13.32

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Geschätzte Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (In Richtung VertreterInnen der Pink-Ribbon-Aktion:) Geschätzte Kämpferinnen und Kämpfer auf der Galerie, herzlich willkommen auch von meiner Seite! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Ich möchte auf einen Aspekt vertieft eingehen, der für mich einen Grund darstellt, dass wir als sozial­demokratische Parlamentsfraktion dem vorliegenden Gesetzesantrag unsere Zustim­mung nicht erteilen können. Dieser Aspekt wird auf den ersten Blick im Vergleich zum Umfang des Gesetzes vielleicht als Kleinigkeit gesehen, es ist aber ein Aspekt, der sehr klar ans Tageslicht bringt, welchen Stellenwert die Bedürfnisse von Menschen mit Behin­derungen in dieser zerrütteten Regierung haben, denn was im neuen Telekommunika­tionsgesetz nur sehr stiefmütterlich behandelt wurde, ist eben die Umsetzung der EU-Richtlinie betreffend barrierefreie Kommunikation. Lediglich das Mindestmaß, lediglich das Plansoll wurde erfüllt, es wurde keinen Millimeter weiter gegangen.

Für die meisten Menschen ist der Zugang zu Kommunikations- und Informationssyste­men selbstverständlich, viele Menschen mit Seh- oder Hörbeeinträchtigungen sind aber davon ausgeschlossen. In Österreich leben rund 9 000 Gehörlose, weitere 450 000 Men­schen sind von einer Hörbeeinträchtigung betroffen. Das ist also keine kleine Gruppe. Jetzt legen Sie eine Neufassung des Telekommunikationsgesetzes vor, die es verab­säumt, alle Möglichkeiten moderner Kommunikation ausreichend auszuschöpfen, um schlichtweg mehr Sicherheit zu bieten. Das Thema Sicherheit ist Ihnen ja sonst sehr wichtig, aber meist nur, wenn es gegen jemanden geht, und nicht, wenn es darum geht, einer Gruppe, die ohnehin mit Benachteiligungen zu kämpfen hat, zu helfen.

Frau Ministerin! Warum wurde das nicht in vollem Umfang umgesetzt, nämlich mit allen Mitteln, welche die digitale Welt zu bieten hat, zum Beispiel das Relayservice, den Dol­metschdienst mit Videotelefonie? Da bin ich auf Ihre Erklärung schon sehr, sehr ge­spannt; die Verantwortung wieder auf die Bundesländer abzuschieben, das allein wäre mir als Erklärung zu wenig.

Gerade jetzt in der Coronakrise hat sich gezeigt, wie wichtig der Zugang zu barrierefreien Informationen für alle ist. Auch in der mit üppigsten Steuergeldern dotierten Regie­rungskommunikation finden barrierefreie Alternativen kaum Berücksichtigung. Erst die Interventionen einiger Behindertenverbände, nicht zuletzt aber auch unserer Parla­mentsfraktion, allen voran meiner Kollegin Verena Nussbaum – auch dir ein herzliches Dankeschön, dass du dich da an vorderster Front immer für diese Rechte starkmachst (Beifall bei der SPÖ) –, haben dafür gesorgt, dass zum Beispiel der Coronanotruf auch über barrierefreie Apps erreichbar ist.

Wenn man sich die barrierefreie App DEC112 ansieht – ich sage es auch für die Zu­seherinnen und Zuseher, weil sie doch noch sehr unzulänglich bekannt ist –: Lediglich rund 1 300 Menschen sind bei diesem Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, eine mo­derne, standardisierte und barrierefreie Infrastruktur für Notrufdienste zu entwickeln, re­gistriert. – In diesem Bereich sollte man die Bewusstseinsbildung und Informationsoffen­sive vorantreiben.

Sie sehen also, dass wirklich viel zu tun wäre. Ich bin mir sicher, wenn Sie sich in dieser wankenden Regierung nicht ständig mit Chatprotokollen, Anzeigen und Hausdurchsu­chungen beschäftigen müssten, hätten Sie genügend Energie und Muße, sich diesen wichtigen Details zu widmen. Genau diese wichtigen Details sind eben ausschlaggebend dafür, ob ein Gesetz als gelungen oder als unzureichend bewertet werden kann.

Dieses Telekommunikationsgesetz ist, so wie vieles in dieser Bundesregierung, einfach nicht zu Ende gedacht. Es braucht mehr Engagement für wesentliche Details, weniger Inszenierung auf Kosten der Steuerzahler und mehr Interesse daran, für die Menschen in Österreich zukunftsweisende Lösungen zu finden, die diesen Namen auch verdient haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmans­dorff. – Bitte.