15.42

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Lieber Kollege Gerstl, alles Gute zum heutigen Geburtstag! Ich bin nur einigermaßen verwundert, warum gerade Sie als Redner herausgeschickt worden sind, denn Sie haben ja leider Gottes den Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht bis zum Ende begleitet, sondern sind – noch bevor er von Ihnen oder von Ihren Kollegen abgedreht wurde – aus dem Ausschuss ausgeschieden. Vielleicht haben Sie deshalb den Schluss nicht ganz mitbekommen und auch den Grund, warum wir einen weiteren Unter­suchungs­ausschuss eingesetzt haben, nicht ganz verstanden.

Vielleicht noch eines, Herr Kollege Gerstl, was interessant ist, wenn die ÖVP das Wort Reisswolf in den Mund nimmt, ich kann Ihnen vielleicht ein bisschen helfen: Das ist die Firma, deren Rechnung – sie ist damals unter einem falschen Namen ausgestellt worden – ein Mitarbeiter aus dem Kanzleramt nicht bezahlt hat. Es ist diese Firma, also vielleicht schauen Sie, wie die Kooperation mit dieser Firma ist.

Noch eines ist interessant: Ich schaue zum Herrn Vizekanzler, der mir in diesem Zu­sammenhang wirklich leidtut (Vizekanzler Kogler: Wobei?), weil er heute einige Prob­leme hatte, zuerst war es ein Verkehrsproblem. Dass man zu spät kommt, kann pas­sieren, das ist nicht schlimm, ich bin aber trotzdem dankbar, dass es passiert ist, da es auch zeigt, wie wichtig es ist, dass Ihre Verkehrsministerin ordentliche Verkehrspolitik macht und nicht Straßenbauprojekte stoppt. Man sieht, sogar der Vizekanzler ist mittler­weile von dieser Situation betroffen. Vielleicht richten Sie ihr aus, dass sie sich ein bisschen darauf konzentrieren soll. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine andere Sache muss ich Ihnen, Herrn Vizekanzler, auch noch sagen: Sie haben ja gesagt, es ist total wichtig, dass die Regierung handlungsfähig ist.  Das sehen wir auch so. Sie haben uns ja auch bestätigt, dass die Regierungskrise beendet sei. Jetzt stelle ich mir natürlich schon vor, dass das interessant ist, wenn ein Vizekanzler versucht, den Bundeskanzler telefonisch zu erreichen, der nicht abhebt und sich in Brüssel vielleicht noch denkt: Wer ist denn jetzt dieser Kogler, der da dauernd versucht, mich zu er­reichen? Ich weiß nicht, wie man sich das vorstellen muss, wie Sie momentan mitei­nander kooperieren, aber seien Sie mir nicht böse: Wenn der Vizekanzler den Bundes­kanzler nicht erreicht, geht das gar nicht. Es tut mir leid, dass Sie jetzt sozusagen dafür auch noch den Kopf hinhalten müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Warum stehen wir heute eigentlich da und warum diskutieren wir all diese Themen? Der Altbundeskanzler ist auch gerade amüsiert ob seiner Handlungen. Vielleicht, Herr Altbundeskanzler Kurz, können Sie ja dann direkt herauskommen und können es uns hier vom Rednerpult aus sagen, was Sie sich dabei gedacht haben, als Sie diesen Nero-Befehl gegeben haben, alles im Bundeskanzleramt, was die Akten betrifft, zu vernichten und warum die Lkws, von denen Sie jetzt sagen, die hat es nie gegeben, in Livesendungen auf Oe24  aus dem Bundeskanzleramt heraus­gefahren sind. Sind das Potemkin’sche Lastwägen gewesen? Ich weiß nicht, was Sie da geritten hat, diese Antwort zu geben. Das werden wir natürlich noch in den Livestreams nachschauen, was da alles aus dem Bundeskanzleramt herausgebracht wurde, was nie vorhanden war. Das ist eigenartig, da gibt es anscheinend Fata Morganas und Sie müssen das alles erklären.

Also warum machen wir das eigentlich? – Weil wir im Untersuchungsausschuss gesehen haben, dass es ein System Kurz gibt. Es gibt ein System Türkis, es gibt eine Familie, die sich diese Republik Stück für Stück unter den Nagel gerissen hat. Das, was wir jetzt in dieser Dringlichen Anfrage diskutieren, ist ein weiterer Schritt, der gesetzt worden ist, um genau diese Spuren zu verwischen, die Sie eigentlich in der Republik hinterlassen haben: Ihr Sittenbild, Herr Altkanzler Kurz, und das, was Sie mit Ihren Freunden in der Republik gemacht haben. Sie haben in den letzten Tagen den Staat erschüttert – das sollte man nicht vergessen –, man hat das immer wieder gesehen, Sie haben ein ent­sprechendes internationales Echo gehört. Sie haben Umfragen manipuliert, Sie haben den eigenen Parteiobmann mit Steuergeldern weggeputscht. Das kann man nicht weg­diskutieren und nicht wegleugnen, Herr Bundeskanzler außer Dienst, das war so.

Sie wollten Bundesländer aufhetzen, um die Kinderbetreuung zu verhindern. Wissen Sie, wenn Sie heute schon angelobt worden sind, und ich gratuliere Ihnen natürlich dazu, dass Sie jetzt auch den Schritt in die Legislative gemacht haben, das ist ein spannender Wechsel in der Gewaltentrennung – relativ schnell bei Ihnen –, Herr Altkanzler, so hätte ich mir von Ihnen schon erwartet, dass Sie zumindest einmal die Schneid haben und hier herauskommen und sagen: Ich habe einen Fehler gemacht, ich habe die Bevöl­kerung um Steuergelder betrogen, aus Eigennutz (Beifall bei der FPÖ – Zwischenrufe bei der ÖVP), ich habe eine Verantwortung, mein Handeln der letzten Jahre wieder gutzumachen!, oder dass Sie, wenn es nicht anders geht, Herr Altkanzler, schlicht und ergreifend Entschuldigung dafür sagen, was Sie getan haben. Niemand aus Ihrer Fraktion hat das bisher zustande gebracht, und ich finde das auch entsprechend schade.

Kollege Ottenschläger, die Gewaltentrennung ist recht interessant, das ist mein nächster Punkt auf der Liste, dahin wollte ich gerade kommen. Die Gewaltentrennung sehe ich mit dem System, das da gerade fortgesetzt wird, sehr, sehr gefährdet, einfach deswe­gen, weil gerade aus der Legislative heraus – das hat uns ja der neue Bundeskanzler Schallenberg auch gesagt – ein Bundeskanzler von einem Klubobmann ferngesteuert wird, der jetzt sozusagen nur auf Pause hier sitzt und wartet, bis er eventuell wieder zurückkommt. (Abg. Strasser: Was hat das mit der Anfrage zu tun?) Ich kann Ihnen nur sagen: Das wird nicht der Fall sein.

Was die Anfrage betrifft – da kommen wir zum nächsten Punkt, danke für den Hinweis (Abg. Strasser: Sehr gerne!) –, ist da aus meiner Sicht ein sehr perfides Spiel gespielt worden, werte Kollegen von der ÖVP, denn man hat da ja auf jeden Fall Cyberangriffe und Cybersicherheit vorgeschoben. Ich sage Ihnen eines: Der ärgste Cyberangriff, den es in dieser Republik gegeben hat, ist von Ihnen ausgegangen, das war Ihre Lösch­aktion. Was dahintersteht, toppt ja alles bisher Dagewesene. Was heißt es aber im Umkehrschluss, wenn man erstens einmal automatisiert Nachrichten löscht, die älter als ein Jahr sind, und auf der anderen Seite so perfide ist, so vorgeht und sagt: Wenn Sie Nachrichten länger behalten wollen, dann gehen Sie bitte zum EDV-Administrator und sagen Sie, dass diese Nachrichten nicht gelöscht werden sollen!? – Es ist sozusagen ein automatisiertes Spitzelwesen innerhalb Ihres Ministeriums gewesen. Sie hätten sozusagen nachvollziehen können, wenn irgendwelche E-Mails, die älter als ein Jahr sind, noch in Umlauf geraten wären und hätten dann sofort gewusst, wer dieses E-Mail weiter ge­speichert hat. Ich denke, da sind wir genau bei dem tiefen Staat, vor dem wir warnen. (Zwischenruf des Abg. Strasser.)

Ich glaube nicht, dass es seitens der ÖVP angebracht ist, darüber hinwegzureden, weiter zu vertuschen und zu mauern. Es geht einfach darum, dass wir es nicht angehen lassen wollen, dass Sie weiter verdunkeln. Herr Altbundeskanzler, das System funktioniert so nicht. Ich würde Sie wirklich bitten und ich appelliere auch an Ihre Vernunft, dieses System nicht weiter fortzusetzen und sich nicht an dieses System zu klammern, denn es ist – es wurde ja schon mehrfach gesagt  diesbezüglich Game over. Es ist eine Frage der Zeit, bis wir die weiteren Informationen bekommen, was in den anderen Ministerien passiert ist. Ich habe ähnliche Informationen aus dem Finanzministerium erhalten, auch dort wird auf Hochtouren geschreddert, manchmal sieht man ja diese Lichtschwan­kungen im Haus, das ist immer dann, wenn Ihre Ministerien die Schreddermaschinen anwerfen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Steinacker und Strasser.)

Also, Herr Altbundeskanzler, bitte stellen Sie sich hierher und entschuldigen Sie sich für das, was Sie getan haben! Stellen Sie klar, warum Sie diesen Nero-Befehl erteilt haben, wieso Sie Akten im großen Stil vernichten lassen, und beantworten Sie die Fragen, die gestellt worden sind! Der Herr Vizekanzler hat es leider nicht machen können, weil ihm halt die türkise Gruppierung nicht die entsprechenden Antworten mit auf die Reise gegeben hat.

Auch wenn die Diskussion unangenehm war, Herr Altbundeskanzler, bitte trotzdem: Klä­ren Sie uns auf, was da passiert ist! (Abg. Strasser: Kein einziges Argument!) Sagen Sie uns auch, was der weitere Plan ist und ob sich die ÖVP jetzt doch noch an der Aufklärung der ganzen Geschichten beteiligen möchte oder ob Sie weiterhin auf Ihrem Standpunkt beharren und es nicht der Mühe wert finden, sich bei der Bevölkerung zu entschuldigen! (Beifall bei der FPÖ. Ruf bei der ÖVP: Der Einzige, der sich zu entschuldigen hat, ist Hafenecker! Zwischenruf des Abg. Martin Graf. Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

15.49

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Blimlinger. Ich darf ihr das Wort erteilen. – Bitte.