16.07

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Wertes Hohes Haus! Jetzt ist schon wieder etwas passiert, die nächste politische Bombe ist geplatzt. In der öster­reichischen Innenpolitik ist mittlerweile mehr Drama zu finden als in jeder Netflix-Serie. Aber von Anfang an: Alle Abgeordneten hier im Hohen Haus haben die parlamentarische Aufgabe, die Bundesregierung, die Macht und Einfluss genießt, zu kontrollieren. Die Regierung arbeitet, wir kontrollieren, weil Macht immer Kontrolle braucht, das ist klar. (Beifall bei der SPÖ.) – Ja, da kann man auch applaudieren.

Unser wichtigstes Instrument für diese Aufklärung ist ein Untersuchungsausschuss, wenn man ihn nicht abdreht – an dieser Stelle: danke, ÖVP und Grüne. Wenn er nicht abgedreht wird, gibt es in einem Untersuchungsausschuss die Möglichkeit, Unterlagen anzufordern, Dingen nachzugehen und möglicherweise Korruption aufzudecken. (Zwi­schenruf des Abg. Koza.) Noch bevor der nächste Untersuchungsausschuss zu arbeiten beginnen kann – wann auch immer das ist –, wenn nicht wie zuletzt wieder die Ein­set­zung verhindert wird – danke ÖVP, danke Grüne! –, müssen wir uns allerdings die Frage stellen: Was ist denn dann noch da?

Wir haben es schon gehört: Gestern in der Nacht haben Whistleblower und Whistle­blowerinnen sich an die SPÖ gewendet, mit einem Mail, das gekommen ist, mit dem Auftrag, Daten zu löschen. Noch bevor die Aufklärung beginnen kann, wird also bereits schon wieder gelöscht. Wenn das kein demokratiepolitischer Skandal ist (Zwischenruf des Abg. Gerstl), dann weiß ich auch nicht weiter! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Blimlinger, zur Frage, warum heute diese Dringliche Anfrage kommt: na, weil diese Information erst gestern in der Nacht gekommen ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Eines müssen Sie mir nun auch zugestehen: Dass Sie sich nun als grüne Abgeordnete hierherstellen, quasi in den Dienst der ÖVP, und das mit verteidigen, das geht gar nicht! Das geht gar nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Was wäre wirklich zu tun? – Drei Dinge: nicht länger die politische, die parlamentarische Aufklärungsarbeit behindern; mit allen Mitteln dafür sorgen, dass das weitere Löschen, das weitere Schreddern gestoppt wird – ich hoffe, Sie unterstützen unseren diesbe­züglichen Antrag. (Zwischenruf des Abg. Eßl.) Und drittens: Schützen Sie bitte nicht länger mutmaßliche, vermeintliche Verbrecher und Verbrecherinnen – auch das muss man ja klar sagen –, denn wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu löschen, wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu schreddern, das ist ja wohl logisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Umkehrschluss: Wer etwas zu schreddern hat, der hat wohl etwas zu verbergen.Wir wissen ja, dass es im Bundeskanzleramt bereits vor Jahren, nämlich unter Sebastian Kurz als Bundeskanzler, zum Schreddern gekommen ist. Im Übrigen wurde diese Mail, die Sie alle vor sich liegen haben, verschickt, als Sebastian Kurz noch Bundeskanzler war, nämlich von einem Beamten aus dem Bundeskanzleramt – dass Sie auch das nicht vergessen. Er ist ja heute hier, vielleicht will er sich dazu noch zu Wort melden.

Somit komme ich zu einem letzten Punkt. Geschreddert wurde ja nicht nur im Bundes­kanzleramt. Ich gehe davon aus, dass auch in der ÖVP geschreddert wurde. Wir erin­nern uns an ganz skurrile Pressekonferenzen, in denen behauptet wurde: „Es ist nichts mehr da.“, und: „Es ist (...) nichts zu finden“.

Was sollen wir daraus schließen, wenn jemand sagt: „Es ist nichts mehr da“? Offen­sichtlich war etwas da. Offensichtlich liegt da vieles im Dunklen. Da will ich auch nur erinnern: All diese Chats, all das, was wir bisher diskutiert haben, stammt von einem einzigen Handy. Da wird noch einiges kommen, da werden noch einige politische Bom­ben platzen. Wir sind darauf vorbereitet. Die Aufklärung wird stattfinden, der nächste Untersuchungsausschuss, wenn Sie nicht schon alles geschreddert haben, wird stattfin­den.

In einem allerletzten Satz: Wir warten immer noch auf eine Entschuldigung für all diesen großen Schaden, der dieser Republik zugefügt wurde – wegen des Anstands wär’s. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hafenecker.)

16.11

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gödl. – Bitte. (Abg. Martin Graf – in Richtung Abg. Herr –: Eine Superrede! Und einen englischen Begriff deutsch zu gendern ist eine Meisterleistung! – Unruhe im Saal. – Ruf bei der SPÖ: Danke!)