17.58

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ja, wir muss­ten aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, die Beihilfe zum Suizid straffrei zu stellen, rechtliche Rahmenbedingungen schaffen – rechtliche Rahmenbedin­gungen, um den freien und selbstbestimmten Willensentschluss der Betroffenen recht­lich abzusichern und vor Missbrauch zu schützen.

Unser Ziel als Volkspartei war es, einen möglichst engen Rahmen zu setzen, weil uns der Schutz des Lebens unglaublich wichtig ist. Deswegen werden wir demnächst hier im Hohen Haus das Hospiz- und Palliativfondsgesetz beschließen, mit welchem wir helfen, zu ermöglichen, dass Menschen am Lebensende an der Hand begleitet werden. Mit einer Drittelfinanzierung zwischen Bund, Ländern und den Sozialversicherungsträgern werden wir in den nächsten Jahren 108 Millionen Euro aufstellen, damit ein würdevolles Sterben, begleitet von den liebsten Menschen, möglich wird.

Darüber hinaus muss man das Übel Suizid an der Wurzel packen. 2,5 Millionen Euro wird es jährlich zusätzlich für Suizidprävention und psychosoziale Gesundheit von Men­schen geben. Der diesbezügliche Ministerratsvortrag wurde gestern verabschiedet. Ganz wichtig ist: Er nimmt auch Bezug auf das Gesetz, das wir heute beschließen wer­den, denn es soll helfen, sicherzustellen, dass Menschen gar nicht in die Lage kommen, Suizid begehen zu wollen.

Zum Inhalt: Wir als ÖVP haben uns nicht mit all unseren Forderungen gegenüber oder in den Diskussionen mit unserem Koalitionspartner durchgesetzt. Es sind Punkte offen­geblieben, die wir lieber anders geregelt gehabt hätten.

Ich möchte an dieser Stelle aber ganz besonders all jenen Menschen und Organisa­tionen Dank sagen, die an dieser Gesetzwerdung mitgewirkt haben, nämlich im Rahmen des Dialogforums im Justizministerium, bei uns in den ÖVP-Themenklubs, die wir ab­gehalten haben, all jenen, die bei der Begutachtung mitgewirkt haben, und durch unzählige persönliche Gespräche, die auch ich führen durfte, durch Schreiben, die an mich herangetragen wurden, und auch in dieser kurzen Begutachtungszeit durch diese wertvollen Stellungnahmen, die wir erhalten haben.

Es ist uns als Mitgliedern des Justizausschusses und allen, die wir heute im Hohen Haus diese Regelungen verabschieden werden, das hohe Maß an Verantwortung, das wir tragen, bewusst. Straffreie Beihilfe zum Suizid können nur Personen erhalten, die unheil­bar oder schwerst krank und volljährig sind. Aus meiner Sicht sollte das die Ultima Ratio sein.

Den Prozess dafür haben wir sorgsam festgelegt. Zwei unabhängige Ärzte und ein Notar oder Patientenanwalt müssen den freien Sterbewillen und die Entscheidungsfähigkeit bestätigen und vor allem auch über Alternativen aufklären. – Das ist doch wichtig! Selbstmord kann doch nicht das Ziel eines Menschenlebens sein! Alternativen müssen aufgezeigt werden. Vor dem Selbstmord ist eine Bedenkzeit einzuhalten, je nach Zu­stand zwei oder zwölf Wochen.

Vor allem darf niemand gezwungen werden, diesen Weg zu gehen oder jemanden auf diesem Weg zu begleiten. Das werden wir jetzt mit einem Abänderungsantrag, den ich einbringen darf, insbesondere auch noch für die Apotheken sicherstellen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Magª. Agnes Sirkka Prammer, Kollegin­nen und Kollegen zur Regierungsvorlage 1177 der Beilagen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem ein Sterbeverfügungsgesetz erlassen wird sowie das Suchtmittelgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden, in der Fassung des Ausschussberich­tes 1255 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Die Regierungsvorlage wird in Artikel 1 wie folgt geändert:

1. In § 2 Abs. 1 wird nach der Wendung „Hilfeleistung (§ 3 Z 4)“ die Wendung „ , wie etwa die Abgabe des Präparats (§ 3 Z 9) durch eine Apothekerin bzw. einen Apotheker,“ eingefügt.

2. In § 2 Abs. 2 wird die Wendung „Hilfeleistung (§ 3 Z 4)“ durch die Wortfolge „solchen Hilfeleistung“ ersetzt.

3. In § 3 wird in Z 1 und in Z 2 jeweils nach der Wortfolge „ihr Leben“ das Wort „selbst“ eingefügt.“ 

Das ist extrem wichtig: Da soll das Wort „selbst“ eingefügt werden, denn es geht um die Selbsttötung!

„4. In § 5 wird in Abs. 1 nach der Wortfolge „ihr Leben“ das Wort „selbst“ eingefügt.

5. In § 8 Abs. 3 Z 3 wird der Verweis „§ 7 Abs. 3“ durch „§ 7 Abs. 2“ ersetzt.

6. In § 11 Abs. 3 wird der erste Satz durch folgenden Satz ersetzt:

„Wurde für eine Sterbeverfügung der sterbewilligen Person bereits ein Präparat abge­ben, so ist die Abgabe eines weiteren Präparats nur zulässig, wenn das zuerst abgege­bene Präparat gleichzeitig zurückgegeben wird oder die Sterbeverfügung einen Vermerk nach § 8 Abs. 4 enthält.“

7. § 11 Abs. 7 lautet:

„(7) Die Österreichische Apothekerkammer hat auf Anfrage den dokumentierenden Per­sonen diejenigen Apotheken in der Nähe der sterbewilligen Person bekannt zu geben, bei denen diese das Präparat beziehen kann. Zusätzlich hat die Österreichische Apothe­kerkammer dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zum 30. Juni des jeweiligen Jahres die zur Abgabe bereiten Apotheken zu nennen.““

*****

Meine Damen und Herren, es ist dies ein Gesetz, das schwerwiegend ist und große Reichweite und Bedeutung hat. Meine Hoffnung als Gesetzgeber ist, dass wir heute ein Gesetz beschließen, das von Anfang an kaum Anwendung findet, weil wir mit Suizidprä­vention und guten Hospiz- und Palliativmöglichkeiten die Menschen besser begleiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Magª. Agnes Sirkka Prammer

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (1177 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Sterbever­fügungsgesetz erlassen wird sowie das Suchtmittelgesetz und das Strafgesetzbuch ge­ändert werden in der Fassung des Ausschussberichts (1255 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage wird in Artikel 1 wie folgt geändert:

1. In § 2 Abs. 1 wird nach der Wendung „Hilfeleistung (§ 3 Z 4)“ die Wendung „ , wie etwa die Abgabe des Präparats (§ 3 Z 9) durch eine Apothekerin bzw. einen Apotheker,“ eingefügt.

2. In § 2 Abs. 2 wird die Wendung „Hilfeleistung (§ 3 Z 4)“ durch die Wortfolge „solchen Hilfeleistung“ ersetzt.

3. In § 3 wird in Z 1 und in Z 2 jeweils nach der Wortfolge „ihr Leben“ das Wort „selbst“ eingefügt.

4. In § 5 wird in Abs. 1 nach der Wortfolge „ihr Leben“ das Wort „selbst“ eingefügt.

5. In § 8 Abs. 3 Z 3 wird der Verweis „§ 7 Abs. 3“ durch „§ 7 Abs. 2“ ersetzt.

6. In § 11 Abs. 3 wird der erste Satz durch folgenden Satz ersetzt:

„Wurde für eine Sterbeverfügung der sterbewilligen Person bereits ein Präparat abge­ben, so ist die Abgabe eines weiteren Präparats nur zulässig, wenn das zuerst abgege­bene Präparat gleichzeitig zurückgegeben wird oder die Sterbeverfügung einen Vermerk nach § 8 Abs. 4 enthält.“

7. § 11 Abs. 7 lautet:

„(7) Die Österreichische Apothekerkammer hat auf Anfrage den dokumentierenden Per­sonen diejenigen Apotheken in der Nähe der sterbewilligen Person bekannt zu geben, bei denen diese das Präparat beziehen kann. Zusätzlich hat die Österreichische Apothe­kerkammer dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zum 30. Juni des jeweiligen Jahres die zur Abgabe bereiten Apotheken zu nennen.“

Begründung

Zu Z 1 und 2 (§ 2 StVfG):

Die Österreichische Apothekerkammer hat den Wunsch geäußert, zur Klarstellung der Reichweite des Grundsatzes der Freiwilligkeit der Mitwirkung und des Benachteiligungs­verbots auch den Vorgang der Abgabe eines Präparats als eine mögliche Form der Hil­feleistung (§ 3 Z 4 StVfG) ausdrücklich in § 2 zu verankern.

Zu Z 3 und Z 4 (§§ 3 und 5 StVfG):

Mit der Einfügung des Wortes „selbst“ soll nochmals verdeutlicht werden, dass es sich eindeutig um einen Selbsttötungswillen handelt.

Zu Z 5 (§ 8 StVfG):

Der Verweis auf den notwendigen Inhalt der ärztlichen Aufklärung müsste auf § 7 Abs. 2 (statt auf § 7 Abs. 3) lauten.

Zu Z 6 (§ 11 Abs. 3 StVfG):

Der erste Satz in § 11 Abs. 3 normiert zwei alternative Fälle, in denen die Abgabe eines Präparats unzulässig ist. Der erste Fall ist jener, dass ein bereits ausgefolgtes Präparat nicht gleichzeitig zurückgegeben wird. Der zweite Fall ist jener, dass die Sterbeverfü­gung „einen Vermerk nach § 8 Abs. 4 enthält“. Dieser Vermerk wird allerdings im Fall des Verlusts oder Diebstahls des Präparats erteilt, soll also kein Ausschlussgrund für den neuerlichen Bezug eines Präparats sein, sondern im Gegenteil eine Bedingung, wenn das bereits bezogene Präparat wegen Verlusts oder Diebstahls nicht zurückgege­ben werden kann. Es wird daher eine positive Formulierung der Fälle vorgeschlagen, in denen die neuerliche Abgabe eines Präparats zulässig ist: entweder Zurückgabe des bereits bezogenen Präparats oder Vermerk des Verlusts oder Diebstahls.

Zu Z 7 (§ 11 Abs. 7 StVfG):

Um zu verhindern, dass Informationen über die zur Abgabe bereiten Apotheken ohne deren Willen an die Öffentlichkeit gelangen, soll die Österreichische Apothekerkammer über Nachfrage nur der dokumentierenden Person die entsprechenden Informationen erteilen. Zusätzlich hat der für Gesundheitswesen zuständige Bundesminister die not­wendigen Informationen über die zur Abgabe bereiten Apotheken zu statistischen Zwe­cken zu erhalten.

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Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Margreiter, Sie haben das Wort.