel Gemeinheit in dieser - - (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Präsidentin Doris Bures: Ich würde jetzt wirklich ersuchen, den Lärmpegel zu senken (Zwischenrufe bei der ÖVP) und Herrn Abgeordneten Brandstätter, dem ich das Wort erteilt habe, die Möglichkeit zu geben, seine Ausführungen zu Ende zu führen. (Anhal­tende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie können dann durch das Abstimmungsverhalten ohnedies wieder deutlich machen, wofür Sie sind, jetzt aber ist Herr Abgeordneter Brandstätter am Wort. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Lausch: Was seid ihr so nervös?)

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Nehmen Sie also bitte das Wort Stasi zurück. Sie war nicht nur eine Mordbrigade; was sie auch gemacht haben, ist, einzelne Menschen herauszunehmen, zu beschuldigen, bis hin zur Sippenhaftung. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß nicht, ob Ihnen das vertraut ist: bis hin zur Sippen­haftung! Das tut man nicht, hören Sie damit auf! (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Immer diese Schreierei!

Noch eines möchte ich sagen, weil es auch wichtig ist: Was mich auch sehr betroffen gemacht hat, ist, dass junge Leute, Kabinettsmitarbeiter, aufgetreten sind, die uns eine derartige Abwertung des Parlaments gezeigt haben (Zwischenruf des Abg. Hanger), die nicht gescheit zugehört haben, denen man angemerkt hat, dass sie gedacht haben: Was sind schon ein paar Parlamentarier? Lasst uns in Ruhe!

Einer davon hat dann leider den Fehler gemacht, falsch auszusagen. Na ja, jetzt ist er halt vor der Staatsanwaltschaft, muss dort erklären, warum er falsch ausgesagt hat. Das trifft auch den Herrn Bundeskanzler. (Ruf bei der ÖVP: Auftragsjournalist!) – Die, die Sie nicht dabei waren, können sich das gar nicht vorstellen. Herr Hanger war dabei. Es war eine ruhige Stimmung, ruhige Fragen, ruhige Antworten, und dann hat er die Unwahrheit gesagt. (Abg. Hanger: Das stimmt ja nicht!) Die Frage ist, ob der Vorsatz vorhanden ist. Dabei vertrauen wir der Justiz.

Sie vertrauen ja der Justiz nicht, das ist auch ein wesentlicher Unterschied. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Sie vertrauen der Justiz nicht, wir vertrauen der Justiz. Schauen wir, was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft macht, schauen wir, was die Gerichte machen, und dann können Sie weiter ganz ruhig sein.

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen nun den Schlusssatz formu­lieren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Wesentlich ist, dass noch so viel aufzuklären ist. Deswegen möchte ich Ihnen keine Hoffnung machen. Sie können den Ausschuss jetzt abdrehen.

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist ausgeschöpft.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.23