11.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Vor Kurzem ist in Glasgow die große UNO-Klima­konferenz zu Ende gegangen, die so wie immer eine große Bühne für viele Orga­nisationen, Firmen und Nationalstaaten war. Die eigentlichen politischen Verhandler sind im engen Kreis versammelt, und es ist eine ideale Plattform, um auf alle möglichen Anliegen hinzuweisen. Die NGOs inszenieren dramatisch den Klimawandel – vielfach zu Recht –, und kurioserweise präsentieren sich Nationalstaaten wie beispielsweise Bra­silien als umweltfreundliche, fortschrittliche Länder. – So weit, so gut, das war immer so.

Die Erwartungen an die Ergebnisse derartiger Klimakonferenzen werden oft hochge­schraubt, und die Enttäuschung ist dann groß. Letztendlich war es aber ein Beweis, dass mühsame kleine Schritte notwendig sind, die auch da gelungen sind. Es zeigt sich, wie schwierig und komplex das Thema der Energieversorgung in Europa und auch weltweit ist.

Es war das Ziel, den weltweiten Kohleausstieg zu schaffen – am Schluss wurde die Entscheidung von China und Indien abgeschwächt, sodass es nun heißt, der Ausstieg aus Kohle werde eingeleitet. Kohle ist bekanntermaßen einer jener fossilen Energie­träger, die hauptverantwortlich für den Klimawandel sind.

Der Punkt ist, dass durch die große internationale Aufmerksamkeit das Bewusstsein für den Klimawandel angekommen ist und die Menschen bereit sind, etwas zu tun und zu handeln. Viele Staaten haben sich zur Klimaneutralität verpflichtet: die EU bis 2050, USA, Kanada detto, Südkorea ebenfalls. Auch China verspricht, bis 2060 klimaneutral zu sein – aber die Frage ist: Wie wird die Energieversorgung gesichert? – Für uns in Österreich ist es klar: erneuerbare Energie – Wasserkraft, Windkraft, Fotovoltaik –, Energieeinsparung, Energieeffizienz – viele Staaten sehen das aber anders.

Neben diesem Anspruch, die CO2-Emissionen massiv zu reduzieren, kommt dazu, dass gleichzeitig die Energiepreise für Gas, für Kohle und für alle anderen Energieträger stark gestiegen sind, es wird sogar von einer kleinen Energiekrise gesprochen. Das alles bringt mit sich, dass wir nicht nur in Europa, sondern auch weltweit eine Renaissance der Atomkraft erleben: China beispielsweise plant bis zu 40 neue Atomkraftwerke, Russ­land 24 neue Atomkraftwerke, Indien 14 neue Atomkraftwerke und auch die USA einige.

Auch in Europa ist es ähnlich: Großbritannien sagt, um seine Klimaziele zu erreichen, wolle man auf Atomkraft setzen, es behauptet, das wäre eine CO2-neutrale Energieform. Frankreich will dasselbe tun, obwohl es eigentlich erklärt hatte, die Versorgung mit Atomstrom zu reduzieren.

Das Spannungsfeld ist also ein enormes, und viele wollen es so darstellen, als ob Atom­kraft CO2-neutral wäre, was sie aber nicht ist. Erstens werden für die Kühlung dieser Atomreaktoren Unmengen an Wasser benötigt, und zweitens werden bei der Herstellung von Brennstäben und auch beim Abbau von Uran sehr hohe CO2-Emissionen verur­sacht. Es ist also nicht so, dass da kein CO2 freigesetzt würde, sondern im Gegenteil! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ungelöst sind nach wie vor auch die Frage der Endlagerung des radioaktiven Mülls, und welche Folgen es gibt, wenn es zu Unfällen kommt.

Ich will damit aufzeigen, dass es ein Anliegen aller Staaten ist, leistbare Energiever­sor­gung für die Menschen zu sichern und gleichzeitig Klimaschutz zu betreiben. Es ist ein enormes Spannungsfeld, und es ist gut, dass wir in Österreich den Konsens haben, dass wir nicht auf Atomkraft setzen. Es ist auch richtig, dass dieser Antrag hier eingebracht wird, denn es kann doch nicht sein, dass Atomkraftwerke, wenn sie schon errichtet werden, wie im Fall von Ungarn in einer Erdbebenzone ausgebaut werden, mit all den gefährlichen potenziellen Folgen. Es ist dies daher der Schluss aus der ganzen Sache.

Derzeit wird auf europäischer Ebene die sogenannte Taxonomieverordnung diskutiert, die festlegt, welche Investitionen zukünftig als nachhaltig definiert werden. Da gibt es das Anliegen – auch die Kommission hat das gesagt –, dass bei der Finanzierung die Atomkraft als nachhaltige Energieform eingestuft wird. – Das ist meines Erachtens völlig absurd, und das sehen nicht nur Umweltbewegte so! Gleichzeitig sollen Investitionen in die Forstwirtschaft und in die Landwirtschaft als nicht nachhaltig definiert werden, was Länder wie Österreich, Finnland und Schweden, die seit 300 Jahren nachhaltige Forst­wirt­schaft betreiben, schwer verstehen.

Unsere Forderung lautet daher: Atomkraft darf auf europäischer Ebene nicht gefördert und kann nicht als nachhaltige Energieform in der EU-Taxonomieverordnung verankert werden. Gleichzeitig muss der Anspruch Österreichs sein, zu zeigen, dass eine nach­haltige Energieversorgung auch ohne Atomkraft und ohne fossile Energieträger funk­tioniert. Das bedeutet einen Ausbau der erneuerbaren Energieträger, alle Potenziale, die wir haben – Wind, Sonne, Geothermie, sehr wohl aber auch Biomasse und Bioenergie; ich sage das an die Adresse vieler hier, welche die Biomasse und die Bioenergie nicht so positiv sehen –, und natürlich auch Energieeinsparung und Energieeffizienz, um zu zeigen, dass Energieversorgung auch ohne Atomkraft möglich ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.49

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.