19.54

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Der Zwischenruf von Kollegen Graf könnte auch noch einen Ordnungsruf bedeuten. – Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist ja nicht nur der Anti­korruptionstag, denn vor ziemlich genau vier Jahren wurde den Österreicherinnen und Österreichern auch das Versprechen gegeben, dass ein neuer Stil ins Kanzleramt einziehen wird. Es wurde gesagt: Es ist Zeit für etwas Neues, es gibt kein gegenseitiges Anpatzen mehr. – Nach den Einblicken, die wir alle in die Akten, in die Chats hatten, auch nach den Hausdurchsuchungen, wissen wir es besser und Österreich weiß es bes­ser.

Heute, vier Jahre später – wir sind in der Distanz nur wenige Schritte von diesem Platz, vom Kanzleramt entfernt, an dem dieses falsche Versprechen gegeben worden ist –, läutet der österreichische Nationalrat mit der Einsetzung des neuen Untersuchungs­aus­schusses zu den Korruptionsvorwürfen die Aufräumarbeiten ein. Das ist auch gut so, sehr geehrte Damen und Herren.

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik hat in der letzten Zeit massiv gelitten. Das wundert mich auch nicht, denn Machenschaften rund um Inserate, getürkte Umfragen oder der mutmaßliche Steuergeldmissbrauch – für nichts davon sind wir gewählt worden. Wir sind schlichtweg hier, um zu arbeiten, um für Österreich zu arbeiten, um Lösungen zu erarbeiten. Deshalb braucht es verantwortungsvolle, seriöse Kontroll- und Aufklärungsarbeit als politischen Selbstreinigungsprozess, damit wir Stück um Stück das Vertrauen der Bevölkerung wieder zurückgewinnen können.

Ein U-Ausschuss hat aber nicht nur die Aufgabe, innerhalb der Politik für Ordnung zu sorgen, sondern er hat auch die Grundlage für politische, für inhaltliche Arbeit zu legen. Tatsache ist nämlich auch, dass es nicht nur um einen bestimmten Personenkreis geht, der jetzt ohnehin weg ist, nein, zur Diskussion steht, das finde ich schon, ein ganzes politisches System. Machtmissbrauch, illegale Parteienfinanzierung, die Verstrickung zwischen Medien und Politik, der Staat als Selbstbedienungsladen – all diese Miss­stände sind nicht erst seit Ibiza bekannt.

Nehmen wir zum Beispiel die Frage der Inseratenkorruption heraus, die in aller Munde ist: Da hat Christian Kern selber zum Inseratensumpf wortwörtlich gesagt: Es ist eine „Erbsünde der SPÖ“. – Auch die Sozialdemokratie trägt damit Mitverantwortung für den Status quo.

Gegen all diese Fehlentwicklungen haben wir eigentlich noch viel zu wenig getan. Seien wir einmal ehrlich: Wir leben in einem Land, in dem wir Korruption mit dem Wort Freun­derlwirtschaft – im Übrigen ein Wort, das es nur in Österreich gibt – selber verniedlichen. Damit muss doch bitte endlich Schluss sein! Es braucht jetzt einen Neustart, einen sauberen Cut und eine Nulltoleranzpolitik gegenüber Korruption und Selbstbedienungs­mentalität. (Beifall bei den Grünen.)

Jeder von uns kann etwas dagegen tun, dass sich diese Seuche der Korruption nicht weiter ausbreitet – das müssen wir, ob es uns betrifft oder auch nicht. Im Zentrum der Arbeit muss meiner Meinung nach die politische Aufklärung stehen – gründliche, seriöse Kontrollarbeit mit dem gebotenen Respekt, damit wir gemeinsam das Vertrauen der Bevölkerung wieder zurückholen können. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Ja, Sebastian Kurz mag mit seinem Anspruch, einen neuen Stil in die Politik zu bringen, gescheitert sein, vielleicht auch an sich selber, aber wir Abgeordnete in diesem Haus und wir Abgeordnete im Untersuchungsausschuss können jetzt bei allen ideologischen Unterschieden, die uns trennen, mit verantwortungsvoller politischer Arbeit zeigen, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher auf ihre Politik verlassen können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Drobits und Krainer.)

19.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Krisper. – Bitte sehr.