12.49

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ja, auch ich stehe natürlich nicht an und möchte hier mein Mitgefühl mit den Opfern des Hochwassers zum Ausdruck bringen, und natürlich möchte ich auch den Opfern der Naturkatastrophe viel Kraft wünschen, vor allem auch deshalb viel Kraft wünschen, weil der Herr Finanzminister ja gerade wieder eine Drohung ausgestoßen hat, indem er rasche Hilfe versprochen hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das kennen wir vom Herrn Finanzminister. Wir haben eine Coronakrise hinter uns, und was hat er gemacht? Er ist hergegangen und hat das über die Wirtschaftskammer geschleust. Da warten heute noch sehr, sehr viele Leute auf das Geld, das ihnen aufgrund der Coronakrise zusteht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Die Nervosität bei Ihnen da drüben gibt mir recht. (Beifall bei der FPÖ.)

Also, Herr Bundesminister Blümel, wenn Sie helfen wollen, dann helfen Sie wirklich und machen Sie nicht wieder irgendwelche Taschenspielertricks!

Kollege Hanger ist gleich der Nächste im Reigen der ÖVP, der hier schon wieder Dinge gesagt hat, die ich interessant finde. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Kollege Hanger – jetzt kann ich es dir auch selbst ausrichten –, du stellst dich ernsthaft hierher und sprichst davon, dass man Persönlichkeitsrechte wahren und wertschätzen soll. Kollege Hanger, ich habe gesehen, was du letzte Woche gemeinsam mit deinen Freunden von der ÖVP gemacht hast, als es um Gesundheitsdaten von Abgeordneten hier im Haus gegangen ist, und wie ihr mit Persönlichkeitsrechten umgeht, liebe Kameraden von der ÖVP. (Leb­hafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das wirft ein Bild auf euch, mit dem ihr leben müsst, nicht wir! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Du hättest nur anrufen müssen! – Wei­tere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt aber zurück zur Sache – gackern Sie später weiter, Klubobmann Wöginger; Sie können sich dann zu Wort melden, gackern Sie dann herum (Abg. Wöginger: Du hättest nur anrufen müssen, mehr hätt’ ich gar nicht gewollt!); hören Sie jetzt einmal zu, was ich zu sagen habe! –: Es geht um einen Vorgang, der einmalig in der Geschichte der Zwei­ten Republik ist – Kollege Krainer hat es vorhin bereits erwähnt –, es geht darum, dass es einen Finanzminister gibt, der einfach Regeln missachtet, der Gesetze missachtet (Zwischenrufe bei der ÖVP und Gegenruf des Abg. Lausch), der Akten nicht liefert, der es darauf ankommen lässt, dass man beim Verfassungsgerichtshof einen Exekutionsan­trag einbringen muss, der schlussendlich dann vom Herrn Bundespräsidenten auch durchzusetzen gewesen wäre.

Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Haus! Das ist eigentlich ein Grund, der meiner Ansicht nach dafür ausreichen würde, dass man den Herrn Finanzminister zum Rücktritt auffordert und dass dieser Antrag hier auch durchgeht, wenn er Gesetze bricht, wenn er Akten nicht liefert, wenn es einen Exekutionsauftrag durch den Herrn Bundes­präsidenten braucht – aber nein, es ist nichts dergleichen passiert. Es ist Rechtsbeugung passiert, es ist mit dem Parlament Katz und Maus gespielt worden. Und eines wissen wir von Ihren Mitarbeitern, die Sie zu schützen vorgeben, auch, Herr Bundesminister – Sie haben nur sich selbst und Ihre Freunde von der ÖVP geschützt, sonst niemanden –: Wir wissen von Ihren Mitarbeitern aus dem Finanzministerium, dass diese Akten, die Sie uns dann schlussendlich, wie es Kollege Krainer ja gesagt hat, klassifiziert in Stufe 3 einfach mutwillig vor die Tür geschmissen haben, längst im Finanzministerium gestan­den sind, dass diese Akten längst aufbereitet waren und dass diese Akten in irgendei­nem Keller bei Ihnen im Ministerium verwahrt worden sind – wobei Sie wussten, dass sie geliefert werden müssen. Sie wollten nur abwarten, um zu sehen: Wie weit geht die Opposition, um dieses Recht auch durchzusetzen? Sie haben geschaut, was geht, Herr Finanzminister – und das ist der Grund, warum Sie heute neuerlich mit einem Misstrau­ensantrag – auch von uns – konfrontiert worden sind.

Und ja, man muss in diesem Zusammenhang aber auch hinterfragen, was die Rolle des Bundespräsidenten in dieser Sache war. Der Herr Bundespräsident hat am 6. Mai den Auftrag erhalten, bei Ihnen Exekution zu führen, Herr Finanzminister, und er hat es nicht getan. Er hat sich dazu entschlossen, Sie mit einem Du-du zu versehen und zu sagen: Geh, bitte, lieber Gernot, liefere doch die Akten!, und so weiter und so fort – und dann haben Sie sie uns vor die Tür geschmissen, das stimmt. Sie haben uns diese Akten aber – und, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist der Punkt – so vor die Tür gegeben, dass sie in Stufe 3 klassifiziert waren, weil Sie gesagt haben, Sie müssen Ge­sundheitsdaten Ihrer Mitarbeiter schützen. Ich glaube nach wie vor, dass Sie ganz ab­sichtlich Akten beigelegt haben, in denen es um Gesundheitsinformationen gegangen ist – und damit haben Sie nicht Ihre Mitarbeiter, sondern einmal mehr sich selbst ge­schützt, Herr Finanzminister. Sie haben uns eineinhalb Fußballplätze voller Akten vor die Tür gehaut, und Sie haben ganz genau gewusst, wir können sie als Akten der Stufe 3 nicht elektronisch untersuchen, wir können sie nicht entsprechend bearbeiten. Das heißt, das Ziel war Verschleierung.

Erst wenige Tage vor dem Ende des Untersuchungsausschusses haben wir uns neuer­lich an den Herrn Bundespräsidenten gewendet und haben ihm gesagt, er soll doch bitte trotzdem von seinem Recht, Exekution zu führen, Gebrauch machen. Es gibt da nämlich Postfächer von sehr, sehr wichtigen Mitarbeitern in Ihrem Ministerium, die erstaunlich wenig zu Tage gefördert haben, Postfächer von Mitarbeitern, die erstaunlich wenig E-Mail-Verkehre gehabt haben. Also das war doch nicht nachvollziehbar, Sie haben uns da ein X für ein U vorgemacht.

Nun gut, der Herr Bundespräsident hat dann doch noch den Weg zum Landesgericht für Strafsachen gefunden, hat diese Exekution durchsetzen lassen. Was haben wir da dann in wenigen Tagen bemerkt? – Ja, natürlich gibt es sehr viel mehr Akten, als Sie uns am Anfang haben zukommen lassen! Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch beim Landesgericht für Strafsachen bedanken, weil man dort in wenigen Tagen gezeigt hat, wozu ein Gericht fähig ist, wie schnell man Akten richtig verifizieren kann, wie schnell man schauen kann, ob da alles passt oder nicht, ob alles geliefert worden ist oder nicht. Das haben Sie mit Ihrem Ministerium nicht zustande gebracht, Herr Bundesminister!

Verstecken Sie sich nicht wieder hinter den armen Mitarbeitern, sondern geben Sie doch zu, dass es Ihr Auftrag war, uns nicht alles auszuhändigen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was aber war jetzt die Rolle des Herrn Bundespräsidenten? Das würde mich schon in­teressieren. Wie gesagt, er hat jetzt sozusagen im letzten Abdruck vor dem Untersu­chungsausschuss noch dafür gesorgt, dass diese Akten exekutiert werden, aber er hat auch dafür gesorgt, dass wir keine Auskunftspersonen mehr dazu befragen können. Für mich stellt sich daher schon die Frage: Was hat der Bundespräsident seit dem 6. Mai, seit dem Exekutionsantrag, der durchgegangen ist, beruflich gemacht, und warum hat er Ihnen, Herr Bundesminister, dabei geholfen, das zu tun, was Sie getan haben, nämlich alles zu verschleiern, was aus dem Finanzministerium kommt?

Wenn er gleich agiert hätte, wenn die Exekution gleich stattgefunden hätte oder durch­geführt worden wäre, dann hätte man immerhin noch 27 Personen befragen können – wir hätten noch entsprechend viele Ausschusstage gehabt, nämlich neun, also alles das wäre möglich gewesen. Dass er das Ganze erst letzte Woche hat durchgehen lassen, erzeugt für mich schon das Bild, dass die Grünen nicht nur im Parlament gekauft worden sind, sondern dass auch die Spitze des Staates mittlerweile im Gleichklang mit der ÖVP funktioniert und der ÖVP auch dabei hilft, das Recht zu beugen oder auch das Recht zu brechen.

Da stellt man sich natürlich die Frage: Was hat der Herr Bundespräsident davon, wenn er das tut? – Diese Frage hat uns Herr Sobotka, der hinter mir sitzt, vor wenigen Tagen beantwortet. (Rufe bei der FPÖ: Genau!) Am 11.7. hat Herr Sobotka der Tageszeitung „Heute“ gesagt, dass er jetzt darauf verzichten wird, für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren, und er hat eine eindeutige Wahlempfehlung für Herrn Van der Bellen abgegeben, falls dieser noch einmal antreten würde. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hörl und Wurm.) Also man sieht hier schon ganz eindeutig, das ist der Preis, den halt die ÖVP jetzt zum Schutz von Herrn Blümel, der eigentlich schon längst hätte zurück­treten sollen, zahlt (Abg. Hörl: ... Fantasien!): Van der Bellen darf weiter in der Hofburg sitzen (Präsident Sobotka schlägt die Hände zusammen – Heiterkeit des Abg. Wurm) und dort hin und wieder auch beruflich tätig sein – meistens tut er es eh nicht –, und auf der anderen Seite darf Frau Maurer, die ansonsten nur irgendwelche E-Mails beantwor­tet, noch ein paar NGOs mit Geld füttern (Heiterkeit der Abg. Maurer), das sie von der ÖVP rübergesteckt kriegt. Und dann wird man den Grünen vielleicht auch noch ein Kli­mapaket versprechen, aber Ihnen sage ich es, Frau Maurer: Mit gekreuzten Fingern kommt dieses Klimapaket auf Sie zu, denn die ÖVP denkt nicht einmal daran, dass sie Ihnen das durchgehen lässt, was Sie da jetzt alles fordern – was im Prinzip das einzige positive Asset der ÖVP ist (Abg. Wöginger: Na da schau her! Ich habe mir gedacht, es gibt gar nichts Positives!), weil selbst die ÖVP kapiert hat, dass das die Republik end­gültig ruinieren würde. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber zurück zum Untersuchungsausschuss: Was haben wir jetzt in diesen Akten gese­hen? Kollege Hanger hat gesagt, es ist nichts Neues gekommen. – Na ja, Moment: Wenn man sich anschaut, wie Sie zugunsten Ihrer Parteispender die Stiftungen hätten umbauen wollen, dann würde ich doch sagen: Nicht unspannend, was Sie da geplant gehabt haben! Wenn man sieht, dass es da Eingaben von der Erste Bank und von der Raiffeisen gegeben hat – ich glaube, die sind bei Ihnen auch nicht ganz schlecht im Kurs –, dann ist es schon nicht unspannend. Wenn man sich anschaut, wie das Projekt Edelstein dann doch hätte umgesetzt werden sollen, so sind auch das Dinge, die man berücksichtigen muss. Steuergeschenke an Ihre Spender und vieles mehr – all das wä­ren genug Gründe gewesen, um diesen Untersuchungsausschuss natürlich noch die restlichen drei Monate fortzuführen und sich anzuschauen, was da alles Sache ist.

Vielleicht noch ein Punkt, der mich in den letzten Tagen schon – neuerlich – sehr be­stürzt hat, ist die Art und Weise, wie Sie mit Herrn Benko zusammengearbeitet haben beziehungsweise zumindest welche Vorwürfe es diesbezüglich gibt. Es gibt da zwei we­sentliche Deals, die Herr Benko mit Zutun der ÖVP auf jeden Fall gut über die Bühne gebracht hat. Das eine ist der Kika-Leiner-Deal, und das andere ist der Sparkassen-Deal. Beide Deals haben auf jeden Fall einer Hilfe der ÖVP bedurft. Sie wissen, auf der einen Seite hat es eine Grundbucheintragung gegeben, die zwischen Weihnachten und Silvester stattgefunden hat – ich wage zu bezweifeln, dass Otto Normalverbraucher in Österreich das jemals über die Bühne bekäme –, und zum Zweiten gibt es jetzt zumin­dest den Vorwurf – ich weiß, es gibt diesbezüglich auch einen Widerspruch, aber es gibt den Vorwurf –, dass man über das Bundesrechenzentrum eingegriffen und versucht ha­be, einen Insolvenzantrag zu verzögern, damit Herr Benko bessere Verhandlungschan­cen hat. Egal, ob die Sache jetzt stimmt oder nicht (Abg. Schmuckenschlager: Das ist bei euch immer egal, ob es stimmt oder nicht!), wir wissen auf jeden Fall eines: dass zumindest in Ihren ÖVP-Chats darüber diskutiert worden ist – vom Berg Athos aus, lesen Sie es einmal durch! –, dass es zumindest diese Möglichkeit gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich wäre genau das – und dann bräuchten Sie, Kollege Schmuckenschlager, nicht hereinzuschreien (Abg. Schmuckenschlager: ... egal, ob es stimmt oder nicht!) – einer der Punkte, die im Untersuchungsausschuss geklärt gehören: ob es da einen Eingriff ins BRZ gegeben hat oder nicht.

Jetzt noch ein Punkt, weil ich vorhin vom Projekt Edelstein gesprochen habe: Genau das BRZ war ein Teil dieses Projekts Edelstein, in dem man es privatisieren wollte. Wenn Sie die Wissensdatenbank, die wichtigsten abgespeicherten Dinge der Republik und die Kommunikation der Republik privatisieren wollten, um sie dann schlussendlich gänzlich der parlamentarischen Kontrolle zu entziehen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, dann wäre das natürlich für uns ein Grund, in diesem Untersuchungsaus­schuss entsprechend weiter zu forschen, ob es tatsächlich so war oder nicht.

Eines ist auch klar, und damit müssen Sie sich auch auseinandersetzen: Diese beiden Deals, Sparkasse und Leiner, bei denen Sie Herrn Benko geholfen haben, haben eine Aufwertung seines Assets zumindest in einer Höhe gebracht, die in etwa jenem Beitrag entspricht, mit dem er dann bei der „Kronen Zeitung“ eingesprungen ist. (Abg. Hörl: Ihre Fantasie müsste man haben!)

Ihnen (in Richtung ÖVP) rate ich jetzt noch eines, damit Sie sich über den Sommer auch mit etwas Schriftlichem auseinandersetzen können, ich rate Ihnen: Lesen Sie sich einmal den einen oder anderen Bericht in einer deutschen Wirtschaftszeitung durch, in dem drinnen steht, dass Herr Benko im Verdacht steht, ein ähnliches Modell zu betreiben wie die Firma Wirecard! Da geht es nur um eine Kreislaufwirtschaft. Wenn Sie nicht regel­mäßig schauen würden, dass er seine Assets mit derartigen Deals aufwerten kann, dann wäre er vielleicht schon in einer ähnlichen Situation wie Herr Braun und Herr Marsalek und so weiter und so fort. Also all das sind Dinge, die wir uns anschauen müssen - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte kommen Sie zum Schluss, Sie haben die 10 Mi­nuten schon überschritten.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (fortsetzend): - -, all das sind Dinge, die wir in den nächsten Untersuchungsausschuss hineintragen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. „Venceremos“ von der ÖVP war gestern, morgen gibt es Transpa­renz und Vertrauen in Verfassung und Recht! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordne­ten Krainer und Matznetter. – Abg. Hörl: ... Lügendetektor!)

12.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Kopf zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Jetzt kommt die Kam­mer-Rechtfertigung!)