14.07.49

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren Abgeordnete! Liebe Regierungskollegen und -kolleginnen! Lieber Herr Vizekanzler! Vor allem aber: Liebe Österreicherinnen und Österreicher und Menschen, die in Öster­reich leben! Es ist tatsächlich ein großes Privileg und eine große Ehre, heute hier vor Ihnen stehen zu dürfen und eine Regierungserklärung abzugeben. In diesem Zusam­men­hang gestatten Sie mir, dass ich dem Bundespräsidenten danke. Er hat vertrauens­volle Gespräche mit mir geführt, er hat den Übergang rasch möglich gemacht. Auch wenn ich weiß, dass unsere Verfassung ein gutes Fundament ist, so bin ich doch sehr dankbar, dass wir diese Situation sehr schnell, geordnet und stabil bewältigen konnten.

Ich möchte auch all denjenigen Danke sagen, die mir zunächst das Vertrauen geschenkt haben, sodass ich überhaupt hier vor Ihnen stehen darf. Beginnen möchte ich bei Sebastian Kurz: für alles, was er als Bundeskanzler für dieses Land getan und geleistet hat, für die Menschen in diesem Land durch Reformen erreicht hat. Er hat einen Fokus nicht verloren, nämlich die Familien, die Menschen mit kleinen Einkommen und Pen­sionen zu entlasten und gerade auch im Regierungsteam über die Wirtschaftshilfen in der Pandemie schnell und entschlossen zu entscheiden, sodass die Folgen des Corona­virus für die Wirtschaft und für die Arbeitsplätze bei Weitem nicht so dramatisch waren, wie sie hätten sein können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte mich aber auch bei Alexander Schallenberg besonders bedanken, der in dieser schwierigen Zeit bereit war, der Republik zu dienen, diese Verantwortung auf sich genommen und eben auch einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, dass das Coronavirusmanagement, die Pandemiebekämpfung weitergeht und dieser Weg, das Virus zurückzudrängen, in der Regierung erfolgreich fortgesetzt wurde. Lieber Alexander Schallenberg, ein herzliches Danke dafür und willkommen, es ist schön, dass du wieder in meinem Team bist! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Mein besonderer Dank gilt Vizekanzler Werner Kogler und unserem Koalitionspartner, den Grünen, dafür, dass gerade in dieser auch sehr aufgeregten und schwierigen Zeit das Gesprächsverhältnis mehr als vertrauensvoll war, dass klar war, dass wir ent­schlossen sind, das Regierungsprogramm, das wir gemeinsam verhandelt haben, weiter zu leben, weiter voranzutreiben. – Ich danke dir, Werner, auch für das umsichtige Führen der Gespräche, und freue mich auf unsere Zusammenarbeit! (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Jeder Neubeginn hat tatsächlich auch Neues zu bieten. Ich freue mich, dass ich neue Regierungskolleginnen und -kollegen begrüßen darf: Auf der einen Seite freut es mich, dass Magnus Brunner seine Rolle verändert hat. – Ich danke dir für alles, was du als Staatssekretär geleistet hast, und freue mich noch viel mehr auf das, was du als Finanz­minister für uns leisten wirst. Du verfügst über ein hohes Maß an Erfahrung, wenn es darum geht, Finanzen nicht nur zu verwalten, sondern sie auch tatsächlich zu gestalten. Das ist wichtig – Finanzpolitik ist gelebte Politik für die Bürgerinnen und Bürger. Ich freue mich, dass du unser neuer Finanzminister bist – willkommen im Team! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Bildung und Wissenschaft sind ein ganz zentrales Kapitel dieser Regierung in all ihrer Breite, einerseits wenn es um das Thema Bildung geht, aber natürlich auch wenn es um den wichtigen Bereich Wissenschaft geht. – Ich freue mich sehr, dass du, Martin Polaschek, bereit warst, diese Aufgabe anzunehmen, dass du uns mit deiner ganzen Expertise zur Verfügung stehst, dass du dein Wissen und deine Erfahrung als Univer­sitätsprofessor, aber vor allem auch als Unirektor miteinbringen wirst und dass du mir jetzt schon signalisiert hast, das zu tun, was in dieser Zeit jetzt so wichtig ist, nämlich den Bildungsbereich besonders zu umarmen – im wahrsten Sinne des Wortes –, die Kinder, die Familien, die unter diesem Coronavirus so schwer gelitten haben, zu unter­stützen. Ich freue mich, dass du bei uns im Team bist, und danke dir dafür! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das Innenministerium ist mir in meiner Zeit als Innenminister besonders ans Herz ge­wachsen. Es gab unglaublich viele Herausforderungen zu bestehen, und ich weiß, dass in Wirklichkeit keiner von uns wissen kann, welche Herausforderungen noch auf uns zukommen. Sicherheit ist ein wesentliches Fundament für Freiheit und Demokratie, und ich bin froh, dass ich Gerhard Karner für die Rolle des Innenministers gewinnen konnte. – Gerhard, ich kenne dich schon sehr lange, ich kenne dich als Verfassungspatrioten, als einen Mann, dem Grund- und Freiheitsrechte sehr wichtig sind, und vor allem als einen, der die Sicherheitspolitik in diesem Land schon sehr, sehr lange begleitet, der ein poli­tischer Vollprofi ist – herzlich willkommen in unserem Team! (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Ich habe es schon angekündigt: Das Staatssekretariat hat sich verändert, es ist jetzt nicht mehr im Klimaministerium, sondern es kommt ins Bundeskanzleramt. Ich konnte eine junge Frau dafür begeistern und freue mich, dass sie in unserem Team ist: Claudia Plakolm. Sie wird sich im Besonderen dem Thema Jugend widmen, weil gerade die Jugend jetzt von den Folgen der Pandemie besonders getroffen worden ist und es einen Menschen braucht, der diese Anliegen besonders kennt – einerseits aus Selbsterfah­rung und andererseits, weil ich eben weiß, dass ihr das Thema schon sehr lange auch ein persönliches politisches Anliegen ist. – Darüber hinaus bist du für deine jungen Jahre ein Politprofi, und ich freue mich, dass du mich als Staatssekretärin im Bundeskanz­ler­amt unterstützt – herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Diese Veränderungen zeigen, dass es in diesem Fall Menschen gebraucht hat, die vor­her bereit waren, Verantwortung zu tragen und Verantwortung zu übernehmen, und ge­statten Sie mir an dieser Stelle: Ich sage ein großes Danke an Gernot Blümel, an einen, der leidenschaftlich gegen die Folgen der Pandemie gekämpft und als Finanzminister Herausragendes geleistet hat. Ein großes Danke an Heinz Faßmann, der durch seine unglaubliche Ruhe, durch seine Intellektualität, durch seine Fähigkeit, zuzuhören, ge­rade im Bildungsbereich und im Wissenschaftsbereich sehr viel Positives bewegt hat. Ich danke auch Michael Linhart, der ein großes Ausmaß an Loyalität und ebenfalls die­ses tiefe Pflichtgefühl, der Republik dienen zu dürfen und zu müssen, gezeigt hat, dass er seine Arbeit als Minister geleistet hat. Ich wünsche ihnen von dieser Stelle aus alles Gute und sage ein großes Danke für ihren Einsatz. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Nachdem ich zum Bundeskanzler der Republik ernannt worden war, war es mir wichtig, rasch in die Arbeit einzusteigen, den Dialog zu suchen und Gespräche zu führen. Ich sage von dieser Stelle aus: Ich bin den Oppositionsparteien dankbar, dass sie ebenso rasch auf das Gesprächsangebot reagiert haben, und ich danke für die vertrauensvollen, intensiven Gespräche. Es gab einen aus meiner Sicht sehr guten Austausch mit Klub­obfrau Pamela Rendi-Wagner, mit Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger, und es gab auch ein Gespräch mit Herbert Kickl – das zeigt, dass Dialog nie eine Einbahnstraße ist, dass das Sprechen miteinander eine wichtige Grundlage für demokratisches Handeln ist. Ich danke ihnen dafür, dass sie dazu bereit waren, und werde diese Kultur des Miteinandersprechens auch weiter fortsetzen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Unser Land ist vielfältig, auch in der Vertretung der Interessen der Menschen. Deswegen war es mir genauso ein Anliegen, rasch mit den Landeshauptleuten, mit den Sozial­part­nern ins Gespräch zu kommen und vor allem, wenn es jetzt um die Pandemie­bewäl­tigung, um den Kampf gegen das Coronavirus geht, das Gespräch mit den Expertinnen und Experten zu suchen. Auch an sie alle ein herzliches Danke, dass sie bereit waren, in dieser kurzen Zeit vertrauensvolle, informative Gespräche zu führen! Auch da ist mein Bekenntnis ganz klar: Ich erachte den Dialog, das Gemeinsame als Schlüssel dafür, diese Krise, die uns alle schon viel zu lange quält, auch tatsächlich gemeinsam zu be­wältigen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Der Prozess des Zuhörens war notwendig, weil wir uns bereits am Mittwoch mit den Landeshauptleuten und den Expertinnen und Experten zusammengesetzt haben, um ein gemeinsames Versprechen der Landeshauptleute und der Regierung einzulösen, nämlich das Versprechen, dass der Lockdown für alle enden wird. Ich bin froh und freue mich darüber, dass es uns gelungen ist, ab dem 12.12. den Lockdown für alle zu be­enden (Ruf bei der FPÖ: Stimmt ja nicht! – Abg. Belakowitsch: ... jetzt schon falsch!) und vor allem alle Öffnungsschritte und all das, was passiert, mit dem Sicherheitsgurt der Vorsicht und des Schutzes zu setzen und gemeinsam weiterzuentwickeln.

Und ja, gleichzeitig bleibt ein hohes Maß an Sicherheit. Wir haben als Bundesregierung gemeinsam mit den Landeshauptleuten ein Mindestmaß an Schutzmaßnahmen defi­niert, das nicht unterschritten werden darf, und dazu gehört auch, dass der Lockdown für Ungeimpfte erhalten bleibt, dass die FFP2-Maske eine zentrale Rolle spielt (Zwi­schenruf des Abg. Amesbauer), dass 2G nach wie vor gilt, dass die Gastronomie, die Hotellerie öffnen können, aber unter strengen Schutzmaßnahmen, dass der Handel öffnen kann, dass es eine Sperrstunde gibt und dass auch die Sicherheit am Arbeitsplatz nach wie vor wichtig ist und daher 3G weiter gilt.

Ich sage von dieser Stelle aus auch ein herzliches Danke an den Gesundheitsminister. Wir haben intensiv miteinander gesprochen, diskutiert und abgewogen, was wichtig und richtig ist. – Danke den Teams von uns beiden, dass sie da so gut und effizient gearbeitet haben, denn eines ist klar: Das Virus ist nach wie vor gefährlich. Das Virus ist da, es ist sehr unberechenbar geworden und es braucht ständig flexibles Handeln.

Ich habe gelesen, dass manche die Regelung, die gefunden worden ist, einen Fleckerl­teppich nennen und sie etwas abschätzig bewerten. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus meiner Sicht ist das Gegenteil der Fall: Wir haben ein maßgeschneidertes Sicherheitsnetz angeboten und entwickelt, das für die ganze Bundesrepublik Österreich gilt und aus starken Seilen geflochten worden ist. Weil aber das Virus so heimtückisch und flexibel ist, sich ständig verändert und Regionen in Österreich unterschiedlich bedroht, haben die Länder selbstverständlich das Recht, über dieses Mindestmaß an Schutz hinauszugehen. Wenn uns die Pandemie etwas gelehrt hat, dann das, dass man nicht alles über einen Kamm scheren darf, dass Österreich vielfältig ist und dass die Bedürfnisse einer Millionenhauptstadt wie Wien andere sind als jene in einem Bundesland wie dem Burgenland, wo die Impfquote beispielhaft hoch ist.

Ich kann auch Regionen in Österreich, die so oft unterschiedlich sind, nicht von vorn­herein gleich behandeln. Dieses Sicherheitsnetz gibt diese Möglichkeit, es gibt diesen Mindeststandard. Die Bundesländer haben die Landeskrankenhäuser ja in ihrer Verant­wortung und Kompetenz. Damit sind sie auch die Manager der Intensivbettenkapazitäten und damit sind sie es auch, die natürlich die Freiheit brauchen, entsprechend zu ent­scheiden und nachzujustieren. Gleichzeitig hat die Bundesregierung einen Maßstab, einen Leitfaden definiert, der für alle Orientierung und Sicherheit bietet.

Meine sehr geehrten Nationalratsabgeordneten! Ich durfte selbst hier im Haus sein, ich durfte fast zwei Jahre Mandatar sein. Ich habe aus dieser Zeit einen hohen Respekt vor der Diskursfähigkeit und der Diskursfreudigkeit hier im Hohen Haus mitgenommen, und ich selbst war einer derer, die das auch leidenschaftlich gelebt haben. Ich werde diese enge Verbindung mit dem Parlament für mich als Bundeskanzler nicht verlieren, ich halte den Diskurs, das Sich-Auseinandersetzen, für eines der zentralen Elemente der parla­mentarischen Demokratie. Das, was mir persönlich wichtig ist, werde ich auch zu meinem Maßstab als Bundeskanzler machen. Alle, die mich damals als Mandatar ken­nengelernt haben, wissen, dass ich hart in der Sache argumentiert habe, mir aber Wertschätzung und Respekt immer wichtig waren und wichtig sein werden.

Das ist das, was ich Ihnen anbiete, und es ist für mich auch ein Ziel, dass wir das ge­meinsam tatsächlich im Diskurs verwirklichen. Warum? – Weil das Coronavirus, das uns alle schon so lange quält, keine Parteigrenzen kennt. Das Coronavirus kennt keine Landesgrenzen, kennt keine Staatsgrenzen, es kennt aber die Impfung als Grenze. Die Impfung ist der Schlüssel dafür, dass wir Gemeinsames erreichen können, dass wir die Freiheit zurückbekommen, die uns allen so wichtig ist. Die Wissenschaft gibt uns die Möglichkeit dazu. Aus meiner Sicht ist es notwendig, jetzt gerade die Menschen anzu­sprechen, die nach wie vor Angst haben, die sich in dieser Frage, ob sie sich impfen lassen sollen oder nicht, unsicher fühlen.

Ich möchte jetzt die Gelegenheit wahrnehmen, mich direkt an diejenigen zu wenden, die sich noch nicht haben impfen lassen: Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir ist bewusst und es ist spürbar, dass Sie unsicher sind, dass Sie Angst davor haben, diese Entscheidung zu treffen. Gleichzeitig gibt es die Chance für uns alle, die Freiheit, die uns so wichtig ist, gemeinsam zu erreichen. Meine Bitte an Sie ist: Wenn Sie uns als Politiker misstrauen, dann bitte misstrauen Sie auch Telegram-Gruppen und Facebook-Gruppen, die zum Teil mit Inhalten überfüllt sind, die sogar lebensbedrohlich sein können!

Meine Bitte an Sie ist: Suchen Sie das Gespräch mit denjenigen, die Sie auf Ihrem Lebensweg vielleicht schon lange begleiten, mit dem Arzt Ihres Vertrauens oder der Ärztin Ihres Vertrauens! (Abg. Belakowitsch: Der darf ja nicht einmal sagen, was er sich denkt!) Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Arzt, der Sie kennt, der Sie begleitet und der für Sie in Ihrem Leben schon wichtig war, bevor das Thema Impfen für Sie solch ein zentrales war! Nehmen Sie die Gelegenheit wahr und konfrontieren Sie die Ärztin, den Arzt, der dafür ausgebildet ist, mit Ihren Fragen! Er wird Ihnen Sicherheit geben, und wenn Sie sich dann impfen lassen, ist das Schönste daran, dass wir gemeinsam in un­ser aller Freiheit leben können. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abgeordneten Oberrauner und Doppelbauer.)

Das Virus ist da, es ist drückend, es ist gefährlich, es ist mächtig, weil es uns zu Maß­nahmen zwingt, die wir für nie möglich gehalten haben, und gleichzeitig ist es nicht alles. Wir als Regierung haben trotzdem den Anspruch, das weiterzuentwickeln und weiterhin zu tun, was für die Menschen in diesem Land so wichtig ist.

Aus meiner Sicht als Bundeskanzler möchte ich fünf Punkte herausgreifen, die wir jetzt gemeinsam als Regierungsmannschaft vorantreiben müssen, um den Menschen zu zeigen: Ja, wir müssen uns mit der Gefährlichkeit des Coronavirus konfrontieren, aber wir lassen uns nicht davon abhalten, unsere Arbeit für die Menschen in diesem Land fortzusetzen.

Für mich ist der erste wichtige Punkt der Wirtschaftsstandort Österreich und auch das Thema Entlastung für die Menschen. Es wurde, das habe ich schon erwähnt, gerade jetzt in der Krisenbewältigung schon viel geleistet, auf dem aber, was getan wurde, darf man sich nicht ausruhen, sondern ganz im Gegenteil, wir müssen es weiterentwickeln. Wir müssen gemeinsam das, was wir uns vorgenommen haben, die ökosoziale Steuer­reform, weiterbringen – da ist besonders Finanzminister Magnus Brunner gefordert, ge­nauso wie Klimaministerin Leonore Gewessler. Sie werden das hauptverantwortlich miteinander weiterentwickeln und so auf den Boden bringen müssen, dass die Men­schen tatsächlich auch wirklich etwas davon haben.

Diese ökosoziale Steuerreform, dass man auf der einen Seite dem Rechnung trägt, dass dem Klimaschutz alle zusammen verpflichtet sind, und dass auf der anderen Seite die Entlastung der Menschen im Vordergrund steht, gilt es, weiterhin mit Hochdruck voran­zutreiben – und da geht es um viel: bis 2025 um 18 Milliarden Euro an Entlastung, die aber die Menschen tatsächlich auch erreichen müssen, denn nur darüber zu sprechen ist zu wenig. Das umfasst die Familien, das umfasst die Menschen mit kleineren Ein­kommen, das umfasst aber auch all diejenigen, die durch ihren Unternehmerinnen- und Unternehmergeist dafür sorgen, dass es tatsächlich Arbeitsplätze in unserem Land gibt und dass daraus echt jener Wohlstand generiert werden kann, den wir uns alle gemein­sam im wahrsten Sinne des Wortes verdienen. Der- oder diejenige, der beziehungsweise die das tut, muss dabei auch unterstützt werden.

Der zweite große Bereich, der aus unserer Sicht wichtig ist, sind die Themen Bildung, Integration und Digitalisierung. Da werden insbesondere der Bildungs- und Wissen­schaftsminister Martin Polaschek, die für Wirtschaft und auch Digitalisierung verant­wort­liche Ministerin Margarete Schramböck und natürlich die Integrationsministerin Susanne Raab eng zusammenwirken und daran arbeiten, dass dieses Thema eben nicht durch das Virus überlagert wird und in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns kommt, wenn es darum geht, den Familien, den Kindern, die gerade unter dieser Pandemie so gelitten haben, zu helfen und sie auf diesem Weg zu begleiten, und wenn es darum geht, dass die Defizite, ausgelöst durch Lockdowns, wettgemacht werden.

Gestatten Sie mir von dieser Stelle aus auch als Vater von zwei Kindern, der das gerade in der ersten Lockdownphase erlebt hat, ein großes Danke an die Kinder dieses Landes zu richten. Es war zutiefst beeindruckend, wie sehr sie die Gesundheitsmaßnahmen um­gesetzt haben (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – wenn ich an dieses Abstand­halten, an das Auf-die-Großeltern-Aufpassen denke –, wie sehr sie bemüht waren und noch immer bereit sind, Masken im Unterricht zu tragen – eigentlich etwas völlig Absur­des, wenn man das als junger Mensch, der gerne im Schulgang und im Pausenhof spielt und sich miteinander bewegt, tun muss –, und welche Disziplin sie haben. Sie haben es am stärksten gespürt und sie haben oft Erwachsene darauf hingewiesen, wenn diese sich nicht an diese Gesundheitsmaßnahmen, nämlich zum Schutz des anderen, gehal­ten haben. Geben Sie ein großes Signal des Dankes an die Kinder unseres Landes! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

In diesem Umfang waren natürlich auch die Eltern gefordert, belastet in der Organisation des Distancelearnings, des Homeschoolings. Wir alle kennen in unserem Bekannten- und Freundeskreis und darüber hinaus Menschen, die das alles nach wie vor sehr belas­tet. Ihnen gilt es, Hilfe zukommen zu lassen, im Speziellen durch das Thema Digitalisie­rung, digitale Kompetenz, und auf der anderen Seite die Lerndefizite durch Maßnahmen auszugleichen und zu fördern. Aber auch dort, wo der Migrationsdruck besonders groß ist und die Themen Integration und Bildung, aber auch Beschäftigung am Arbeitsmarkt zusammenwirken, dürfen wir diese Themenfelder nicht vergessen. Ganz im Gegenteil, wir müssen sie besonders in den Mittelpunkt unseres Tuns stellen und dürfen uns auch da vom Virus nicht weiter tyrannisieren lassen.

Der dritte große Themenkomplex, der aus meiner Sicht wichtig ist – und da laufen die Gespräche schon intensiv –, ist soziale Sicherheit und Pflege. Da steht natürlich gerade auch der Sozial- und Gesundheitsminister vor einer besonderen Herausforderung, weil auf der einen Seite das Pandemiemanagement in seiner ursprünglichen Kompetenz liegt (Abg. Belakowitsch: Ja, ja, da ist er sehr kompetent! Da kennt er sich aus!), er genauso aber als Sozialminister – und ich weiß auch, dass es ihm persönlich wichtig ist  das Thema der Pflege voranzutreiben hat.

Ich bin froh darüber, dass wir einen Sozialsprecher in unseren Reihen wissen, August Wöginger, der auch Klubobmann ist, der sich schon lange mit diesem Thema auseinan­dersetzt, und dass dieses Thema in der Koalition gemeinsam ernsthaft und nachhaltig diskutiert wird und Maßnahmen gesetzt werden, damit Pflege weiterhin leistbar und keine Frage des Einkommens ist – das darf nicht sein –, damit Pflege in Institutionen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern klar geregelt und auch das Thema Finanzierung klargestellt ist. Wir stellen aber auch den riesigen Themenbereich häusliche Pflege – und das trifft unglaublich viele Menschen in Österreich – in den Mittelpunkt unserer Über­legungen, weil es da die Angehörigen trifft und wir sie auf diesem Weg bestmöglich unterstützen und begleiten müssen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Der vierte große Bereich ist jener, der sich im wahrsten Sinne des Wortes immer wie­der – auch jetzt – in Wellen mitbewegt hat, wenn die Coronaviruswellen unser Land erreicht haben, und zwar der wichtige Bereich des Arbeitsmarktes. Auch da gibt es unglaublich viele Herausforderungen, und ich bin froh darüber, mit Martin Kocher einen kompetenten Arbeitsminister an meiner Seite zu wissen. Das Gleiche gilt für Elisabeth Köstinger, die als Ministerin gerade einen Bereich vertritt, der brutal und massiv getroffen worden ist und erst jetzt, durch diese Mindeststandards hinsichtlich Schutz und durch das allge­meine Lockdownende, wieder dazu kommt, Perspektiven zu entwickeln: den Bereich Tourismus, Hotellerie, Gastronomie. Auf der einen Seite sind ganz viele Men­schen wieder in Kurzarbeit und müssen wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden, auf der anderen Seite müssen genügend Arbeitskräfte für die Fachbereiche organisiert werden, ausgebildet werden, auf ihrem Weg begleitet werden, weil es beides braucht: Es braucht auf der einen Seite das Angebot, in der Arbeitslosigkeit betreut zu sein, auf der anderen Seite braucht es aber auch Anreize, tatsächlich Arbeit anzunehmen, um zum allge­mei­nen sozialen Wohlstand in unserer Republik beitragen zu können. – Ich bin froh, dass ich dich, liebe Elli, und dich, lieber Martin, da eng an meiner Seite weiß. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Österreich hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen, wenn es darum geht, Politik auch in der Europäischen Union voranzutreiben. Die europäische Dimen­sion wird für Österreich immer wichtiger. Warum? – Weil wir sehen, dass große Heraus­forderungen nicht nur national, sondern auch übernational, also transnational gelöst werden müssen. Die Europäische Union ist dafür die richtige Institution, in einer globa­lisierten Welt werden eben aber auch die Herausforderungen immer größer, und zwar in unglaublich vielen Themenbereichen, in Themenbereichen, in denen man es früher gar nicht vermutet hätte; als Innenminister habe ich das unmittelbar kennengelernt, wenn es um den großen Themenkomplex Asyl und Migration geht.

Wir leben heute in einer Welt der globalisierten Migration, und da braucht es fundierte, gemeinsame Antworten, denn diese Herausforderung können Nationalstaaten alleine nicht lösen, sehr wohl aber eine starke Europäische Union, die ein starker Wirtschafts­raum ist, die Perspektiven bieten kann, die Fluchtsituationen tatsächlich nachhaltig ver­ändern kann, indem Stabilität geschaffen wird. Das sind ganz wichtige Themenaspekte im Zusammenhang mit der Europäischen Union, und ich werde gleich meinen ersten Auftritt in Brüssel, meine erste Auslandsreise, nutzen, um da die österreichischen Inter­essen zu vertreten.

Asyl und Migration sind das eine, Sicherheit ist das andere, und Innenminister Gerhard Karner, Justizministerin Alma Zadić genauso wie Verteidigungsministerin Klaudia Tanner werden mit all ihren Kernkompetenzen ein enges Netzwerk bilden, wenn es darum geht, die Sicherheit Österreichs weiterzuentwickeln. Wir haben gesehen, wie wichtig eine starke, gut organisierte militärische Landesverteidigung und eine gut ausgerüstete und organi­sierte Polizei in einer Krise sind, genauso aber auch, wie wichtig und notwendig eine im wahrsten Sinne des Wortes kampfbereite und gut strukturierte Justiz, auch inter­national vernetzt, ist, wenn man Phänomenen wie organisierter Kriminalität begegnen will, wenn man Gefährdungen der Demokratie und des Rechtsstaates tatsächlich begeg­nen will.

Die Europäische Union steht vor vielen Herausforderungen, auch das ist klar zu benen­nen, sie ist aber für Österreich eine strategische und zentrale Schlüsselfrage, wenn es darum geht, österreichische Interessen auf der Welt und in Europa weiterzuentwickeln und durchsetzen zu können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Österreich wird international eine hohe Kompetenz zugemessen, wenn es darum geht, Regionen zu verstehen, mit denen andere sich viel schwerer tun, Brücken zu bauen, wo andere oft gar nicht weiterkommen. Das betrifft vor allem auch den Raum des West­balkans. Ich durfte das als Innenminister selber kennenlernen und habe da ein hohes Maß an Vertrauen zu meinen Ministerkollegen gewinnen können. Der gesamte Raum des Westbalkans ist geostrategisch nicht nur für Österreich, sondern auch für die Euro­päische Union ein ganz wesentlicher und wichtiger.

Genauso geht es darum, klarzumachen, dass Österreichs Beziehungen zum Staat Israel weiterhin eine zentrale Bedeutung haben, auch für diese Bundesregierung. Ich möchte auch erklären, warum mich das persönlich so bewegt: Ich war als Innenminister erst vor Kurzem in Israel und durfte dort Nachkommen von NS-Verfolgten die Staatsbürgerschaft verleihen. Es war nicht nur ein besonderes Privileg, das als Minister tun zu dürfen, son­dern es war beides zu spüren: einerseits unsere Verantwortung, die Geschichte niemals zu vergessen und immer wieder darüber nachzudenken, wie wir besser werden können, sodass das niemals wieder passiert, andererseits das Gefühl, dass es so viel Zukunft bringt, wenn man sich mit der Geschichte auf eine Art und Weise versöhnt, wie es schöner nicht sein kann, nämlich dass jüdisches Leben in Österreich sich frei, ungefähr­det und vor allem freudig weiterentwickeln kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Abge­ordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Scherak.)

Ich bin besonders dankbar, dass ich mit Karoline Edtstadler und Alexander Schallenberg gerade in so sensiblen Bereichen, aber auch in den wichtigen Fragen der Außenpolitik gute Partner an meiner Seite weiß, die diese Politik vorantreiben werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das war ein kurzer Abriss dessen, was wir als Regierung für die Menschen in diesem Land alles zu tun haben. (Abg. Bösch: Dürftig genug!) Mich persönlich ermutigt angesichts dessen, dass wir in den nächsten Jahren gemeinsam mit viel Kraft an diesem Projekt arbeiten werden (Zwischenruf des Abg. Kassegger), das Wissen darum, wie wir zusammenarbeiten, wenn es darum geht, das Coronavirus zu bekämpfen, wegzudrängen und Freiheit in unserem Land vollumfänglich wiederherzustellen. (Abg. Hafenecker: Nehmen Sie das Wort nicht in den Mund!)

Es ist ein ambitioniertes Arbeitsprogramm, ich freue mich auf die Umsetzung und werbe hier im Hohen Haus, im Parlament, dafür. Gust Wöginger, einer meiner engsten Freunde, hat mir beigebracht, Exekutive und Legislative immer erstens auseinanderzuhalten und zweitens mit Respekt und Demut zu begegnen.

Ich freue mich, wenn wir diese Projekte hier gemeinsam in den Gesetzwerdungsprozess und damit tatsächlich auch zur Umsetzung bringen. – Vielen Dank. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen.)

14.38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. Bei ihm steht das Wort. – Bitte.