17.33

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Das gibt mir gleich die Gelegenheit, darauf zu re­agieren: Ich habe nie erwähnt, dass der Druck auf Arbeitslose erhöht werden sollte – das habe ich so sicher nie gesagt. Was ich, glaube ich, damals gesagt habe, war, dass die möglichen Sanktionen wieder auf das Niveau gehoben und in der Verbindlichkeit so umgesetzt werden, wie das vor Corona der Fall war, weil sich der Arbeitsmarkt erholt hat. Und: Ich kenne Frau Beinschab nicht. Das erklärt, glaube ich, jetzt, was die Frage war. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scherak. – Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.) Solche Sachen kann man relativ rasch klären.

Ich komme zum Thema Arbeitsmarkt. Ich glaube, es ist wichtiger, über den Arbeitsmarkt zu sprechen. Wir haben mittlerweile eine Lage, die glücklicherweise um einiges besser ist als noch vor der Coronakrise. Wir haben Ende September/Anfang Oktober eine Ar­beitsmarktlage, die besser als in den letzten acht Jahren, bis 2013 zurückgehend, ist. Ich glaube, das ist für alle zumindest eine Gelegenheit, sich einigermaßen glücklich zu schätzen, dass das passiert ist, unabhängig davon, was man glaubt, wo das herkommt, ob das die Regierung war, ob das die wirtschaftliche Lage insgesamt betrifft, aber: Die Arbeitsmarktlage ist besser.

Wir haben natürlich im Herbst erste saisonale Effekte, das heißt, die Arbeitslosigkeit wird im Winter wieder steigen – das ist ganz normal. Wir müssen für die Gruppen, die am Arbeitsmarkt große Schwierigkeiten haben, weiter aktive Arbeitsmarktpolitik betreiben, die notwendig ist. Ich wiederhole das sehr, sehr gerne, weil immer wieder der Vorwurf kommt, dass die Bundesregierung keine aktive Arbeitsmarktpolitik betreibt – das stimmt so nicht –: Das Budget für die aktive Arbeitsmarktpolitik dieses Jahr und nächstes Jahr ist höher als je zuvor. Wir haben zwei große Programme, die Coronajoboffensive, bei der dieses Jahr weit über 400 Millionen Euro für Qualifizierungsmaßnahmen ausgege­ben wurden – da sage ich gleich mehr dazu –, und das Programm Sprungbrett, bei dem es auch um mehrere Hundert Millionen Euro zur Wiedereingliederung von Langzeitar­beitslosen geht.

Das ist, sage ich, eine ganz wichtige Maßnahme, weil es gerade bei der Langzeitarbeits­losigkeit natürlich noch eine etwas erhöhte Zahl im Vergleich zur Lage vor der Krise gibt. Allerdings ist auch diese zurückgegangen. Im April 2021, ungefähr vor einem hal­ben Jahr, war die Langzeitarbeitslosigkeit bei ungefähr 148 000. Wir stehen jetzt bei 120 000 Personen, die langzeitarbeitslos sind – die Zahl wurde schon genannt. Wir wer­den weiter versuchen, die Langzeitarbeitslosigkeit, so schnell es geht, unter das Vorkri­senniveau von ungefähr 100 000 Personen zu bringen.

Das ist keine einfache Aufgabe. Es gab viele Krisen, viele Rezessionen, die bei Weitem nicht so tief waren, als die Coronarezession war, und wir hatten danach in Österreich immer eine höhere Zahl von Langzeitarbeitslosen als davor über mehrere Jahre hinweg. Wenn uns das gelingt – und ich bin überzeugt davon, dass uns das gelingt, wenn es keinen Rückschlag bei der Pandemiebekämpfung gibt –, dann haben wir mehr erreicht als viele Regierungen vor uns. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben derzeit ungefähr 70 000 Personen in Schulungen. Das sind Schulungen von kurzen Schulungen bis hin zu langen Programmen im Rahmen des Fachkräftesti­pendiums, bei dem Pflegekräfte über ein Jahr lang und länger ausgebildet werden. 70 000 Personen: Das ist relativ viel, mehr als 2019 zum gleichen Zeitpunkt, um unge­fähr 5 000 mehr. Das zeigt auch, dass da mehr Mittel fließen.

Wir haben uns angeschaut, was denn mit diesen Menschen, die in der Coronajobof­fensive gefördert wurden, aufqualifiziert oder umqualifiziert wurden, passiert. Es sind bisher ungefähr 60 000 Personen, 100 000 bis Ende nächsten Jahres ist das Ziel. Von diesen 60 000 Personen, die bis vor drei Monaten eine Ausbildung absolviert haben, haben gut 30 000 Personen schon wieder einen Job gefunden – innerhalb von drei Mo­naten 50 Prozent ist auch eine sehr gute Quote. Die Maßnahmen wirken auch am Ar­beitsmarkt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Mir ist wichtig, noch kurz darauf einzugehen, was noch zu tun ist. Nachdem sich die Arbeitsmarktlage einigermaßen entspannt hat, geht es nun darum, sich Gedanken da­rüber zu machen, wie man Vermittlung und Arbeitslosenversicherung gestaltet, damit die Arbeitslosigkeit dauerhaft noch weiter zurückgeht. Wir haben eine Reformdiskussion zur Arbeitslosenversicherung neu initiiert. Ich freue mich sehr, dass wir auch mit den Arbeits- und Sozialsprechern des Parlaments sehr bald einen Termin haben werden. Es wird einen weiteren Termin für alle interessierten Abgeordneten geben, bei dem wir sehr offen über die Maßnahmen diskutieren können. Es gibt natürlich auch Termine mit den Sozialpartnern, mit dem AMS, mit den Expertinnen und Experten, den Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaftlern, um zwei Ziele zu erreichen – das ist mir besonders wich­tig –: Menschen möglichst rasch in Beschäftigung zu bringen und die Arbeitslosigkeit weiter zu senken und gleichzeitig die Einkommen besser abzusichern.

Ich bin davon überzeugt, dass es da gute Möglichkeiten gibt, das zu tun, gemeinsam mit dem Parlament, gemeinsam mit allen Parteien. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

17.39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Zopf. – Bitte.