12.35

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Rechnungshofpräsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ja, 1,2 Milliarden Euro für Kinderbetreuung sind halt auch nicht im Budget abgebildet. Das macht es natürlich auch ein bisschen schwierig. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Herr und Matznetter.)

Kommen wir zur nächsten tibetanischen Gebetsmühle! Was sind tibetanische Gebets­mühlen? – Das sind diese Walzen, die auch leseunkundigen Menschen die Möglichkeit geben sollen, ein positives Karma zu erhalten. Meine Gebetsmühle ist: runter mit diesen irrwitzig hohen Ausgaben für Inserate, rauf mit der Presseförderung! Ich kann Ihnen dafür nicht nur ein positives Karma versprechen, sondern auch eine offene, liberale De­mokratie, informierte Bürgerinnen und Bürger, eine vierte Säule, die nicht bröckelt, und Journalistinnen und Journalisten, die ihren Job machen können.

Gehen wir also im Schnelldurchlauf die wichtigsten medienpolitischen Baustellen durch, die wichtigsten Gebetsmühlen! Der erste Punkt ist die „Wiener Zeitung“. Wo bleiben weiterführende Überlegungen zur Zukunft der „Wiener Zeitung“? Ende 2022 fällt ja die Pflichtveröffentlichung für Unternehmen, und das ist auch gut so. Jeder Euro, den Un­ternehmen nicht in die Zwangsveröffentlichung von Bilanzen und Jahresabschlüssen stecken müssen, ist ein Euro, der in Innovation und Arbeitsplätze fließen kann, aber der Wegfall dieser Haupteinnahmequelle der „Wiener Zeitung“ darf nicht darin münden, dass sie geschlossen wird. Diese Zeitung hat eine ernst zu nehmende Debatte verdient, sie hat einen Gedanken darüber, wie ihre Zukunft aussehen kann, verdient. Dass man bis jetzt nicht darüber gesprochen hat, kann vielleicht auch damit zusammenhängen, dass das türkise System noch keinen Hebel gefunden hat, wie man denn in der „Wiener Zeitung“ einen Mehrwert für den persönlichen Nutzen, für die eigene Karriere findet.

Zwei weitere zentrale Forderungen, die auch 2018 bei der Medienenquete schon als To-dos, als Prioritäten rausgekippt sind – damals, als Sie, Herr Finanzminister, als für Me­dien zuständiger Minister auch noch ein echtes Anliegen gehabt haben –, sind die ORF-Gremienreform und die Presseförderung.

Zum ORF: Die Gremienreform ist immer noch eine Randnotiz. Es gibt immer noch keinen mehrköpfigen Vorstand. Stattdessen will der ORF eine 8-prozentige Erhöhung seiner Gebühren, will oder kann aber kein Konzept dazu vorlegen, wo er denn eigentlich Geld einspart, was die Strategie ist, worin er dieses Geld investieren möchte und wie es seinem eigentlichen Auftrag zugutekommt, nämlich Public Value zu produzieren, also gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Das ist nur eine der vielen ORF-Baustellen. Die Liste reicht da vom Betrieb des Newsrooms über die längst fälligen Digitalisierungs- und Positionierungskonzepte und den Generationenwechsel bei den Mitarbeitern bis zum Ankommen im Streamingzeitalter.

Der nächste Punkt ist die Presseförderung, besser bekannt als Inseratenkorruption. Kollege Sebastian Kurz hat ja die vielen Inserate während der Pandemie als Hilfe für in Not geratene Medien bezeichnet und damit auch einmal mehr sein Verständnis von Me­dienförderung skizziert, nämlich Inserate, Inserate, Inserate und damit Abhängigkeiten, Medienmacher zu Bittstellern zu degradieren und Einfluss und Gefälligkeitsjournalismus zu erwirken. Auch 2018 in der Medienenquete wurde eine Neuaufstellung der Pres­seförderung formuliert, die nur in eine Handlung münden kann: runter mit den Insera­tenmillionen, rauf mit der Presseförderung!

Ein letzter Punkt in der sehr langen Liste: Transparenz – let’s put Transparenz into Me­dientransparenzgesetz! Ein Beispiel von vielen: Die Wirtschaftskammer ist der dritt­größte Werber Österreichs. Das wird Sie vielleicht überraschen. Diese 70-fach verzet­telte Organisation mit Länderkammern, Sparten, Fachgruppen und Fachverbänden ist ein Moloch, der 2020 knapp 17 Millionen Euro für Werbung ausgegeben hat. Das he­rauszufinden ist mühsame Handarbeit. Da habe ich mich gestern Nacht hingesetzt und eine Stricherlliste geführt. Man kann es Bürgerinnen und Bürgern nicht zumuten, dass sie auf diese Art und Weise, in Nachtarbeit, herausfinden müssen, wofür unser Steuer­geld ausgegeben wird.

Gestern hat Bundeskanzler Schallenberg gesagt: Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Schritte! – Dem kann ich nur zustimmen. Wir können also in dieser außergewöhnlichen Zeit daran anknüpfen und die Situation nützen, damit wir mit allem gebotenen Ernst die Forderungen aus der Medienenquete 2018 endlich umsetzen, und ich rufe deshalb auch all meine Kollegen in den Fraktionen, alle Mediensprecherinnen und Mediensprecher dazu auf, gemeinsam mit den Stakeholdern, mit Medienmachern, mit Standesvertretern, mit Vereinen wie dem Presseclub Concordia, mit Kontrollinstan­zen wie dem Presserat endlich für ein neues System zu sorgen, ein neues System der Finanzierung zu finden und endlich über die Rampe zu bringen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.40

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Kollross. – Bitte.