13.01

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Kommen wir wieder zum Thema zurück, zum Untersuchungsausschuss und zur Aktenlieferung. Im Vorfeld solch einer Rede – Sie werden es nicht anders machen als ich – überlegt man sich ja immer, was die Kollegen und Kolleginnen der anderen Fraktionen so sagen werden.

Bei der ÖVP ist es, wenn es um den Untersuchungsausschuss geht, immer ganz beson­ders leicht. Es kommt: Skandalisierung!, es kommt: Unterstellung!, es kommt: Persön­lichkeitsrechte!, Reformbedarf!, und, und, und, und. Im Übrigen ist es genauso leicht, eine Liste der Dinge aufzustellen, die Sie bestimmt nicht sagen werden, nämlich egal was im Untersuchungsausschuss passiert oder ansteht – seien es heimliche Privatisie­rungen, ein selbstgebastelter Öbag-Job, wenn einem Kirchenvertreter „Vollgas“ gege­ben werden soll, wenn die Österreicherinnen und Österreicher als „Pöbel“ bezeichnet werden oder wenn hochrangige Beamtinnen und Beamte des Finanzministeriums bei einer Party Passanten mit Gläsern bewerfen; und das bitte auf Kosten des EU-Budgets! (Abg. Hörl: ... ÖVPler, oder was?!) –: Nichts davon findet bei Ihnen in Ihren zahlreichen Pressekonferenzen Erwähnung, von einer Entschuldigung wollen wir gar nicht erst re­den. Das finde ich, ehrlich gesagt, sehr, sehr schade, denn ein Untersuchungsausschuss ist immer auch ein politischer Selbstreinigungsprozess, und meiner Meinung nach würde es Ihnen gut anstehen, sich mit diesen Erkenntnissen und Enthüllungen selbstkritisch auseinanderzusetzen. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Dieser Untersuchungsausschuss hat eine Fülle an Belegen zutage gefördert, sodass einfach nicht mehr wegzudiskutieren ist, dass unter Türkis-Blau ein politisches System geherrscht hat, das eher auf die Bedürfnisse der wohlhabenden Freunde und Spender ausgerichtet war und wenig auf die Bedürfnisse der Bevölkerung. Nehmen Sie nur die zuletzt bekannt gewordenen Enthüllungen bezüglich der Stiftungen her: Die Unterlagen zeigen ganz klar, dass reiche Stiftungsprofiteure noch reicher gemacht werden sollten, und damit man die Treffsicherheit für sein Steuergeschenk auch garantieren kann, wurde sogar das Who’s who der superreichen Stifter ins Finanzministerium eingeladen.

Kollege Hanger – Sie sind jetzt nicht da –, weil Sie das vorhin alles in Abrede gestellt haben, sage ich: Dieses Spenderfrühstück gab es, das war keine Fata Morgana, und da frage ich mich schon, welche Bürgerinnen und Bürger so ein Privileg genießen, dass sie geradezu eine Wunschliste für eine Besteuerung abgeben dürfen.

Ich finde es auch bei den Stiftungen geradezu typisch, wie Sie mit diesen Themen um­gehen, wie Sie auf solche Themen reagieren. Meistens sagen Sie – und tun es damit ab –, dass man nur irgendwie irgendwo laut nachgedacht hat. Das haben wir nicht nur bei den Stiftungen gehört, das haben wir bei der Operation Edelstein gehört, bei der es darum gegangen ist, dass die sensibelsten Daten der Republik an die teilprivate Post hätten verkauft werden sollen, oder beim Verscherbeln von öffentlichen Wohnungen – immer kam dieses Argument: Nein, darüber haben wir nur nachgedacht!

Tatsächlich waren das aber Pläne, das haben all diese Beispiele gemein! Sie wollten heimlich, still und leise diese Pläne umsetzen. Nichts davon stand jemals in einem Re­gierungsprogramm, nichts davon haben Sie einmal in einer der etlichen Pressekonferen­zen präsentiert, aber dank des Ibiza-Ausschusses weiß die Bevölkerung jetzt, was Sa­che ist, denn so eine Politik der intransparenten Heimlichtuerei ist schlichtweg abzuleh­nen. (Beifall bei den Grünen.)

Auch zu Ihrer Art und Weise, heute insgesamt mit der Debatte um die Causa Akten umzugehen, sagen wir so: Man hat irgendwie das Gefühl, Sie fühlen sich ungerecht und unfair behandelt. Das alles ist irgendwie ein blöder Zufall der Geschichte oder eine An­einanderreihung von Gemeinheiten. – Ja, ich möchte tatsächlich nicht sagen, das klingt wehleidig, aber niemand hat Sie gezwungen, so zu agieren, wie Sie agiert haben. Sie haben sich zwischen zwei Wegen entscheiden können: dem Weg, die Aufklärung zu unterstützen, oder dem Weg, ihr Steine in den Weg zu legen. – Sie haben sich dazu entschieden, ihr ganze Brocken in den Weg zu werfen, und diese Brocken hat die Op­position in langwieriger Arbeit unter Zuhilfenahme des Verfassungsgerichtshofes und des Bundespräsidenten wieder aus dem Weg geräumt.

Ist Ihnen das Verfahren lästig, Herr Finanzminister? – Ja, das glaube ich Ihnen sogar, aber das haben Sie alleine, Sie selbst zu verantworten. Niemand hat Sie dazu ge­zwungen, sich auf ein Muskelspiel mit dem Verfassungsgerichtshof einzulassen. (Zwi­schenruf des Abg. Brandweiner.) Im Übrigen war das nicht die Idee Ihrer Mitarbeiter im BMF, sondern allein die Ihrige. Dass Sie jetzt beklagen, dass das alles sehr viel Arbeit ist, finde ich ehrlich gesagt unpassend. Sie hätten es deutlich einfacher haben können, indem Sie einfach das hätten tun können, was jeder andere auch tut, nämlich das, was der Verfassungsgerichtshof sagt, auch umzusetzen. Niemand steht über dem Gesetz, und das bekommen Sie jetzt zu spüren. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Bernhard und Krisper.)

Dass das alles möglich ist, auch das ist mir heute noch sehr wichtig zu erwähnen. Ich bin jedenfalls froh, dass es diese Exekution gegeben hat. Ich glaube, auch viele Öster­reichinnen und Österreicher sind froh, dass es diese Exekution gegeben hat, weil uns das ermöglicht, ein noch klareres und deutlicheres Bild davon zu zeichnen, welches poli­tische System unter Türkis-Blau geherrscht hat.

Dass das möglich ist, ist vor allem den Kollegen Krainer und Krisper zu verdanken; ihr hattet damit eine Heidenarbeit! Wenn man das immer so lapidar abtut, von wegen An­zeigenfabrik und, und, und, entgegne ich: Das bindet ganz im Gegenteil wahnsinnig viel an Ressourcen! Ich möchte euch recht herzlich danken, und ich bin froh, dass am Ende des Tages die Kontrolle und die Aufklärung gewonnen haben. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Fiedler.)

Ich bin im Übrigen auch davon überzeugt, dass die Erkenntnisse dieses Untersuchungs­ausschusses die österreichische Politik noch lange begleiten werden, sei es in der Ge­setzgebung, wenn es darum geht, neue Schlüsse zu ziehen, sei es bei den strafrechtli­chen Ermittlungen oder sei es bei einem etwaigen neuen Ausschuss. Diesen neuen Ausschuss – Kollege Scherak wird den Ball jetzt sicher gleich aufnehmen – können Sie als Oppositionsminderheit jederzeit wieder einberufen. Der nächstmögliche Termin ist der 23. September, weil dieser Untersuchungsausschuss am 22. endet. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Ich glaube, die Erkenntnisse, die wir jetzt haben, würden allemal eine Möglichkeit bieten, einen solchen nochmals neu einzusetzen, aber das liegt schlussendlich in Ihrer Hand. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn es einen neuen gäbe. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Krisper.)

13.08

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sche­rak. – Bitte.