12.22

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Verspielt, intelligent, selbstbe­wusst, musikliebend – all das und noch einiges mehr sind Charaktereigenschaften, die ein Schwein haben kann. Die Transplantation von chemisch veränderten Schweine­herz­klappen ist bereits Routine in den Krankenhäusern, ihre Haut kommt bei Brandopfern zum Einsatz, Kollagenmembranen finden in der Gewebe- und Knochenregeneration ihre Anwendung. Dennoch: Die sogenannten Nutztiere sind, wenn es ums Mitgefühl geht, bei sehr vielen Menschen einfach ausgenommen, und das, obwohl diese Lebewesen uns im Alltag doch oft so nahe sind.

Eigentlich wäre es relativ leicht machbar, denn das österreichische Tierschutzgesetz ist ein sogenanntes Rahmengesetz. Relativ einfach heruntergebrochen bedeutet das, dass man von so einem Gesetz doch eine gewisse Dynamik verlangen kann, wenn es um die Aktualisierung durch Erkenntnisse aus Wissenschaft, Ethik und dem Zeitgeist zum Thema Tierschutz geht, denn die Ausgestaltung eines solchen Rahmengesetzes erfolgt auf mehreren Verordnungsebenen und bietet somit eigentlich einen idealen Grund­bau­stein für ein dynamisches, aktives Handeln.

Ziel des Tierschutzes ist – no na – der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere. Zwei Säulen machen das Tierschutzgesetz aus, Verbots- und Gebotsnormen: Verbot der Tierquälerei, Verbot der Tötung ohne vernünftigen Grund und so weiter, die Gebotsnormen sollen das Wohlbefinden der Tiere sicherstellen. Gibt es im Tierschutz­bereich aber überhaupt die Begrifflichkeit Wohlbefinden? Ist Landwirtschaft in dieser Zeit des systemischen Wandels überhaupt noch zukunftsfit, wenn alles so bleibt wie gehabt? – Eher nein.

Was bedeutet zukunftsfähig? – Das bedeutet vor allem auch Schutz der Landwirtschaft. Dabei geht es um so viel mehr, als der Begriff Nachhaltigkeit hergibt: Eine nachhaltige Umwelt- und Landwirtschaftspolitik ist eben auch eine tierschutzgerechte Politik. Diese kann aber nicht ohne ausreichende finanzielle Mittel, die gerecht und vor allem effizient verteilt werden, umgesetzt werden. Tieren kein Leid und keinen Schaden zuzufügen steht eben in einem klaren Spannungsverhältnis mit der Wirtschaft, mit hohem wirt­schaftlichem Druck, und vielem, was einer gewissen Wirtschaftlichkeit nicht entspricht, wird eine strenge Blockadehaltung entgegengesetzt.

Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben vieles gesagt, was richtig und wichtig ist. Ich möchte den Punkt der Vollspaltenböden noch einmal aufgreifen. Wir alle wissen: Fünf europäische Länder haben diesen Schritt in Richtung mehr Tierwohl bereits gesetzt, darunter niemand Geringerer als der größte Schweineproduzent der EU, Däne­mark.

In Österreich sieht die Realität für rund 90 Prozent der Schweine wirklich traurig aus. Die Tiere leben auf Beton, auf Vollspaltenböden, ohne Stroh, Bewegungs- und Beschäfti­gungsmöglichkeiten. Daraus resultiert nicht nur eine viermal höhere Todesrate, sondern resultieren vor allem auch Verletzungen, entzündete Wunden.

Einmal mehr möchte ich auf den Mythos Bioschwein zu sprechen kommen: Was be­deutet es, ein Leben als Bioschwein zu führen? – Auch das angeblich so glückliche Bio­schwein hat keinen rechtlichen Anspruch auf Freilauf, auf Wiese, auf Erde oder Sonne. Ferkelkastration, Kupieren der Schwänze und Abschleifen der Eckzähne zählen zu den regulären Verfahren, obwohl selbst in der bösen, konventionellen Schweinehaltung solche Maßnahmen eigentlich nur im Einzelfall erlaubt sind. Die Praxis sieht jedoch auch bei einigen Biobetrieben eher nach der üblichen Realität als nach einem Einzelfall aus. Wie bei vielen Dingen, wo Bio draufsteht, muss man auch da genauer hinschauen.

Ich weiß, der Umstieg ist eigentlich sehr kostenintensiv. Das ist auch den Landwirtinnen und Landwirten bewusst gewesen, die diesen mutigen Schritt bereits gewagt haben, die bereit waren, diesen schwierigen Weg zu gehen, all diese Mühe, diesen Einsatz auf sich zu nehmen, weil sie wissen: Es braucht den Einklang zwischen Tierwohl und Konsum­bedarf. Auch ein Forschungsprojekt hat gezeigt, dass rund ein Drittel der LandwirtInnen diesen Umstieg durchaus als machbar empfindet und ihn sich auch vorstellen könnte. Rund ein Drittel davon sind jüngere Landwirte, und ich denke: Perfekt, da haben wir also Leute, die bereit sind, nicht nur diesen mühsamen Beruf Landwirt zu ergreifen, sondern auch noch bereit sind, zukunftsfit zu handeln und zu denken. Das ist vor allem auch wichtig, damit die österreichische Qualität hoch bleibt und wir nicht über kurz oder lang mit weiteren drastischen Qualitätseinbußen rechnen müssen und Österreich den eigent­lich sehr einzigartigen USP für seine Produkte verlieren wird.

Ich weiß, diese Veränderung kostet Geld, aber es geht um Existenzen. Wenn wir uns schon nicht aus einer gewissen Ethik oder Moral heraus die Frage stellen, dann vielleicht aus einer gewissen Wirtschaftlichkeit. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Es reicht schon, wenn wir bereit sind, kleine Teile umzusetzen, an kleinen Schrauben zu drehen, damit wir dann für das große Ganzheitliche, Gesamte sehen, wie es besser, effizienter funktionieren kann, damit wir auch in 20 Jahren noch stolz auf österreichische Produkte sein können.

Ja, liebe Grüne, ich weiß, es ist euch ein ehrliches Anliegen, das weiß ich wirklich, und ich weiß, dass wahnsinnig viel Bemühung da war. Ich weiß auch, dass es mit Kollegen Eßl ganz schwer ist, einen Konsens zu finden (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), aber es gibt in diesem Saal einen Abgeordneten, der wirklich – ich glaube, es sind 15 Jahre – Erfahrung hat, wenn es um Verhandlungen mit Abgeordnetem Eßl geht, und das ist Kollege Keck. Ihr könnt ihn immer um Rat fragen, denn wenn ich eines weiß, dann dass ihm Tierschutz ein wirkliches Anliegen ist. Politik hat keinen Platz für persönliche Be­findlichkeiten. Das muss man so sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich habe Sie schon darauf aufmerksam gemacht, dass Ihre Redezeit ausgeschöpft ist. Sie haben jetzt noch einen Schlusssatz, und dann kommen wir zur Abstimmung.

Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Na gut, dann möchte ich den Satz eigentlich gerne nützen, um allen Tierschützern in Österreich für ihren Einsatz, für ihren Mut, für ihre Geduld zu danken. Es gibt zum Tierschutz noch viel zu sagen, aber in einem Satz kann ich es jetzt nicht mehr unterbringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Fiedler.)

12.28