16.28

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Hat man im türkisen System Beweismittel für Strafverfahren bezüglich strafrechtlich relevan­ten Verhaltens, Beweismittel für den Untersuchungsausschuss – den vergangenen, den zukünftigen – bezüglich korrupten Verhaltens im weiteren Sinne, charakterlich korrum­pierten Verhaltens gelöscht? – Wir wissen es nicht, naturgemäß, weil es weg ist. Wir haben aber unsere Erfahrungen mit den türkisen Verhaltensweisen aus dem letzten Ibiza-Untersuchungsausschuss. Es gibt auch Fakten, und ich möchte mich hier auf die Fakten beschränken.

Wir erinnern uns an die Schredderaffäre. Zu dieser konnten wir im U-Ausschuss klären, dass Festplatten im Eigentum der Republik entgegen der üblichen Vorgehensweisen eigenhändig unter dubiosesten Umständen vernichtet wurden. Das hat nun einmal dazu geführt, dass das Ermittlungsverfahren verendet ist und aufgrund der Feststellungen und Erkenntnisse des U-Ausschusses wieder aufgenommen wurde.

Was sind die weiteren Fakten? Was wissen wir? – Wir wissen, dass wir im Ibiza-Unter­suchungsausschuss kaum Unterlagen erhalten haben. Von welcher Seite? – Vom türkisen Bundeskanzleramt und den türkisen Ministerien. Wir waren auf den Strafakt der Justiz angewiesen. Was nahm die türkise ÖVP dafür in Kauf? – Gesetzesbruch. Das ist auch ein Faktum, denn ganz klar kam es vonseiten des türkisen Kanzleramts insbeson­dere zu einer Verletzung der Archivierungspflicht nach dem Bundesarchivgesetz, die besteht und von der nur persönliche Unterlagen ausgenommen sind.

Das hat damals nicht zu weitreichender Empörung geführt, man hat das eher hin­ge­nommen. Woanders passiert das nicht. Denken Sie an die USA! – Dort müssen auch alle amtlichen E-Mails von Ministerien gespeichert und archiviert werden. Dort wird die Archivierungspflicht seriös betrieben, mit der Folge, dass das Versenden beruflicher Inhalte – das kennen wir, berufliche Inhalte mit einer privaten E-Mail-Adresse, also auf privaten Wegen – ohne Archivierung zu einem Skandal um die damalige US-Präsident­schaftskandidatin Hillary Clinton führte – hier kein großer Aufruhr.

Wir NEOS hielten damals diesen Gesetzesbruch vonseiten des türkisen Bundeskanz­leramtes sehr wohl für unfassbar, insbesondere da wir uns daran erinnert haben, dass wir uns im April 2019 – vor Ibiza – aufgrund eines Antrages von Kollegen Schellhorn hier einstimmig – alle Parteien – auf eine Entschließung geeinigt haben, dass man in Zukunft daran arbeitet, digitale Archivalien der obersten Staatsorgane nachhaltig zu sichern, und zwar auch die Social-Media-Auftritte. Das heißt, das wäre noch weiter gegangen, als es jetzt gilt. Gerichtet war der Antrag zur Umsetzung an den damals zuständigen Minister Blümel, und unsere Anfragen haben von ihm und von Ministerin Edtstadler folgende Antwort generiert: Arbeitsgruppen, es gibt Arbeitsgruppen.

Was ist nach April 2019 passiert? – Ibiza. Das türkise System geht plötzlich in eine andere Richtung als diese Entschließung, der auch die ÖVP zugestimmt hat, und bricht die Gesetze. Das sieht auch der ehemalige Generaldirektor des Staatsarchivs so; er wies bereits vor Monaten darauf hin, dass die Löschung von archivierungspflichtigem Material rechtswidrig ist. Er sagte: „Sollte verwaltungsrelevantes Material vernichtet worden sein, dann widerspricht das klar dem Bundesarchivgesetz und hätte eine neue Qualität.“

Da sind wir wieder bei der neuen Qualität der Ruchlosigkeit eines türkisen Systems, das auch gerne Rechtsbrüche wiederholt, wenn es einfach nötig ist, um sich möglicherweise vor Aufklärung vonseiten der Justiz oder eines Untersuchungsausschusses schützen zu müssen. Diesem neuen System kann man anscheinend nur mit dem Strafrecht kommen, denn die neue Benchmark für das türkise System ist ja im Moment anscheinend wirklich nur das Strafrecht.

Deswegen hat mein Kollege Hannes Margreiter schon im April dieses Jahres einen Initia­tivantrag eingebracht, der nächste Woche im Justizausschuss diskutiert wird, nämlich dahin gehend, dass man Beweismittelunterdrückung auch vor dem Untersuchungs­aus­schuss strafbar macht. Im Moment sind nur die falsche Beweisaussage – was wir wissen – vor dem Untersuchungsausschuss und die Verfälschung eines echten Beweis­mittels strafbar. Jetzt könnte man aber sagen, wenn nur die Verfälschung eines Beweis­mittels, nicht aber die Unterdrückung strafbar ist, dann verliert halt ein Zeuge lieber ein Handy, bevor er es aufwändig manipuliert. Da gibt es also eine klare Gesetzeslücke bezüglich Beweismittelunterdrückung, und diese wollen wir nächste Woche im Justiz­ausschuss schließen. (Beifall bei den NEOS.) Jeder redliche Geist in diesem Hause sollte sich dem anschließen, besonders jeder, der nichts zu verbergen hat.

Weiters erwarte ich mir, natürlich aufgrund der heutigen Aussagen und des Antrages der Regierungsparteien, dass es keinen Grund gibt, nächste Woche nicht mitzugehen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.33

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fürlinger. Das Wort steht bei ihm.