14.22

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe jetzt überlegt, was man alles richtigstellen müsste, es wäre aber eigentlich schade um meine Redezeit. Nur vielleicht eines in Richtung FPÖ: Sie wollen keine Flüchtlinge in Europa, Sie wollen nicht vor Ort helfen, Sie sprechen sich gegen jegliche Maßnahmen aus, und ich habe von Ihnen noch nie einen lösungsorien­tierten Ansatz gehört, was es wirklich bräuchte, um diese globalen Herausforderungen gemeinsam bewältigen zu können. (Abg. Kassegger: Dann haben Sie nicht zugehört!) Es ist aber egal, es ist immer der gleiche Mix: ein bissel Populismus, ein bissel rassis­tische Polemik, ein bisschen Resistenz gegen jegliche Fakten; und das spricht sozusa­gen anscheinend auch Ihre Wählerschaft an, der das genügt.

Zu den sachlichen Koordinaten, die auch unsere politische Handlungsfähigkeit vorge­ben: Vor eineinhalb Monaten – das werden Sie wissen – verließ das letzte amerikanische Flugzeug Afghanistan, und ja, der Versuch, dort Frieden, Stabilität oder sonst eine Art Demokratie, wenn man so möchte, aufzubauen, ist ja nicht nur gescheitert, sondern das war auch nie das Ziel. Das sagen die Amerikaner ja selber, dass es nie wirklich das Ziel gewesen ist.

Was wir wissen, ist, dass sich Afghanistan seitdem im freien Fall befindet. Das ist eine sicherheitspolitische Herausforderung, genauso eine für Frauenrechte, Menschen­rechte, vor allem aber auch eine humanitäre Katastrophe. Ich mag die Zahlen nicht mehr wie­derholen, sie sind erschreckend. Bereits jetzt – Kollege Lopatka hat das schon gesagt – sind 90 Prozent der Bevölkerung dort ohne Unterstützung von Armut betroffen, haben nicht einmal die Möglichkeit, die elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, und Afgha­nistans Wirtschaft ist schlicht zusammengebrochen.

Und ja, Guterres hat recht: Wenn wir nichts tun, machen sich die Menschen klarerweise auf den Weg, denn ohne Perspektive, ohne Aussicht auf Bildung, auf Nahrung werden die Menschen natürlich nach Perspektiven suchen. Wenn sie diese im eigenen Land nicht finden, werden sie es als Binnenflüchtlinge in unmittelbarer Nähe versuchen oder sich eben weiter auf den Weg Richtung Europa machen.

Wir haben jetzt auf unterschiedlichen Ebenen geschaut, was wir tun können, was wir international tun können, was wir europäisch tun können, was wir national tun können. Was in diesem Antrag steht, sind ganz, ganz wichtige Dinge, nämlich – na no na ned! –: Österreich muss weiter Menschen evakuieren, die ein Bleiberecht in Österreich oder die Staatsbürgerschaft haben. Wenig überraschend!

Das Zweite ist ein konsequenter, koordinierter Umgang mit den Taliban auf operativer Ebene, vor allem wenn es darum geht, die Hilfsgüter zu verteilen. Ohne das wird es nicht funktionieren.

Weiters: eine koordinierte Abstimmung mit unseren internationalen und unseren euro­päischen Partnern sowie in multilateralen Gremien, um zu schauen, wie wir das Land stabilisieren können. Da geht es im ersten Schritt wirklich um Stabilisierung.

Um jetzt nicht weiter auf diese vielen notwendigen Dinge einzugehen, vielleicht eines, das mir ganz wichtig ist, wenn wir schon über Afghanistan reden, und weil Sie, Frau Frauenministerin, bei dieser Debatte heute hier zu Gast sind: Kollegin Faika El-Nagashi und ich hatten hier kürzlich eine Mädchengruppe zu Besuch, also junge Afghaninnen, weil wir einfach auch von ihnen wissen wollten, wie sie die Debatte im Land wahr­neh­men, aber natürlich auch, wie es ihnen mit den Entwicklungen in ihrem Herkunftsland, in ihrem ursprünglichen Heimatland geht. Das war insofern sehr berührend, als diese Mädchen kaum imstande waren, zu sprechen. Man nennt das den sogenannten Kloß im Hals. Es rannen ihnen die Tränen über das Gesicht, und sie waren nicht imstande, zu sprechen.

Wieso nicht? – Die Situation vor Ort ist dramatisch, das ist einer der Gründe dafür. Der zweite Grund, an dem wir aber etwas ändern können, ist, dass unser Diskurs über Afghanen und Afghaninnen in Österreich fehlgeleitet ist, auf Kriminalfälle reduziert ist. Wir sehen nicht alle Afghanen und Afghaninnen als Community, die es hier aufzufangen gilt, gerade in so einer Situation, sondern wir reduzieren sie auf einzelne Personen.

Deshalb mein Plädoyer abseits der außenpolitischen Komponente an Sie, Frau Bundes­ministerin: Nehmen Sie solche Treffen auch wahr! Reden Sie mit der afghanischen Com­munity! Es sind wunderbare Menschen, die hier leben. Da geht es um unsere Zukunft – Sie sagen selber, vor allem Mädchen sind die Zukunft –, und diese sollten wir pflegen und nicht permanent kriminalisieren. Das wäre meine innenpolitische Bitte an dieser Stelle. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

14.27

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Dr.in Stephanie Krisper. – Bitte, Frau Abgeordnete.