18.08

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Eineinhalb Jahre Ausnahmezustand liegen hinter uns: Ausnahmezustand für alle Lebensbereiche, Ausnahmezustand für die Gesellschaft, für uns als soziale Wesen, Ausnahmezustand natürlich auch für Kunst und Kultur, mit Aufgaben, die uns an und über die Grenzen gebracht haben, uns selbst auch.

Ich erinnere mich an viele Videokonferenzen, an eine ganz besonders, in einem Lock­down im Winter, mit vielen Künstlerlinnen und Künstlern, die mir sehr lange, sehr ein­dringlich, dramatisch ihre Situation erzählt haben. Wenn man dann irgendwann um 23 Uhr die Kamera ausschaltet und allein im Büro sitzt, dann sind das auch persönlich sehr, sehr emotionelle Momente in diesem letzten Jahr gewesen. Meine Oma hat immer gesagt: Nichts ist so schlecht, dass es nicht auch für etwas gut ist. Irgendwie hat sie recht, ich habe zumindest zwei Dinge im Ausnahmezustand gefunden, die auch gut sind, es sind in Wirklichkeit aber beinharte Erkenntnisse.

In einem Ausnahmezustand erkennt man langfristige Probleme noch besser und in einem Ausnahmezustand erkennt man das Wesen seiner Mitmenschen, auch seiner politischen Mitbewerber, am allerallerbesten. Deshalb ist es auch für mich Zeit, am letzten Sitzungstag ein bisschen Resümee zu ziehen. Ich möchte mich zuerst bei allen in der Kunst und Kultur für die vielen konstruktiven Diskussionen, Gespräche per Mail, per Video, per Telefon bedanken.

Wir haben gemeinsam gearbeitet, diskutiert und auch gekämpft und verhandelt, damit es genügend Instrumente zur Unterstützung gibt, dass die Kultur auch bei den Öff­nungsschritten immer dabei war, dass die Budgets laufend aufgestockt worden sind. Das tun wir ja auch heute mit der Überbrückungsfinanzierung für die selbständigen Künst­lerinnen und Künstler.

Ein Resümee ist auch der Kunst- und Kulturbericht, den die Staatssekretärin gestern im Ministerrat vorgestellt hat. Es ist jedes Mal ein beeindruckender sehr detailreicher Be­richt. Insgesamt hat die Regierung im letzten Jahr über 1 Milliarde Euro in Kunst und Kultur investiert.

Ein Resümee ist aber auch, dass der Ausnahmezustand den Klimawandel beschleunigt hat, nämlich den politischen Klimawandel, die politische Kultur beeinflusst und verändert hat. Es war ein Jahr der Extreme, aber die Verrohung der politischen Sprache und die Mittel, mit denen in letzter Zeit Politik gemacht wird, schockieren nicht nur mich, sondern in Wirklichkeit die Menschen im ganzen Land. Das ist leider Gottes eine Unkultur geworden. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Umso mehr möchte ich aber ein positives Beispiel an politischer Kultur nennen, nämlich dich, lieber Sepp Schellhorn. Es ist wahnsinnig schade, dass du nicht mehr hier bist. Du weißt, ich schätze dich sehr. Es war jedes Mal großartig, mit dir zu diskutieren. Wir haben hart diskutiert. Ich habe den verbalen Schlagabtausch mit dir im Kulturausschuss geliebt. Er war immer respektvoll, es ging immer um die Sache. Du bist ein leidenschaftlicher Kämpfer. Du wirst auf jeden Fall im Kulturausschuss und sicher auch im Hohen Haus fehlen. Liebe Grüße an den Sepp! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Ein Resümee ist aber auch, dass wir neben der Krisenbewältigung parallel sozusagen auch reguläre Dinge, auch Langzeitthemen angegangen sind. Die Staatssekretärin war sehr aktiv – Stichworte: Fair Pay oder die zukünftige Finanzierung des Künstler-Sozial­versicherungsfonds. Minister Faßmann hat ein neues Gremium für musikalische Bildung im Bildungsministerium eingerichtet. Es sind also auch viele Dinge auf den Weg gebracht worden.

Ein Resümee ist auch, dass viel im Bereich Culture Tech passiert ist. Ich war letzte Woche bei einer Veranstaltung, bei der österreichische Start-ups ihre Kulturprojekte, Culture-Tech-Projekte vorgestellte haben. Es waren auch einige Leute aus dem Silicon Valley von Open Austria dabei, die mir drei sehr interessante Dinge berichtet haben.

Erstens ist Österreich im Silicon Valley im Bereich Culture Tech Vorreiter. Wir können also mehr, als wir oft glauben und uns zumuten. Zweitens haben sie mir erzählt, dass Konzerne wie Google massenweise Künstler anstellen und engagieren, weil sie diese nämlich brauchen, um ihre Produkte zu gestalten, zu kreieren und überhaupt die Digi­talisierung zu gestalten. Damit sind wir schon bei meinem Lieblingsthema: Wir brauchen unbedingt eine starke kulturelle Bildung in der Schule.

Der dritte Punkt war der Begriff digitaler Humanismus. Wir brauchen in der Digitalisierung natürlich rechtliche Rahmen, Fragen, Normen, Standards, aber auch ethische Prinzipien für neue Technologien. Wir müssen auch ernst nehmen, dass es in der Bevölkerung teilweise Zukunftsängste vor dieser fortschreitenden Digitalisierung gibt.

Jetzt wünsche ich aber Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und auch Ihnen, sehr geehrte Zuseher, im Sommer hoffentlich einen Ausnahmezustand des Glücks, gefüllt mit menschlichen Begegnungen, mit Umarmungen, vor allem mit Kunst und Kultur; und das möglichst analog. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.13

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.