11.09

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Bundesregierungsmitglieder! Wir diskutieren den Bundes­rechnungsabschluss, wie ihn die Frau Präsidentin des Rechnungshofes präsentiert hat, und gleichzeitig werfen wir mit der Budgetrede des Finanzministers den Blick ins kom­mende Jahr. Meine Fraktion kritisiert seit Jahren die fehlende Zukunftsfähigkeit des Budgets.

Budgetsprecherin Karin Doppelbauer hat letztes Jahr treffend gesagt: Dem Budget feh­len smarte Investitionen, vernünftige Entlastungen sowie Transparenz und Kontrolle. Es fehlen Zukunftsstrategien und innovative Ansätze, wie wir es auch noch in zehn Jahren schaffen können, in einem wohlhabenden Land zu leben. – Wenn wir die Empfehlungen des Rechnungshofes anschauen, dann sehen wir, dass es genau darum geht: Es geht um Effizienz in der Verwaltung, um zukunftsgerichtete Reformen im Sinne der Genera­tionengerechtigkeit, darum, langfristig gedacht endlich eine enkelfähige Politik zu ma­chen, um Transparenz in den Budgets und konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele. – Und Sie sagen: Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit!

Aufschwung also aus dem Loch, in das Sie uns hinuntermanövriert haben, denn in ganz wenigen Ländern war die Rezession so stark wie bei uns – weil Sie das schlecht ge­macht haben. Stabilität finde ich eine mutige Ansage von dieser Chaosregierung, wie wir sie in den letzten Wochen erlebt haben. Ich glaube nicht, dass das Ausland, das jetzt angeblich auf dieses Budget schaut, als ersten Gedanken Stabilität hat, wenn es auf Österreich schaut. (Beifall bei den NEOS.)

Und Nachhaltigkeit? – Ja, Nachhaltigkeit beim kontinuierlichen Schuldenschreiben! Sie haben zwar in Ihrer Budgetrede vorgelesen: „in Wachstumsphasen permanent Schulden zu machen, ist Bequemlichkeit zulasten der [...] Steuerzahler“. – Bei diesem Satz gebe ich Ihnen recht, aber das, was Sie tun, ist ja genau, in einer Wachstumsphase permanent weiter Schulden zu machen. Sowohl das Maastrichtdefizit wie auch das gesamtstaatli­che Defizit werden nämlich weiter – in unterschiedlicher Höhe, aber doch – fortgeschrie­ben, und 2025 ist ein „Nulldefizit möglich“, sagen Sie – ja, möglich, aber nicht einmal geplant.

Sie verlassen sich wieder einmal darauf, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mit ihrem persönlichen Einsatz, mit ihrem Engagement, mit ihrer Tatkraft so viel Steu­ergeld in die Kassen spülen, dass es sich für Sie irgendwie ausgeht, und Sie bedanken sich in Ihrer Rede bei den Bürgermeistern, nicht aber bei den Steuerzahlern, die Ihnen Ihre Geschenke, die Sie großzügig über verschiedene Gruppen verteilen, überhaupt erst ermöglichen. (Beifall bei den NEOS.)

Eines muss man schon einmal schaffen: Sie gehen her und erzählen von 20 Millionen Euro da und 60 Millionen Euro dort, lassen sich für dieses und jenes applaudieren, reden aber mit keinem einzigen Wort über den größten Posten im gesamten Budget. 23 Mil­liarden Euro – mehr als ein Viertel – gehen in den Pensionen auf. Das erwähnen Sie mit keinem Wort. Wenn Sie in den Bundesrechnungsabschluss schauen und aufsummieren, wie die Pensionslasten bis zum Jahr 2050 ausschauen, dann sehen Sie: Es fehlen 1 310 Milliarden Euro – 1 310 Milliarden Euro! – bei den Pensionen –, und Sie machen da ein bisschen Milliönchenbrösel!

Nun, nach 1,5 Jahren Pandemie müsste eigentlich die türkis-grüne Regierung zeigen, dass es einen Neustart gibt, dass man den Mut hat, die Kreativität und die Schaffenskraft der Menschen einmal zu entfesseln. Sie aber geben stattdessen Almosen, großzügig, gutsherrenartig, es wird gegeben – das passt auch zu einem adligen Bundeskanzler: Wir geben den Untertanen ein bisschen etwas.

Was es aber brauchen würde, wäre eine umfassende Entlastung mit einer Deregulierung und Entbürokratisierung. Wenn man sich die jungen Menschen anschaut, die sich etwas erarbeiten wollen, eine eigene Wohnung haben wollen, dann merkt man, dass dieses Ziel in immer weitere Ferne rückt, weil zwar minimale Steuerentlastungen daherkom­men, aber das, was am Schluss von der eigenen Schaffenskraft in der Tasche bleibt, immer weniger wird. Es fehlt die Entlastung des Mittelstandes, und die kalte Progression muss endlich abgeschafft werden. Da kommen Sie mit leichtem Hinunterschrauben von einzelnen Steuersätzen niemals hin! Es wird den Menschen mehr aus der Tasche gezogen. (Beifall bei den NEOS.) Das ist eigentlich Wegelagerei und nicht Politik.

Wo bleibt die Entlastung der Unternehmerinnen und Unternehmer? Wo bleibt die Entlas­tung der Klein- und Mittelbetriebe? Was diese bräuchten, wäre eine Senkung der Lohn­nebenkosten. Auch die Betriebe brauchen das Ende der kalten Progression, denn sie wollen ja, dass es ihren Mitarbeitern gut geht, sie wollen, dass ihre Mitarbeiter mehr verdienen, dass ihre Mitarbeiter mehr Netto vom Brutto haben, weil die Mitarbeiter immer noch zu viel kosten und zu wenig verdienen.

Wenn man sich die Aktenaffäre ansieht, dann weiß man eigentlich, was das türkise Sys­tem kaputt gemacht hat: Die kalte Progression könnte schon weg sein, wenn man Kern und Mitterlehner hätte arbeiten lassen. Wir hätten 1,2 Milliarden Euro für Nachmittagsbe­treuung, damit dadurch, dass die Kinder gut betreut sind, mehr Leute arbeiten gehen können – dann hätten sie auch mehr Wohlstand. Ihnen aber ging es in Ihrer Zukunfts­vergessenheit mehr um die Macht, denn zukunftsvergessen und machtversessen gehen in diesem türkisen System Hand in Hand.

Kollege Fuchs hat es schon angesprochen: Sie senken unterjährig zwei Steuersätze in der Lohn- und Einkommensteuer. Also wie das gehen soll, weiß wahrscheinlich in Ihrem eigenen Ministerium keiner, denn das Finanzamt kann gar nicht wissen, in welchem Mo­nat jemand wie viel verdient hat. Da müsste ein Einkommensteuerpflichtiger unterjährig eine Bilanz machen, und die Unternehmen müssten für jeden Mitarbeiter mit Ende Juni einen Jahreslohnzettel übermitteln. Ich kann Ihnen als Finanzminister eine wichtige In­formation geben: Das Steuerjahr ist immer das Kalenderjahr. Sie können daher nicht unterjährig einen Einkommensteuersatz senken!

Nun, Rechnungshofpräsidentin Kraker hat auch konsequente Maßnahmen zur Errei­chung der Klimaziele eingemahnt. Davon sind wir weit entfernt. Mit einem CO2-Preis von 30 Euro erreichen Sie keinen Lenkungseffekt. Mich irritiert auch das Gegeneinanderaus­spielen von Bund und Land. Ein gezieltes Anti-Wien-System aufzubauen ist auch der­maßen lächerlich und politisch so durchschaubar, dass man sich eigentlich genieren müsste. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine echte Ökologisierung des Steuersystems würde der Umweltverschmutzung einen fairen Preis geben und nicht einen Pseudopreis. Es würde die Menschen auf der an­deren Seite entlasten, nämlich bei der Erwerbstätigkeit, bei den Steuern. Dazu fehlt Ihnen der Mut. Zukunftsvergessenheit und Machtversessenheit – das steht für Sie im Vordergrund. Was Österreich jetzt aber braucht, wäre ein Neustart, um Österreich die Flügel zu heben. (Beifall bei den NEOS.)

11.16

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. – Bitte.