18.08

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen jetzt zum Thema Pensionsanpassungsgesetz 2022. Bevor wir mit diesem Tagesordnungspunkt starten, lassen Sie mich noch persönlich im Namen aller hier in diesem Saal – glaube ich – ein ganz großes Dankeschön an alle Menschen sagen, die jetzt in diesen schwierigen Tagen und Stunden und in den nächsten Wochen in Gesundheits- und Pflegeberufen tätig sind: Ihr macht eine ganz tolle Arbeit, vielen, vielen Dank von dieser Stelle aus! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.)

Zum Pensionsanpassungsgesetz 2022 lassen Sie mich zu Beginn drei Feststellungen machen: Die Sicherung der Pensionen ist ein zentraler Pfeiler in einem Wohlfahrtsstaat. Die Pensionen in Österreich waren und sind gerade in der Wirtschaftskrise der größte Wirtschaftsfaktor. Und drittens: Pensionen sind kein Kostenfaktor, wie es in Diskussio­nen oft dargestellt wird, sondern Pensionen sind das Einkommen für unsere ältere Ge­neration, und diese hat sich diese Wertschätzung und diese Pensionen verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb müssen wir darauf achten und darüber diskutieren, wie wir die Pensionen sichern; wir müssen aber auch darauf achten und darüber diskutieren, wie wir sie auch weiter ausbauen können.

Wir alle wissen – Frau Kollegin, wir haben heute kurz darüber gesprochen –, dass es dieses Delta bei den Frauenpensionen gibt, da haben wir einen großen Aufholbedarf. Wir wissen, dass wir auch im Bereich Schwerarbeit neue, moderne, aktuelle Regelungen brauchen. Auch bei den niedrigen Pensionen müssen wir darüber nachdenken, inwiefern wir andere Lösungen finden, wie wir diese Pensionen stärker erhöhen und sichern. Daher ist die von der Bundesregierung geplante Erhöhung für uns als SPÖ nicht so weit gehend, wie wir uns das vorstellen.

Wir als SPÖ werden dazu noch einen Abänderungsantrag betreffend die Einschleifrege­lung und auch die Deckelung der Sonderpensionen einbringen, denn niemand versteht, dass in Zeiten einer Pandemie, wenn Niedrigpensionsbezieherinnen und -bezieher nicht wissen, wie sie diese Teuerungsrate abgelten können, wie sie ihre Rechnungen bezah­len sollen, diese Bundesregierung aus ÖVP und Grünen keinen Deckel bei den Sonder­pensionen einzieht. Das versteht niemand in diesen Zeiten, die wir gerade durchmachen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Österreich hat ein gutes Pensionssystem für die Menschen geschaffen, und dieses gute Versicherungssystem ist auch finanzierbar. Die Formel ist ganz einfach: gute Arbeits­plätze. Das ist die beste und sicherste Finanzierung unseres Pensionssystems in diesem Umlageverfahren.

Daher ist es für uns auch nicht nachvollziehbar, dass diese Bundesregierung aus ÖVP und Grünen Pensionen kürzt. Mit Beginn 2022 werden wieder Abschläge für Lang­zeitversicherte eingeführt, für Menschen, die 45 Jahre lang Beiträge geleistet haben. Mit Jänner 2022 werden für alle Neuzugänge Pensionskürzungen durchgeführt, weil näm­lich die aliquote Pensionsanpassung eingeführt wird. Das bedeutet weniger Pension, bis zu 90 Prozent, und zwar nicht nur für das eine Jahr, in dem man in diese neue Pension eintritt, sondern bis zum Ableben, die ganze Zeit, in der man eine Pension in Anspruch nimmt.

Wir als SPÖ bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren beibehalten und Rücknahme der Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeits­jahren unter Einrechnung der Präsenz- und Zivildienstzeiten für alle Berufsgruppen adaptiert wird und über 2021 hinaus weiter in Geltung bleibt. Darüber hinaus soll mit dieser Regierungsvorlage auch die Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung zurückgenommen werden und die volle erste Anpassung zur Anwen­dung kommen.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie die Menschen, die jahrzehntelang Beiträge gezahlt haben, wertschätzen, dann stimmen Sie diesem Antrag heute zu! (Bei­fall bei der SPÖ.)

18.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren beibehalten und Rücknahme der Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1105 d.B.): (Pensionsanpassungsgesetz 2022 – PAG 2022) (1127 d.B.)

Die abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren wurde von Türkis/Grün abgeschafft. Alle Personen, die ab 2022 mit 45 Arbeitsjahren oder mehr in Pension gehen, müssen wieder hohe Abschläge in Kauf nehmen. Sie werden dafür bestraft, dass sie 540 Monate und mehr ins Pensionssystem eingezahlt haben.

Das ist nicht gerecht, das ist unfair!

Es ist auch sozialpolitisch nicht tragbar, dass eine Versichertengruppe gegen eine andere durch die türkis/grüne Regierung ausgespielt wird. Die Einführung des Frühstar­terbonus als Argument für die Abschaffung der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeits­jahren zu verwenden, ist unangebracht. Der Frühstarterbonus bringt den Betroffenen max. 60 Euro brutto im Monat mehr Pension, allerdings nur, wenn man auch 60 Monate zwischen dem 15. und 20 Lebensjahr gearbeitet hat. Die Ableistung von Präsenz- und Zivildienst wird nicht angerechnet, somit erreichen die meisten männlichen Versicherten keinesfalls den vollen Bonus. Ebenfalls rausfallen jene Personen, die eine weiterfüh­rende Schule besuchen.

Anderseits verlieren Versicherte, die ihr Leben lang, nämlich 45 Jahre und mehr, Monat für Monat Beiträge bezahlt haben, bis zu 5.000 Euro im Jahr durch die Wiedereinführung dieser hohen Abschläge.

Ein vermeintliches Argument der türkis/grünen Regierung ist, dass sie ausschließlich Männern zugutekommt. Die Abschaffung dieser Pensionsart löst aber kein einziges Problem mit denen Frauen zu kämpfen haben. Dadurch wird sich das Leben der arbeitenden Frauen in Österreich in keiner Hinsicht verbessern. Im Gegenteil, man rechtfertigt ein Unrecht mit einem anderem Unrecht.

Um die Pensionen der Frauen anzuheben, braucht es eine Reihe von Maßnahmen, vor allem aber den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, damit Frauen nicht aufgrund von Betreuungspflichten zur Teilzeitarbeit gezwungen werden. Teilzeitbeschäftigung reduziert das Einkommen, senkt damit die Pensionshöhe und erhöht die Gefahr der Altersarmut. Auch die verbesserte Anrechnung von Kindererzie­hungszeiten ist dringend notwendig.

Es wird versucht, mit fadenscheinigen Argumenten Frauen gegen Männer auszuspielen, um die Abschaffung der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeitsjahren zu rechtfertigen.

Manchmal braucht es aber neben wissenschaftlicher Expertise auch politische Entschei­dungskraft um den Menschen das zukommen zu lassen, was ihnen gebührt.

Rund 7.000 ASVG-, GSVG- und BSVG-Versicherte sind jährlich von diesen hohen Abschlägen betroffen und müssen damit eine wesentliche Kürzung ihrer Pensionen hin­nehmen. In der größten Arbeitsmarktkrise, in der die Arbeitslosigkeit bei den Über-50-Jährigen weiterhin extrem steigt, die Langzeitarbeitslosigkeit gerade bei älteren Arbeits­losen ebenfalls stark ansteigt und die Unternehmen oftmals ältere Beschäftigte in die Pension drängen, ist es kontraproduktiv und der völlig falsche Weg, diese Pensionsart abzuschaffen und damit hohe Abschläge für Versicherte, die 45 Arbeitsjahre ins Pen­sionssystem eingezahlt haben, wieder einzuführen.

Auch die von der Regierung vorgenommene Aliquotierung der ersten Pensions­anpas­sung ist ungerecht und bedeutet eine Kürzung aller künftigen Pensionen. Damit werden jährlich rund 100.000 NeupensionistInnen bestraft, indem ihre Pension für die gesamte Bezugs­dauer gekürzt wird, weil sie mit der ersten Anpassung nicht die volle Inflations­abgeltung erhalten. Bei einer Pension von 1.500 Euro brutto würde eine Pensionsanpas­sung von durchschnittlich 2 Prozent eine Erhöhung von 30 Euro monatlich bringen. Im Jahr be­deutet die nicht erfolgte Anpassung ein Verlust von 420 Euro, wobei sich dieser Verlust über die gesamte Bezugsdauer fortsetzt und die künftige Pensionsleistung weiter vermindert.

Die Aliquotierung der ersten Anpassung soll daher entfallen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvor­lage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren unter Einrechnung der Präsenz- und Zivildienstzeiten für alle Berufs­grup­pen adaptiert wird und über 2021 hinaus weiter in Geltung bleibt.

Darüber hinaus soll mit dieser Regierungsvorlage auch die Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung zurückgenommen werden und die volle erste Anpassung zur Anwendung kommen.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Hammer. – Bitte.