16.29

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Willkommen zurück! Wir diskutieren den Außen- und Europa­politischen Bericht 2020. Was bleibt von sieben Wochen Außenminister Linhart? – Das Vorwort in ebendiesem Bericht. (Abg. Lopatka: Das war jetzt nicht charmant!)

Ich möchte Ihren Blick jetzt auf Äthiopien lenken. Seit mehr als einem Jahr kämpft dort die Volksbefreiungsfront von Tigray mit Regierungstruppen. Die Lage ist kompliziert, auf allen Seiten gibt es schwere Kriegsverbrechen. Manche Expertinnen und Experten sprechen mittlerweile von einem Failed State und sehen Äthiopien als gescheiterten Staat, der in nicht einmal einem Jahr vom großen Hoffnungsträger für den afrikanischen Kontinent zu einem wirklich großen Krisenfall, Problemfall für die ganze Region ge­worden ist. Laut UN hat der Krieg bisher das Land 1 Milliarde Euro gekostet, neuere Berechnungen gehen sogar von 2 Milliarden Euro aus. Gleichzeitig ist Äthiopien auch ein EZA-Fokusland von uns, von Österreich. Österreich überweist jedes Jahr 26 Mil­lionen Euro an ADA-Mitteln.

Wir haben auch mehrere Anträge zu dieser Thematik eingebracht. Das Ziel ist immer, unsere EZA vor allem in Bezug auf Äthiopien neu zu bewerten. Wir wollen sicherstellen, dass unser Geld, unsere Entwicklungszusammenarbeit nicht dazu dient, Kriege zu finanzieren. Sie, Herr Außenminister, meinten diesbezüglich im Ausschuss, dass ja diese Gelder eh nicht in ein Budget, in dem Fall des äthiopischen Staates, eingespeist werden. Das ist auch ganz klar, so ist auch unsere EZA nicht deklariert oder konstruiert. Aber was wissen wir eigentlich genau darüber, was mit unserem Geld in Äthiopien passiert? – Wir wissen es nicht! Wir wissen, dass dieser Krieg auch ein Infokrieg ist. Er wird über Fakenews und über das Ausschließen von BerichterstatterInnen, von JournalistInnen geführt. Wir wissen auch, dass die Kontrolle über humanitäre Hilfe oft selbst auch eine Form von Kriegsführung darstellt. Die UN selbst kann nicht immer garantieren, dass ihre Hilfen auch tatsächlich dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden, und die UN ist ein deutlich größerer Player als Österreich.

Natürlich frage ich mich: Wenn wir nicht garantieren können, dass unser Geld in keinster Art und Weise Konfliktparteien zugutekommt – wie wir auch immer wieder behaupten –, warum werden dann unsere diesbezüglichen Anträge, da auch zu evaluieren, immer wieder vertagt oder abgelehnt? Wir wissen nicht, wo unser Geld in Äthiopien hingeht, wir wissen aber, dass der Konflikt sich ausweitet und auch immer brutaler wird. Ganz offen­sichtlich haben auch unsere Mahnungen und die Forderungen unserer Regierung, auch von Ihnen, Herr Außenminister, der Sie gerade vorhin gesagt haben, man muss jetzt in der Außenpolitik auch einmal Kante zeigen, keinen durchschlagenden Erfolg und be­eindrucken wohl auch die Regierung in Äthiopien nicht nachhaltig.

Deshalb frage ich mich: Warum bleiben wir in einem Land, auf das wir keinen Einfluss haben? Weshalb bleiben wir in einem Land, in dem wir nicht einmal nachschauen können, was mit unserem Geld passiert? Humanitäre Hilfe kann man auch über die UNO bereitstellen, wir sollten uns aber bei unserer Entwicklungszusammenarbeit sehr wohl auf Länder konzentrieren, von denen wir als Partner auch wertgeschätzt werden. Das ist in Äthiopien jetzt nicht der Fall und wird auch mittelfristig und längerfristig nicht der Fall sein.

Sie wissen, ich bin eine große Unterstützerin der EZA, aber das darf eben nicht ein Selbstzweck sein. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir mit unseren Mitteln aus Österreich in anderen Regionen mehr bewirken können. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Engelberg. – Bitte sehr.