11.32

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Gleich zu Beginn darf ich den Entschließungs­antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Cornelia Ecker, Mag. Christian Drobits, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Umsetzung des Tierschutzvolks­begehrens“ einbringen, der Ihnen allen zugegangen ist – eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren, 771 der Beilagen, Tierschutzvolksbegehren, 1277 der Beilagen, TOP 2.

Es freut mich wirklich sehr, dass wir heute dem Tierschutz eine Bühne geben; diese Bühne hätte der Tierschutz aber schon lange gebraucht und auch verdient. Eingangs möchte auch ich mich bei den InitiatorInnen des Tierschutzvolksbegehrens bedanken, besonders aber auch bei den UnterzeichnerInnen, bei den über 400 000 Menschen, die dieses Volksbegehren unterzeichnet haben. Überspitzt kann man sagen: Ganz Vorarl­berg – von der Einwohnerzahl her – ist für mehr Tierwohl, für ein Ende der Massentier­haltung in Österreich, und das ist eine ganz schöne Sache.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das System Tierhaltung in der Landwirtschaft krankt. Dies ist das Resultat daraus, dass Österreich beziehungsweise vor allem die zuständige Landwirtschaftsministerin oder der zuständige Landwirtschaftsminister in diesem Bereich über Jahre hinweg immer nur das Mindestmaß an gesetzlichen Anfor­derungen gestellt hat. Wir als SPÖ hatten damit immer ein Problem und wollten auch immer mehr Tierschutz, nur sind wir – ganz ehrlich und auch offen gesprochen – an der Blockadepolitik der ÖVP gescheitert. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe den Eindruck, dass auch die Grünen an dieser Blockadepolitik gescheitert sind, denn der heute vorliegende Entschließungsantrag ist ein weiterer Beweis für diese Blockadepolitik betreffend Tierwohl. Die darin enthaltenen Maßnahmen sind zwar – vor­sichtig formuliert – durchwegs akzeptabel, doch sie sind nicht konkret, es sind hinsicht­lich Umsetzung keine verbindlichen Zeitpunkte enthalten, und die wirklich wichtigen Punkte fehlen uns. Hätten es die Regierungsparteien wirklich ernst mit dem Tierschutz gemeint, würden wir jetzt über einen Gesetzesantrag diskutieren – es wurde also wieder eine Chance vertan.

Eine Chance haben wir aber auch im Zuge der Verhandlungen über die Gemeinsame Agrarpolitik vertan. Da hätte man die Möglichkeit gehabt, endlich von der Flächenförde­rung abzugehen und gezielte Förderungsprogramme, beispielsweise eben für mehr Tierwohl, zu schaffen. Unsere heimischen Bäuerinnen und Bauern sind nämlich ganz klar der Meinung, dass sie in diesem Bereich, gerade im Bereich Tierwohl, mehr tun möchten, nur braucht es da unsere Unterstützung und vor allem mehr Geld.

Meine Damen und Herren! Das System der Landwirtschaft, wie wir sie kennen, steht vor einem großen Umbruch, nicht nur vor dem Hintergrund des Klimawandels, sondern auch aufgrund der Veränderungen der Interessen der heimischen Konsumentinnen und Konsumenten. Sie sagen es selbst immer wieder, die Frau Ministerin betont es immer wieder: Der Konsument bestimmt, wohin die Reise geht. – Genau das ist der springende Punkt: Die Menschen wollen qualitativ hochwertige Fleischprodukte; da geht es nicht mehr um die Masse, sondern eher darum, ein paar Mal in der Woche ein ordentliches Produkt zu verspeisen, als jeden Tag Fleisch zu kochen. Dahin geht die Reise.

Ein kräftiges Indiz dafür ist auch der Lebensmitteldiscounter Aldi, der sagt, dass er in seinem Sortiment bis 2030 nur noch Fleisch aus tierwohlgerechter Haltung anbieten wird. Das ist bereits in acht Jahren. Der deutsche Markt wird sich zum einen auf den heimischen Markt auswirken, und zum anderen werden die Konsumentinnen und Konsu­menten bei uns mit Sicherheit auch hellhöriger, was diese Thematik betrifft.

Die Politik ist nun gefragt, damit Österreich nicht ins Hintertreffen gerät und vor allem die Zeichen der Zeit nicht verpasst. Wir müssen den Bäuerinnen und Bauern unter die Arme greifen, denn wer in Zukunft kein Tierwohl garantiert, wird schlicht und ergreifend am Markt nicht bestehen können. Ich halte daher die 20-prozentige Förderung für den Um- und Neubau von tierwohlgerechten Stallbauten für nicht zielführend. 20 Prozent sind einfach zu wenig, da braucht es mehr Geld. Wer am Hof in Tierwohl investiert, der soll auch stolz darauf sein, der soll das auch stolz zeigen können. Es braucht daher nicht nur eine Anpassung im Bereich der Haltung, sondern auch im Bereich des Gütesiegels.

Das AMA-Gütesiegel ist in seiner aktuellen Form nur ein reines Marketingprodukt und auf keinen Fall ein echtes Qualitätssiegel. Die heutige Diskussion wäre eine gute Gelegenheit, da eine weitreichende Reform einzuleiten, Herr Minister! Mein Ziel wäre es mit Bestimmtheit, dass die Kunden im Supermarkt nach einem mit dem AMA-Gütesiegel versehenen Produkt greifen und sich automatisch ganz klar darauf verlassen dürfen, dass das Tier ein glückliches, angenehmes Leben hatte und dass die Schlachtung stressfrei und in Österreich passiert ist, und dass das Geld für dieses Produkt auch mit einem guten Gewissen ausgegeben wird.

Das ist jetzt kein Ziel, das hoch gegriffen ist, sondern das ist das Ziel, das sich die Konsu­mentinnen und Konsumenten in diesem Land wünschen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dietmar Keck, Cornelia Ecker, Christian Drobits

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Maßnahmen zur Umsetzung des Tierschutzvolksbegehrens

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (771 d.B.) "TIERSCHUTZVOLKSBEGEHREN" (1277 d.B.) TOP 2

Das Tierschutzgesetz hat den Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere zum Ziel, aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf heraus. Wir wollen, dass es den Tieren in unserem Land gut geht. Somit bedarf es einer ambitionierten Weiterentwicklung der relevanten Rechtsakte, um der Zielbestimmung des Tierschutzgesetzes, den geänderten gesellschaftlichen Anforderungen und den An­liegen des Tierschutzvolksbegehrens, welches von über 416.000 Personen unterschrie­ben wurde, gerecht zu werden.

Verbesserungen zum Wohl der Tiere haben auch für den Menschen zahlreiche positive Auswirkungen. Mit verbesserten Haltungsbedingungen und Managementmaßnahmen kann auch die Stabilität der Gesundheit der Tiere verbessert werden. Mit ambitionierten Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährung der Menschen in Österreich – vom Kleinkind bis zu den Hochbetagten – kann die menschliche Gesundheit und auch das Wohl der in Österreich gehaltenen Nutztiere deutlich verbessert werden. Wenn weniger tierische Lebensmittel – insbesondere Fleisch- und Fleischprodukte – beworben, verar­beitet, angeboten und konsumiert werden, nimmt das Druck aus der Produktionskette und haben KonsumentInnen auch klare Anreize, teurere, aber nachhaltig produzierte, das Tierwohl umfassend berücksichtigende heimische Lebensmittel zu kaufen.

Eine Weiterentwicklung hin zu mehr Tierwohl muss durch konkrete Änderungen im Tier­schutzgesetz und den darauf aufbauenden Verordnungen erfolgen und durch eine Agrarfördermittel-Vergabe unterstützt werden, die immer auch das Tierwohl hebt.

Öffentliche Gelder, die ins Agrarsystem fließen, müssen steuernd auch zur Hebung des Tierwohls eingesetzt werden. Die bloße Einhaltung von Mindest-Standards darf nicht über die GAP als besondere Leistung belohnt werden. Über GAP Gelder muss vielmehr honoriert werden, was über (gehobene) Mindest-Standards hinausgeht. Das entspricht auch dem Ziel des Green Deals.

Eines der dringenden Anliegen im Nutztierbereich sind Veränderungen in der Schweine­haltung. In fünf europäischen Ländern sind Vollspaltenböden bereits verboten, darunter befindet sich nicht nur der größte Schweineproduzent der EU, nämlich Dänemark, sondern auch die Niederlande, Finnland, Schweden und die Schweiz.

Am Beispiel der fortschrittlichen und früheren Umstellung der Hühnerhaltung in Öster­reich wird eine Umstellung auf tiergerechte Schweinehaltung auch für die Landwirtschaft ein Erfolg werden.

Ebenfalls an der Zeit ist, kurzfristig das betäubungslose, weil qualvolle, Ferkelkastrieren zu verbieten.

Im Bereich des AMA-Gütezeichens wurde kürzlich durch eine Erhebung der Tierschutz­organisation Vier Pfoten gemeinsam mit der Arbeiterkammer OÖ bekannt, dass es im Zusammenhang mit dem Wissen, was das AMA-Gütezeichen verkörpert, große Lücken gibt bzw. viele Menschen vermuten, dass Schweinefleisch, das mit dem AMA-Güte­zeichen versehen ist, von Tieren stammt, die nicht auf Vollspaltenböden gehalten wer­den. Das immer stärker aufgesplitterte Modulsystem des AMA-Zeichens führt zu mehr Verwirrung als Klarheit bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Hier braucht es gesetzliche Vorgaben, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Transparenz bringen und eine gesetzliche Weiterentwicklung weg von einem reinen Vermarktungs­instrument hin zu einem echten Gütezeichen, das eine höhere Qualität als den Min­deststandard auslobt.

Im Bereich der Rinderhaltung soll es zu einem Ende der dauerhaften Anbindehaltung ohne Ausnahmen kommen. Das gesetzliche Verbot des Kükenschredderns soll zeitnah erreicht werden.

Neben weiteren wichtigen Initiativen für Nutztiere, wie dringend notwendige Maßnahmen im Tiertransportbereich, sollen auch Verbesserungen im Bereich Hunde und Katzen gesetzt werden. Die Kastration von Katzen mit freiem Zugang zur Natur ist nicht nur wegen der explosionsartigen Vermehrung aus Gründen des Artenschutzes der Vögel wichtig, sondern auch deshalb, da die Verbreitung von Krankheiten damit hintangehalten werden kann. Eine diesbezügliche Aufforderung des Nationalrats an den für Tierschutz zuständigen Minister harrt bereits seit 2019 einer Umsetzung. Die Umsetzung des bereits im Tierschutzgesetz enthaltenen Verbots der Qualzucht soll durch diverse Maß­nahmen erreicht werden.

Wir essen zu viele tierische Lebensmittel, vor allem viel zu viel Fleisch- und Fleischwaren (mehr als doppelt so viel wie empfohlen) – das macht uns krank und fördert Massen­produktion auf Mindest-Standard-Ebene. Auch hier braucht es Maßnahmen. Weniger und dafür bessere tierische Lebensmittel produzieren und Ernährungsformen mit über­wiegend pflanzlichen Lebensmitteln mehr propagieren – das ist für Menschen und Tiere die beste, gesündeste und nachhaltigste Lebensweise. Der Umwandlungsfaktor pflanz­liche – tierische Kalorien ist ca. 1:10. Mit den Kalorien, die ein Mensch aus tierischen Lebensmitteln aufnimmt, könnten 10 Menschen ernährt werden, wenn nicht der Umweg über das Tier genommen wird. Mit unserer derzeitigen Ernährungsweise vernichten wir wertvolle Ressourcen, die wir eigentlich gar nicht mehr haben, zulasten von Tieren, der Umwelt, des Klimas und nehmen auch in Kauf, dass wir selbst krank werden und in anderen Regionen Menschen hungern müssen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, die Ambitionen im Tierschutz in Österreich und auf europäischer Ebene zu verstärken und in ihrem Wirkungsbereich die folgenden Maß­nahmen zur schrittweisen Umsetzung der Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens zu setzen. Hierbei soll in allen Bereichen Planungssicherheit für betroffene Betriebe, positive wirtschaftliche Zukunftsaussichten durch ausreichend Marktanreize, sowie finanzielle Unterstützung gewährleistet werden. Das gesamtgesellschaftliche Anliegen Tierwohl soll dadurch breit von allen Gesellschaftsteilen – von Produzentinnen und Produzenten zu Konsumentinnen und Konsumenten – getragen werden.

Für eine tiergerechte und zukunftsfähige Landwirtschaft:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird ersucht, dem Nationalrat Gesetzesentwürfe vorzulegen, Verordnungen in Begutachtung zu schicken, bzw. Programme zu entwickeln, mit welchen die folgenden Vorhaben umgesetzt werden:

Geflügel:

•           Gesetzliches Verbot des Tötens von lebensfähigen Küken, sofern diese nicht nachweislich der Futtergewinnung dienen, mit Inkrafttreten 1.6.2022.

•           Unterstützung der Branchenvereinbarung zum Aufbau der Alternativen zum Kükentöten, welche folgendes umfasst: in der Datenbank Poultry Health Data doku­mentierte und in Österreich tatsächlich benötigte Futterküken, Junghahnenaufzucht, eine vor dem 8. Bruttag durchzuführende Geschlechtsbestimmung im Ei.

•           Förderung der Haltung der Doppelnutzung (Fleisch und Eier, das heißt sowohl Zweinutzungslinien als auch die Aufzucht männlicher Tiere) bei Geflügel.

•           Verbot der Käfighaltung von Küken, bei der Aufzucht von Junghennen und bei der Haltung von Zuchttieren, mit folgenden Ausnahmen: zeitlich beschränkt möglich für Wiederverkäufer von Junghennen und für Eliteherden zur gezielten Anpaarung

•           Regelung der Haltung von Wachteln.

•           Einführung einer neuen Form der Biodiversitäts-Heckenweide, welche durch erhöhte natürliche Deckungsmöglichkeiten die Nutzung der Auslauffläche durch das Ge­flügel attraktiver und effizienter macht ohne jedoch die in Österreich etablierte Auslauf­fläche von 8m2/Henne zu verringern.

•           Verbesserung der Haltungsbedingungen für Legehennen in Bodenhaltung durch verpflichtendes Angebot erhöhter Sitzstangen. Zudem wird die Bundesregierung ersucht, sich auf EU-Ebene für eine Anhebung der EU- Mindeststandards zur Haltung von Masthühnern, insbesondere erhöhte Sitzebenen, einzusetzen.

•           Einsatz auf EU-Ebene für EU-weite, hohe Mindeststandards in der Putenhaltung, bei Mastgeflügel ist die Schaffung von Außenklimazonen (Wintergarten) zu forcieren.

Schweine:

•           Einführung des Verbots, Schweine auf vollständig perforiertem Boden zu halten mit Inkrafttreten am 1.1.2027, womit auch beinhaltet ist, dass

•           Schweinen jederzeit ein Liegebereich zur Verfügung stehen muss, der planbe­festigt ist und regelmäßig ausreichend mit weichem organischem Material eingestreut wird, sodass alle Tiere gleichzeitig nebeneinander weich und trocken liegen können.

•           Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz legt per Verordnung die Mindestfläche für den eingestreuten Liegebereich, sowie die Mindestgesamtfläche pro Schwein, in Abhängigkeit vom Körpergewicht des Schweines, fest.

•           Für durch Neubau oder Umbau nach dem Tag der Kundmachung dieser Ände­rung im Tierschutzgesetz neu errichtete Stallungen oder neu eingebaute Spaltenböden tritt diese Regelung bereits mit 1.1.2022 in Kraft.

•           Im Rahmen des vor kurzem gestarteten Projekts IBeSt (Innovationen für be­stehende Aufzucht- und Mastställe für Schweine in Österreich – zum Wohl von Tier und Mensch), werden alle relevanten Stakeholder (insbesondere BMSGPK, BMLRT, VUW, BOKU, Bundesanstalten, ExpertInnen, Tierschutzorganisationen) in Form eines beglei­tenden Beirates eingebunden.

•           Ein KonsumentInnenbeirat (BürgerInnenbeirat) wird eingerichtet, um die Erwar­tungen und Vorstellungen von KonsumentInnen ausreichend und systematisiert in die Überlegungen der Weiterentwicklung einzufügen und diese repräsentativ einzubinden. Das schafft auch Transparenz über Entscheidungswege und -überlegungen.

•           Es liegen ausreichende nationale und internationale Erkenntnisse über die Praxistauglichkeit von Tierhaltungssystemen vor. Diese gilt es zu nutzen und zur Um­setzung zu bringen.

•           Einführung des Verbots des betäubungslosen Kastrierens männlicher Schweine (Ferkel) mit Inkrafttreten 1.6.2022.

•           Vorlage einer gesetzlichen Änderung des AMA-Gesetzes, so dass nur mehr jene Produkte das AMA-Gütesiegel tragen dürfen, deren Fleisch von Tieren stammt, die gentechnikfrei gefüttert wurden und damit der gesamte Herstellungsprozess gentech­nikfrei erfolgt ist.

•           Die AMA-Marketing GmbH möge sowohl durch das bestehende Konzept für die Weiterentwicklung von Tierwohlsystemen am Markt für Schweinefleisch die Grundlagen für eine Weiterentwicklung schaffen.

•           Umstellung der AMA-Gütesiegel Basisanforderungen auf den neuen Förder­standard für die Ferkelaufzucht und Schweinemast bis Ende 2027, wobei bei Neubauten auf echte Zweiflächenbuchten mit zumindest 60% mehr Fläche umgestellt werden muss.

•           Vollständige Umstellung der öffentlichen Beschaffung auf tierwohl-gerechte tierische Produkte oder BIO bis 2030, sowie Unterstützung der Pläne der AMA zum Ausbau der Schweinehaltung im Premiumsegment (AMA Tierwohlsiegel und Bio-Hal­tung) auf 1 Mio. Schweine bis 2030. Unerlässlich für Planung, Durchführung und Be­wertung der Effizienz der Maßnahmen ist es, Daten zum Hebel „öffentliche Beschaffung“ zu sammeln und die Entwicklungen permanent zu monitoren und anzupassen. Fragen zur Größe des Hebels sind ebenso relevant wie zur Verteuerung/ Verbilligung des Einkaufs nach Umstellung. Nicht nur die öffentliche Beschaffung soll betrachtet werden sondern jede Beschaffung im öffentlichen Interesse („ausgelagerte“ Großküchen, kirch­liche Einrichtungen, Pflegeeinrichtungen von privaten Trägern, kirchliche Kindergärten und Schulen etc.). Hier ist als erster Schritt jedenfalls eine umfassende Bestands­auf­nahme notwendig d.h., eine „Landkarte“ mit Einkaufsmengen je Segment muss erstellt werden.

•           Die ÖPUL Maßnahmen Tierwohl-Stallhaltung sowie die Investitionsförderung, welche den Umbau für tiergerechtere Haltungssysteme kofinanziert, sollen maßgeblich zu einem Tierwohl beitragen, das den Namen Tierwohl verdient.

•           Strenger Vollzug des bestehenden Verbots des routinemäßigen Kupierens der Schwänze und Erhöhung der diesbezüglich vorgesehenen Strafen für TierhalterInnen im Falle der Nichteinhaltung des Verbots.

Rinder:

•           Förderung des Aufbaus nationaler Vermarktungsschienen für österreichisches Kalbfleisch in Kooperation mit der AMA, wie die Aufnahme der Qualitätsstandards „Voll­milchkalb“ und „Kalb rosé“ ins AMA Qplus Rind Programm.

•           Haltedauer von Kälbern (kein Transport) von 6 Wochen, Verkürzung nur möglich, wenn die Aufzucht in der Region erfolgt. Transport nicht mehr als 6 Stunden.

•           Förderung von Mastplätzen für mindestens 10.000 Kälber von Milchkühen, welche in Zukunft in Österreich gemästet und vermarktet werden um Kälberexporte aus Österreich massiv zu reduzieren oder Förderung von Mastplätzen für mindestens 10.000 Kälber von Milchkühen, welche in Zukunft in Österreich gemästet und vermarktet werden und sukzessive Umsetzung eines Exportverbots von Kälbern aus Österreich (Binnen­markt und Drittländer).

•           Start eines transparenten und öffentlichen Dialoges zur Entwicklung neuer Regelungen von Kälbertransporten unter Berücksichtigung des Immunstatus und Vor­lage eines Ergebnisberichts mit Optionen bis Ende 2022.

•           Aufbau eines Systems zur Vereinfachung lückenloser Retrospektivkontrollen von Zuchttiertransporten in Drittstaaten.

•           Aufbau eines Systems zum Nachweis des Herdenaufbaus in den Zielländern, basierend auf bereits bestehenden Vorleistungen.

•           Förderung von Zweinutzungsrassen bei Rindern.

•           Ende der dauernden Anbindehaltung bei Rindern ohne Ausnahmen mit Inkraft­treten 1.1.2027.

•           Tiertransporte, die mit dem Ziel der Schlachtung, Mästung oder der Züchtung durchgeführt werden, sollen zum nächstgelegenen Schlachthof oder nur über eine ein­zige EU-Mitgliedsstaatsgrenze führen, keine Verbringung in Drittstaaten.

•           Einführung von Mindeststrafen im Tiertransportgesetz.

•           Verdoppelung der Kontrollen der Tiertransportvorschriften auf der Straße.

•           Einsatz auf europäischer Ebene, dass Nutztiere, die zur Schlachtung, Mästung oder Zucht vorgesehen sind, nur maximal über eine EU-Mitgliedsstaats-Grenze trans­portiert werden dürfen und deren Verkauf oder Transport in Drittstaaten, in denen nicht das europäische Tierschutzniveau existiert, verboten ist.

Öffentliche Mittel müssen das Tierwohl fördern

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, die Bundes­minis­terin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, die Bun­desministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird ersucht,

•           die vollständige Umsetzung des Aktionsplans Nachhaltige Beschaffung, welcher einen Meilenstein hinsichtlich Marktanreizen für mehr Tierwohl in der Landwirtschaft darstellt – in dem etwa der Vorzug besonders tierwohlfreundlicher Haltungsformen, und die gentechnikfreie Fütterung bereits vorgezeichnet sind - auf Bundesebene weiter voranzutreiben,

•           eine Berichtslegung zur Umsetzung und Wirkung des Aktionsplans nachhaltige Beschaffung zu etablieren, mit Daten zur Ausgangssituation, Zielsituation, Zeitplan,

•           im Zusammenhang mit dem Aktionsplan nachhaltige Beschaffung unmissver­ständlich festzulegen, dass die österreichischen Ernährungsempfehlungen im öffent­lichen Einkauf für Gemeinschaftsküchen bzw. andere Verpflegungsdienstleistungen berücksichtigt werden müssen,

•           sukzessive zu konkretisieren, wen konkret die nachhaltige Beschaffung betrifft,

•           im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die Bundesländer und Gemeinden einzu­wirken, den Aktionsplan Nachhaltige Beschaffung auch in ihren Bereichen (z.B. Landes­krankenhäuser, Landespflegeheime, Pflichtschulen, Kindergärten) vollständig umzuset­zen,

•           die Etablierung von nachhaltigen Vermarktungsstrukturen für Betriebe, die Schweine in besonders tierfreundlichen Haltungssystemen halten oder auf solche umstellen wol­len, zu unterstützen,

•           die bereits begonnene Anhebung der Haltungsanforderungen für Schweine im AMA-Gütesiegel weiter voranzutreiben.

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird ersucht, einen GAP Strategieplan vorzulegen und vorher mit dem Gesundheitsminister ein Einvernehmen darüber zu erlangen,

•           der den tierwohlgerechten Zukunftsweg der Landwirtschaft mit entsprechenden Maßnahmen begleitet,

•           der in der Investitionsförderung im Rahmen der Ländlichen Entwicklung die not­wendigen Fördermittel zur Ko-Finanzierung von Stall-Umbauten für geplante höhere Haltungsstandards vorsieht, sowie für darüberhinausgehende Tierwohlverbesserungen (wie Stallsysteme mit zusätzlichen Strukturierungselementen, angemessenen Gruppen­größen, Stroheinstreu, Auslauf, Offenfrontställe, Freilandhaltung, oder höheres Platzan­gebot) einen deutlich erhöhten Fördersatz anbietet,

•           der die erfolgreichen Tierwohl-Programme im Umweltprogramm ÖPUL weiterent­wickelt, um insbesondere die heimische Kälbermast und die Haltung von unkupierten Schweinen in tiergerechten Haltungssystemen auszubauen, und erhöhtes Platz- und Strukturangebot, Auslauf, Freiland- und Weidehaltung für weitere Tierarten, sowie innovative Systeme wie Offenfrontställe besonders fördert, und

•           der Anreize für die Absatzförderung von Tierwohlprodukten bietet und den Auf­bau von Qualitätsprogrammen mit Tierwohl- und Tiergesundheitsanforderungen unter­stützt. Das beste Anreizprogramm ist eine verlässliche Kennzeichnung, idealerweise EU-weit zB Tierwohl-Sterne in Anlehnung an die Hotel-Kategorien (ein Stern = gesetzl. Mindeststandard, 5 Sterne: Bio und höchster verfügbarer Haltungsstandard). Eine Tierwohl Kennzeichnung ist nicht trivial, denn vieles spielt im Tierwohl eine Rolle. Das System müsste daher zumindest an drei Säulen ausgerichtet werden: Haltung / Füt­terung / Transport und muss den gesamte Lebenszyklus bis zur Schlachtung umfassen. Neben dem Hotel-Sterne-System ist auch ein Animal-Welfare Score denkbar (vgl. Nu­triscore oder Energiekennzeichnung); und

•           bei der Umsetzung der Regelungen der neuen Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, die bis 2027 dauern soll, generell vorzusehen, dass jede Maßnahme einem eigenen Tierschutzcheck unterworfen wird, so dass es auch bei Änderungen von Agrarförder-Maßnahmen während der Periode tatsächlich zu mehr Tierwohl kommt.

Mehr Transparenz für Konsumentinnen und Konsumenten

•           die Verordnungen für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung und Tierhal­tungs­kennzeichnung für die Primärzutaten Milch, Fleisch, Eier in der Gemeinschafts­verpflegung und in verarbeiteten Lebensmitteln in Begutachtung sowie zur EU-Notifizie­rung zu schicken, um die Umsetzung ab dem ersten Halbjahr 2022 zu gewährleisten und damit die Marktbedingungen für österreichische landwirtschaftliche Betriebe für den Verkauf in Österreich deutlich zu verbessern,

•           das muss mit höherer Qualität für die Konsumentinnen und Konsumenten ein­hergehen, denn das Alleinstellungsmerkmal „Herkunft Österreich“ erzeugt keine aus­reichende Qualität, die eine Pflichtkennzeichnung bedingt. Festzuhalten ist weiters, dass die Gemeinschaftsverpflegung – wie EU-rechtlich definiert – jegliche Form der Ver­pflegung umfasst,

•           sich auf EU-Ebene im Rahmen der Umsetzung der Farm to Fork Strategie für eine umfassende und EU-weit verpflichtende Herkunftskennzeichnung gemeinsam mit einer Tierwohl- und Nachhaltigkeitskennzeichnungen einzusetzen,

•           sich auf EU-Ebene für hohe Tierschutz-Mindeststandards für alle Nutztiere inklu­sive Fische einzusetzen, um somit auch die Einfuhr von Rohstoffen und Lebensmitteln, die mit in Österreich bereits verbotenen Praktiken produziert wurden, zu unterbinden und um auch die Anhebung der Standards in Österreich zu erleichtern,

•           die Haltungssysteme in der Nutztierhaltung in ihrer Entwicklung einem Monitoring zu unterziehen, und

•           Maßnahmen für ein Monitoring der Erzeugung, der Verarbeitung und der Ver­marktung von Tierwohl-Erzeugnissen zu setzen, die den Absatz dieser Erzeugnisse im Lebensmitteleinzelhandel, im Großhandel, in der Gastronomie und in allen Einrich­tungen zur Gemeinschaftsverpflegung einschließlich der öffentlichen Beschaffung beur­teilen lassen und jährlich einen Bericht dazu dem Nationalrat zuzuleiten.

Ein besseres Leben für Hunde und Katzen

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz, wird ersucht, dem Nationalrat Gesetzesentwürfe vorzule­gen, Verordnungen in Begutachtung zu schicken, sowie weitere Schritte zur Umsetzung der folgenden Vorhaben zu tätigen:

•           Die Streichung des § 44 Abs. 17 im Tierschutzgesetz, sowie die rechtlich bindende Festlegung von klaren Definitionen zur Diagnose von Qualzuchtmerkmalen. Die Definitionen zur Diagnose von Qualzuchtmerkmalen sollen vorerst für brachyce­phale Hunderassen erfolgen. Vorbild könnte das niederländische Ampelmodell sein. Basierend darauf sollen bestimmte, besonders stark mit Qualzuchtmerkmalen belastete Rassen grundsätzlich mit einem Zuchtverbot belegt werden. Weiters soll für Tiere aus Rassen, die in unterschiedlicher Intensität mit Qualzuchtmerkmalen belastet sind, eine wissenschaftlich basierte Freigabe zur Zucht erfolgen, um Qualzucht zu unterbinden. Danach soll die Regelung auf weitere Hunde- und auch Katzenrassen sowie auch auf Nutztiere und weitere Heimtierarten mit verschiedenen Qualzuchtmerkmalen ausge­dehnt werden.

•           Regelmäßige Kontrolle der Züchterinnen und Züchter auf Einhaltung dieser Bestimmungen.

•           Einführung eines Sachkundenachweises für die Haltung von Hunden.

•           Erhebung von Daten betreffend Hundehaltung.

•           Klarstellung des Verbots des Rasierens der Vibrissen.

•           Vorgabe der Kastration aller Katzen mit freiem Zugang zur Natur mit Inkrafttreten 1.6.2022.

•           Durchführung eines runden Tisches zum Thema Katzenkastration, möglichen Förderprogrammen, und Vorgehensstandards beim Auffinden von Streunerkatzen.

•           Strengere Regulierung der Haltung von Wildtieren, insbesondere Exoten: Die für die Privathaltung erlaubten Arten sollen durch eine abschließende Auflistung der er­laubten Arten eingegrenzt werden, statt des umgekehrten Ausschlusses durch die derzeit bestehende Negativliste. Die neue abschließende Auflistung soll sowohl auf die potentielle Gefährlichkeit der Tiere als auch auf die Umsetzbarkeit der artgerechten Haltung Bezug nehmen. Für bestehende Privathaltungen von Arten die in Zukunft nicht mehr in Privathaltung erlaubt sind, soll eine Übergangsfrist bis zum Verenden der Tiere vorgesehen, und die Abgabe z.B. an Zoos nach Möglichkeit angeboten werden.

•           Einführung eines Sachkundenachweises für die private Haltung von Wildtierarten mit besonderen Haltungsanforderungen.

Eine starke Stimme für die Tiere

Die Bundesregierung wird ersucht, folgende Maßnahmen für eine verbesserte Daten­lage, verbesserte Beratung, und erleichterte Arbeit der mit Tierschutz befassten Behör­den zu ergreifen:

•           Erweiterung und Etablierung von bundesweiten Programmen zur Tiergesundheit im Zuge des Aufbaus eines bundesweiten Tiergesundheitsdiensts, welcher bereits im Laufen ist und bis Ende 2022 abgeschlossen sein soll. Schwerpunkte sollen u.a. eine weitere Reduktion des Antibiotika-Einsatzes und die Beendigung der Praxis des routine­mäßigen Schwanzkupierens sein.

•           Verbesserung der Datenlage mittels Datenportal, in dem die Daten verschiedens­ter Institutionen zu Tierhaltung, Tierschutz, und Tiergesundheit zu Analysezwecken ver­knüpft werden (Animal Health Data Service). Auf dieser Basis können notwendige Hand­lungsfelder rascher erkannt werden, die risikobasierte Kontrolle zielgerichteter erfolgen und die Beratung der Betriebe verbessert werden. Es soll auch einen öffentlichen Teil geben, in den jeder Einsicht nehmen kann, nicht nur die betroffenen Behörden und Tier­halterInnen.

•           Verbesserung der Erhebung von Tiergesundheitsdaten auf Schlachthöfen, auch mittels automatisierter Erfassung sowie genauerer Definition der zu erhebenden Daten, und Entwicklung von Benchmarks für die Tiergesundheitsdaten. Die erhobenen Daten inkl. Benchmarking sollen einerseits dem Tierhalter für Monitoring und Verbesserungen der Haltungsbedingungen zur Verfügung gestellt werden, andererseits sowohl in das AHDS einfließen, als auch der Behörde für risikobasierte Kontrollen zur Verfügung stehen.

•           Ausbau und Aufwertung der Heimtierdatenbank, um die Datenlage und Kontrolle zu verbessern, vor allem in Bezug auf Tiere mit Qualzuchtmerkmalen, durchgeführte Kastrationen, gemeldete Zuchttiere und gehaltene Wildtiere mit besonderen Haltungs­anforderungen.

•           Erarbeitung von Meldemöglichkeiten mit psychosozialer Beratung für Fälle von animal hoarding oder Vernachlässigung von Tieren, um das Prinzip beraten und unter­stützen vor strafen anzuwenden.

Gesunde Ernährung für alle verbessert auch das Tierwohl

Die Bundesregierung wird ersucht, folgende Maßnahmen zur Erreichung der Ziele zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit und des menschlichen Wohlergehens, der Tiergesundheit und des Tierschutzes zu ergreifen:

•           Maßnahmen im Hinblick auf das Marketing für Lebensmittel, die Menschen dazu anregen und es ihnen erleichtern, ihre Ernährungsweise zu verbessern, um die öster­reichischen Ernährungsempfehlungen breiter im Alltag der Menschen umzusetzen (siehe Ernährungspyramide – max. 3x Fleisch- und Fleischprodukte pro Woche).“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht. Er wurde in seinen Grundzügen erläutert und an alle Abgeordneten verteilt.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Franz Leonhard Eßl. – Bitte.