12.49

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema ist jetzt die Kindeswohl-Kommission. Warum eigentlich? Warum wurde sie einge­rich­tet? – Wir erinnern uns an die Abschiebung des Teenagermädchens Tina, das in Wien geboren wurde und hier in die Schule ging, ihrer Mutter, ihrer Schwester und auch an die Abschiebung einer anderen armenischen Familie.

Natürlich kam und kommt es weiterhin abseits des medialen Rummels zu solchen Abschiebungen, mit denen das Kindeswohl verletzt wird, und auf jeden Fall hätten schon früher Diskussionen stattfinden können, wie Österreich mit diesen gut integrierten Kindern umgeht.

In diesem Fall kam es zu einer öffentlichen Debatte, und erst diese hat die Grünen dazu bewogen – weil sie natürlich als Menschenrechtspartei, als die sie sich akklamieren, unter Druck kamen –, eine Kindeswohl-Kommission einzurichten, um den Druck heraus­zukriegen. Die Empfehlungen dieser Kommission liegen seit Juli 2021 auf dem Tisch.

Die geschätzte Kollegin Evi Holzleitner von der SPÖ hat im Innenausschuss einen Antrag eingebracht, die Bundesregierung möge sich mit allen Empfehlungen und deren Umset­zung befassen. Was machte Türkis-Grün? – Sie verschlankten diesen Entschließungs­­antrag auf ein schwächliches Ausmaß. Im Antrag von Türkis-Grün findet sich nämlich nur ein Bruchteil der Empfehlungen. Wir können natürlich zustimmen, aber es ist ein völliges Minimum und ein ganz schlechtes Ergebnis. Es findet sich darin nämlich nur ein umfassendes Schulungsangebot im Sinne des Kindeswohles für alle am Asylverfahren Beteiligten. Das ist sehr unkonkret. Viel konkreter wäre, einen klaren Kriterienkatalog zu erarbeiten, anhand dessen alle, die entscheidungsbefugt und -verpflichtet sind, das Kindeswohl in Zukunft respektieren und berücksichtigen.

Im Antrag findet sich dann die Verbesserung der „Obsorge ab dem 1. Tag für unbe­gleitete minderjährige Flüchtlinge [...] durch die Kinder- und Jugendhilfe.“ – Das klingt gut, das ist eine Verbesserung. Wirklich konkret und klug wäre, kinderrechtskonforme Zustände zu schaffen, und zwar wie? – So, wie es ExpertInnen schon lange sagen, so, wie es die Kindeswohl-Kommission fordert, und so, wie es auch dieser Beirat fordert, den Sie da so parallel zu der Causa eingesetzt haben, Herr Innenminister, ohne Wissen der Grünen, ohne Wissen der Kindeswohl-Kommission, nämlich so, dass ab Tag eins die Zuständigkeit für die Obsorge im Wege einer vorläufigen Obsorge für diese Kinder festgestellt und sichergestellt ist.

Was in dem Antrag völlig fehlt – da sind wir wieder bei unserer Budgetdebatte von Mittwoch –, ist die Frage der Unterbringung. Ich habe am Mittwoch schon darauf hinge­wiesen, dass wir bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylwerbern ein kafka­eskes Problem haben. Sie stecken im Moment viel zu lange in der Bundesbetreuung fest, weil die Verteilung auf die Länder nicht funktioniert. Abgesehen davon, dass das viel teurer wird, ist es auch für die Kinder eine Zumutung, in der Bundesbetreuung festzustecken, denn das ist für Kinder nicht der richtige Ort. Die Tagessätze könnten erhöht werden, was dazu führen könnte, dass die Länder bereit sind, Kinder aufzuneh­men. Es gibt Häuser, die sagen, wenn sie ein paar Euro mehr pro Tag bekämen, würden sie aufsperren. Dort wäre die Unterbringung für die Kinder qualitativ viel hochwertiger und besser. Das wäre nicht nur besser für die Steuerzahler, nämlich viel günstiger, son­dern einfach auch kinderrechtskonform. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In diesem Antrag von Türkis-Blau, Entschuldigung, von Türkis-Grün – es liest sich fast wie von Blau – fehlen weitere Empfehlungen. Es fehlt der Zugang zu einer angemes­senen Rechtsberatung – wo ist das Problem? Es fehlt: keine Schubhaft für Minder­jährige – wo ist das Problem?

Eine Anfrage von uns zu allen Empfehlungen und den Umsetzungsbemühungen von Ihrer Seite, Herr Minister, ist draußen, da lassen wir nicht locker, denn es geht um die Menschenrechte von Kindern. Der Bericht soll kein weiteres Stück in der bereits beträchtlichen Sammlung grüner Feigenblätter werden. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.53

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Johanna Jachs. – Bitte.