18.09

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Rede mit einem Rätsel beginnen: Vater und Sohn fahren im Auto. Sie haben einen Unfall. Der Vater stirbt sofort, der Bub wird mit schweren Verletzungen ins AKH gebracht. Die Operation wird vorbereitet, als der Chefchirurg erscheint und sagt: Ich kann nicht operieren, das ist mein Sohn! – Die Frage: In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen der Chirurg und das Kind? – Die Antwort ist: Der Chirurg ist die Mutter.

Dieses Rätsel zeigt eindrücklich: Sprache schafft Bewusstsein. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Himmelbauer.) Sie erzeugt Bilder in unseren Köpfen und reproduziert Geschlechterrollen. Wenn man das Wort Chirurg hört, denkt man an einen Mann im OP-Kittel. Dieses Phänomen zeigt sich nicht nur in diesem Beispiel, werte Kolleginnen und Kollegen, sondern findet sich überall dort, wo Geschlechterrollen vorherrschen, so auch in den Schulbüchern.

Meist findet sich der Sexismus zwischen den Zeilen: Frauen kümmern sich um die Pflege und den Haushalt, Männer reparieren Sachen, Mädchen sind schlecht in Mathematik und Burschen lesen nicht gerne, Mädchen sind leise, Burschen sind laut und mögen Fußball – das verstehe ich überhaupt nicht. Schulbücher widerspiegeln in vielen Fällen die Realität. Noch immer gibt es klassische Männerberufe und klassische – meist natürlich schlecht bezahlte – Frauenberufe. Wenn wir diese Geschlechterrollen überwin­den wollen, spielen Schulbücher eine wichtige Rolle, denn mit den Bildern aus der Schule wird man nicht geboren, sondern man lernt sie. Schulbücher können alten Mus­tern entgegenwirken, denn sie tragen einen wesentlichen Teil dazu bei, was Kinder später als normal empfinden.

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir sind ein vielfältiges Land, wir haben verschiedene Herkünfte, Geschlechter, sprechen verschiedene Sprachen, und wir alle lieben anders. Vielfalt gehört zu unserem Alltag und ist normal. Holen wir uns diese Vielfalt in unsere Schulbücher! Wir unterstützen das.

Das nächste Mal würde ich die Antragstellerinnen der Regierungsparteien bitten, auch die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu kontaktieren – unsere Telefonnum­mer haben Sie –, denn dieser Antrag ist ein Herzenswunsch von uns allen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten von Grünen und NEOS sowie der Abg. Salzmann.)

18.12

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte.