18.51

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Bundesministerin, Sie sind der Anlass, dass ich mich noch einmal zu Wort gemeldet habe. Noch einmal zur Klarstellung: Es ist keine unvernünftige Judikatur. Wir haben eine Europäische Union, in der wir uns auf das Rechtssystem des jeweils anderen Landes verlassen müssen, und daher ist es grundvernünftig, dass wir diese Dinge wechselseitig anerkennen und diesen Dingen folgen. Wir erwarten dasselbe auch von jenen Unternehmen, die in Österreich investie­ren; sie haben sich, wenn es Probleme gibt, gefälligst an die österreichische Justiz zu wenden und kommen hier zu ihrem Recht.

Damit sind wir mittendrin in dieser langjährigen politischen Auseinandersetzung und Frage betreffend den Investitionsschutz: Soll es eine Sondergerichtsbarkeit für Konzerne geben? Ich erinnere an die lange dauernde Diskussion zum Thema Ceta. Was soll am Ende des Tages aus so einem Abkommen erwachsen? – Dass ein kanadischer oder – wenn wir dann unter Umständen auch ein Abkommen mit den USA machen – ein ame­rikanischer Konzern hergeht und ein Land wie Österreich zwingen kann, Regeln aufzu­stellen, die der hiesige Gesetzgeber nicht aufgestellt hat. Ehrlich gesagt, bei aller Liebe zum Liberalismus, das ist kein faires Spielfeld, weil der kleine Unternehmer, der Ein­zelunternehmer, der Konsument nur die Gerichtsbarkeit hat; der hat keine Staffel von Anwälten und keine Sondergerichtsbarkeit, wo er Schadenersatz bekommt.

Diese Durchbrechung ist kein vernünftiges System, daher ist das EU-System als solches zu begrüßen. Und gerade in Zeiten wie diesen, in denen ein Gericht in Polen meint, es muss die gesamte Rechtsordnung der Europäischen Union sprengen, ist es wohl der ungünstigste Zeitpunkt, darüber zu philosophieren, dass man irgendwelche Sonderrege­lungen braucht.

Innerhalb der Europäischen Union muss gelten: überall Rechtsstaat, wechselseitige An­erkennung, wechselseitiger Vollzug. Wenn die Bürgerinnen und Bürger ihre Verkehrs­strafen aus Italien oder Kroatien zu Hause zahlen müssen, dann wird gefälligst auch für große Unternehmen gelten, dass sie sich den dortigen Regeln zu unterwerfen haben. – Full stop an dieser Stelle.

Der andere Teil, Frau Bundesministerin, dass Sie sagen, es braucht eine vernünftige Investitionskontrolle, ist selbstverständlich eine Notwendigkeit. Ich erinnere nur – ich war ja selber nicht unbeteiligt – an das Vorläufergesetz, das wir mit dem Außenhandelsge­setz 2011 hatten. Da haben wir ja schon gesagt: Bitte, wenn man mehr als 25 Prozent erwirbt, muss man bei kritischen Fragen eine entsprechende Genehmigung des zustän­digen Bundesministers oder der zuständigen Bundesministerin einholen! Das ist ja des­wegen vernünftig, weil es da um Fälle gehen könnte, in denen zum Beispiel eine kritische Infrastruktur besteht.

Jetzt schaue ich Ihnen ganz tief in die Augen, gerade weil Sie bei der Telekom Austria Managerin waren: Was tun Sie dagegen, dass jetzt mit Unterstützung der Öbag, mit Unterstützung von Frau Hlawati die kritische Infrastruktur, nämlich die Sendemasten, veräußert werden sollen? Was tun Sie dagegen, Frau Bundesministerin? Nicht einmal eine Katastrophenmeldung kann man wegschicken, wenn man den Zugriff darauf nicht hat! Demnächst fangen wir auch noch an, die Straßen zu verkaufen.

Noch einmal: Wenn man das ernst nimmt, dann müssten Sie sofort ausreiten und sagen: Schluss damit und Schluss mit diesen Experimenten, kritische Infrastruktur irgendwohin zu verkaufen! Wer bezweifelt, dass das kritische Infrastruktur ist, der möge einmal einen Blick in die Gebiete Deutschlands werfen, in denen im Frühherbst die Hochwasserkata­strophe war. Wie wichtig wäre es gewesen, ein Katwarn-System auf Basis der Handys zu haben, um die Menschen rechtzeitig zu warnen, damit sie nicht im Wasser ertrinken! Es gab Hunderte Tote. Ich lasse jetzt den lachenden Laschet weg.

Da, Frau Ministerin, sind Sie nicht eingeschritten, sind Sie nicht sofort vorstellig gewor­den und haben nicht sofort gesagt: Nein, Frau Catasta – die sitzt jetzt in der Öbag statt Thomas Schmid – und Frau Hlawati – sie sitzt als künftige Chefin im Aufsichtsrat ‑, stopp mit dem, egal ob es den Slims angenehm ist oder nicht angenehm ist! Das sind doch eh nicht Ihre Freunde, die Familie Slim. Das verstehe ich nicht, Frau Bundesministerin. Da sollten Sie einschreiten, und zwar auf der Stelle einschreiten, auf dass es nicht ge­schehen kann, dass wir in diesem Lande die Infrastruktur verlieren, auf dass es möglich ist, kritische Infrastruktur zu bewahren, weil es ein übergeordnetes Interesse daran gibt, nicht nur das pure Bilanzschönungsinteresse irgendwelcher Aktionäre.

Ich denke, meine Damen und Herren, das wäre ein erster Ansatz einer vernünftigen Politik, und wenn Margarete Schramböck da die Vorkämpferin wird, dann würde ich mich sehr darüber freuen. Sie werden dafür meinen Applaus bekommen, Frau Bundesminis­terin. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.56

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jörg Leichtfried. – Bitte.