12.59

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir haben nun eine sehr lange Debatte über den Rechnungsabschluss 2020 gehört. Von vielen Rednern vor mir wurde richtiger­weise die Coronakrise als das maßgebliche Ereignis benannt, welches den Budgethaus­halt natürlich massiv durcheinandergeworfen hat. Sehen wir uns aber die Zahlen doch einmal tatsächlich aus gesundheitspolitischer Sicht an! Es freut mich, dass nun auch wieder so viele Kolleginnen und Kollegen da sind, um sich diese Ausführungen anzuhö­ren. (Abg. Obernosterer: ... abstimmen! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die Bundesregierung hat es im Jahr 2020 zusammengebracht, im Bundeshaushalt circa 30 Prozent mehr Geld auszugeben, als eingenommen wurde. Auf Bundesebene wurde ein Gesamtdefizit von 22,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. Wie viel, glauben Sie, ist da­von tatsächlich in den Gesundheitsbereich geflossen? – 610 Millionen Euro, keine 3 Pro­zent, sind tatsächlich in den Gesundheitssektor geflossen, um damit die Krise zu bewäl­tigen. Wofür wurden diese 610 Millionen Euro ausgegeben? – Die wurden großteils für die überteuerte und verspätete Anschaffung von Schutzausrüstung – in den meisten Fällen ohne jegliche ordentliche Ausschreibung – und für PCR-Testungen, die vielfach nicht zielgerichtet eingesetzt wurden und ebenfalls überteuert gekauft wurden, ausge­geben.

Wurden zusätzliche Behandlungskapazitäten geschaffen? Wurden die Pfleger im inten­sivmedizinischen Bereich besser entlohnt? – Nein, Fehlanzeige. Nichts dergleichen ist erfolgt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn das Budget die in Zahlen gegos­sene Politik ist, dann müssen wir uns anhand dieser Zahlen auch anschauen, welcher Erfolg mit diesem Budget bewerkstelligt wurde. In einigen Medienhäusern liegt schon ein Rohbericht des Rechnungshofes vor, der das Krisenmanagement der Bundesregie­rung im Jahr 2020 und auch den Gesundheitsbereich analysiert hat. Ich erzähle Ih­nen, was da zur Gesundheitsversorgung der Österreicherinnen und Österreicher im Jahr 2020 drinsteht:

Da steht drin, dass es im Jahr 2020 um 6,55 Millionen weniger Arzt-Patienten-Kontakte gegeben hat. Da steht drin, dass es im Jahr 2020 um 135 000 weniger Vorsorgeun­tersuchungen gegeben hat. Da steht drin, dass es in den österreichischen Spitälern in den Ambulanzen um 3,8 Millionen weniger ambulante Behandlungen gegeben hat. Da steht drin, dass es in den österreichischen Spitälern um 1,8 Millionen weniger Belegs­tage auf den Normalstationen gegeben hat. Die Überlastung der Intensivstationen wurde bereits thematisiert. In dem Bericht steht auch drin, dass es auf den österreichischen Intensivstationen 32 000 Belegstage weniger gegeben hat. Ja meine sehr geehrten Damen und Herren, inwiefern passt denn das zusammen? – Überhaupt nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Da wurde offensichtlich auf der komplett falschen Seite gespart und das Geld für Sachen ausgegeben, die überhaupt keinen Effekt zur Krisenbewältigung gehabt haben. Das Geld wurde nämlich dafür ausgegeben, die überschießenden, unverhältnismäßigen Maßnahmen der Bundesregierung zu kaschieren und zu korrigieren. Es wurde im Be­reich der Wirtschaft und der Ersatzzahlungen ausgegeben, anstatt diese Krise im Ge­sundheitsbereich ordentlich abzuarbeiten und zu bewältigen. Das ist die Wahrheit, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren, und es ist eine erschütternde Wahrheit. (Beifall bei der FPÖ.)

Wer nun glaubt, dass das Ganze 2021 mit den laufenden Budgets besser geworden ist, den muss ich enttäuschen. Im entscheidenden Bereich der Krankenanstaltenfinanzie­rung wurde das Budget um über 130 Millionen Euro gekürzt, nicht erhöht – darauf haben wir schon im Herbst 2020 hingewiesen. Auch für das kommende Budget 2022 ist dies­bezüglich gerade einmal eine natürliche Anhebung auf den Stand vor der Coronakrise vorgesehen, aber keine aktive Aufstockung der Kapazitäten, keine zusätzlichen Mittel für die Anschaffung von alternativen Medikamenten zur Covid-Therapie.

Nein, es sind 550 Millionen Euro zur weiteren Anschaffung von Impfstoffen vorgesehen, ohne dass dazugesagt wird, dass geplant ist, allein in den nächsten zwölf Monaten Impfstoffe im Wert von 100 Millionen Euro zu verschenken. Der Herr Gesundheitsminis­ter, der jetzt nicht mehr da ist, hat das auch in der letzten Sitzung des Gesundheitsaus­schusses bestätigt. Da frage ich mich: Bei uns fehlt in den Spitälern das Personal; da fehlt das Geld für eine anständige Entlohnung der intensivmedizinischen Pflege, der Ärz­te im Pflegebereich und jener im niedergelassenen Bereich sowieso – aber gleichzeitig werden einfach 100 Millionen Euro verschenkt, die bei uns selbst zur Krisenbewältigung für das eigene Gesundheitssystem notwendig gewesen wären?! Das ist doch eine Rie­sensauerei, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischen­ruf des Abg. Zarits.)

Es ist auch scheinheilig von jedem Abgeordneten der Regierungsfraktionen, der heute da sitzt und diese Schleife trägt. Zum Thema Brustkrebsvorsorge weiß man, dass die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen stark abgenommen hat und dass allein im Jahr 2020 aufgrund der mangelnden Vorsorgeuntersuchungen um 11 Prozent weniger Krebs­diagnosen als im Jahr davor gestellt wurden. Das sind allein im Jahr 2020 mehr als 550 nicht erkannte Krebserkrankungen. Die Bilanz im Jahr 2021 wird nicht viel besser sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Deshalb sage ich, die Bundesregierung wäre gut beraten, ihren Budgetentwurf noch einmal ordentlich zu überarbeiten, die Mittel für den tatsächlichen therapeutischen Be­reich und für die Gesundheitsversorgung im Allgemeinen massiv aufzustocken und auf­zuhören, mit beiden Händen Geld zu verteilen, das der österreichische Staat gar nicht mehr hat – stattdessen sollte sie über das Gesundheitssystem zielgerichtet in die Be­wältigung dieser Krise investieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.05

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie wissen, dass wir Ausdrücke wie „scheinheilig“ und „Sauerei“ an sich in Debatten nicht verwenden. Ich würde ersuchen, dass wir im weiteren Verlauf auf diese Ausdrücke verzichten – bei aller Emotion, die die eine oder andere Debatte auslöst. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.