12.37

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Kollegin Yılmaz, Sie unterstützen dieses Volksbegehren aus nachvollziehbaren Gründen. Ich kann mir das durchaus vorstellen, dass das für Sie sehr sinnvoll ist, weil Sie da ja eigentlich die Idee eines laizistischen Staates im Hinter­kopf haben. (Beifall bei den NEOS.)

Es wäre also der Ethikunterricht der allgemeine Unterricht, den man haben sollte, und der Religionsunterricht würde den Staat eigentlich gar nicht mehr interessieren. Das ist dieses Konzept, das Sie sich wünschen, das auch in anderen Staaten umgesetzt wird.

Ich will Ihnen ein anderes Konzept vorstellen, das ich auch als in sich geschlossen empfinde, und es ist dann die Frage, welcher Ansatz für Österreich der sinnvollere ist. Sie sagen, die Kinder würden durch den Religionsunterricht und den Ethikunterricht „getrennt werden“ – die Kinder werden auch in vielerlei anderer Hinsicht getrennt, und diese Art der Trennung als etwas Böses hinzustellen, kann ich überhaupt nicht nach­vollziehen. Es gibt Kinder, die den Musikunterricht besuchen, und andere besuchen den Zeichenunterricht, das habe ich selbst erlebt und das gibt es auch heute noch. Das ist keine Frage der Abwertung oder Diskriminierung, sondern unterschiedliche Vorlieben und unterschiedliche Interessen werden unterschiedlich bedient.

Wir haben in Österreich eben keinen laizistischen Staat, und das aus gutem Grunde. (Abg. Loacker: Auf den bin ich gespannt!)

Wir haben einen Staat, der Religionsgemeinschaften anerkennt. Es gibt bestimmte Reli­gionsgemeinschaften, die anerkannt werden, weil der Staat der Ansicht ist, dass einer­seits in der Conditio humana auch das religiöse Gefühl, das Gefühl eines Glauben­wol­lens vorhanden ist. Jeder Mensch möchte an irgendetwas glauben. (Abg. Blimlinger: Nein! Nein!)

Es gab einen Wiener Bürgermeister, der an den Gott Bacchus glaubte; es gibt einen ehemaligen Abgeordneten Pilz, der an die Vierte Internationale glaubte; es gibt Men­schen, die an die Natur glauben – jeder hat so seinen Glauben.

Gewisse Glaubensweisen drücken sich darin aus, dass man eine Gemeinschaft bildet, dann werden bei diesem Glauben – der an sich ja nur privat ist und privat zu sein hat, das ist ganz entscheidend – plötzlich Öffentlichkeitsaspekte miteingeschlossen, da sind dann Öffentlichkeitsaspekte auch dabei.

Daher ist der Staat interessiert, diese Glaubensgemeinschaften kennenzulernen und zu sehen, ob diese auch mit den Ideen, die der aufgeklärte Staat besitzt, kompatibel sind. Es gibt solche Religionsgemeinschaften, sie werden einfach anerkannt, und man soll ihnen auch die Gelegenheit geben, in den Schulen zu wirken. Das ist die Einstellung, die wir dazu haben, und ich finde, das ist eine durchaus nachvollziehbare Einstellung, wenn man dafür sorgt, dass der Religionsunterricht nicht missionierend, sondern auch im Sinne der Aufklärung vollzogen wird. (Beifall bei der ÖVP.) Das wird in Österreich durchgeführt (Zwischenruf des Abg. Loacker), dafür wollen wir auch sorgen, dass das geschieht: keine Missionierung, sondern Aufklärung. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Religionsunterricht ist auch durchaus gewährleistet, dass ethische Fragen, wie zum Beispiel, wie die Entwicklung der Persönlichkeit im Hinblick auf die Pandemie ausschaut, genauso gestellt werden wie in einem Ethikunterricht, natürlich mit einem anderen Hintergrund – auf der einen Seite ist die Transzendenz dessen, an den man glaubt, im Zentrum, beim anderen gibt es das nicht. Warum denn nicht? Diese Mög­lichkeiten sind vorhanden. Ich würde auch sagen, dass es für die jungen Damen und Herren, die den einen oder den anderen Unterricht genießen, sogar sehr spannend sein kann, diese Verschiedenheit zu erleben.

Wir bieten Verschiedenheit an, Sie wollen dieser Verschiedenheit gleichsam einen Rie­gel vorschieben. (Abg. Yılmaz: Nein!) Sie sagen, dieser Religionsunterricht gehört dann gleichsam aus der Schule heraus, denn das wird ja passieren. (Abg. Yılmaz: Nein!) – Ja, das würde natürlich geschehen. Durch diese Verschiedenheit, die wir da anbieten, haben wir tatsächlich ein interessantes und attraktives Modell geschaffen und für den Ethikunterricht einen sehr guten Lehrplan erstellt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Yılmaz.) Wir werden Ethiklehrerinnen und -lehrer dementsprechend ausbilden, auch Re­ligionslehrerinnen und Religionslehrer werden in diesem Sinne des aufgeklärten Staates ausgebildet. Wir werden sehen, wie sich die Zukunft da weiter entwickelt, aber in der Verschiedenheit liegt die Würze. (Beifall bei der ÖVP.)

12.42

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Petra Vorderwinkler zu Wort gemeldet. – Bitte.