13.18

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! (Abgeordnete der SPÖ halten Plakate mit den Aufschriften „Preise runter statt Einmalzahlungen“ und „Echte Teuerungsbremse jetzt“ in die Höhe.) Sie werden insofern einen parlamentarischen Er­folg erreichen, als Sie auf einige dieser schriftlich dargestellten Argumente – ich weiß nicht, ob man das so sagen kann, aber zumindest nicht begründete Forderungen immer­hin – - - (Ruf bei der ÖVP: Schlagworte!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine halbe Minute haben wir vereinbart. Es sind noch 10 Sekunden. – Danke, Sie dürfen die Plakate bitte wieder runtergeben. (Die Abge­ordneten der SPÖ legen ihre Plakate wieder weg.)

Bitte, Herr Vizekanzler. (Ruf bei der FPÖ: Erzählen Sie uns ein paar Witze, Herr Vize­kanzler!)

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ja, tatsächlich, wir leben in Zeiten großer Verände­rungen und großer Krisen, in Zeiten mehrerer großer Krisen gleichzeitig (weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ), in Zeiten von Krisen, wie es sie in der Nachkriegsgeschichte kaum, jedenfalls schon lange nicht mehr gegeben hat.

Erlauben Sie mir, hier auf das Ringen und auf die Abwägung von Fragen, die wir dazu in der Bundesregierung vorgenommen haben, einzugehen. Es sind ja sechs Ministerin­nen und Minister mit mir hier anwesend, die auch alle zu den Einzelbereichen Stellung nehmen können, aber ich will einmal ein Gesamtbild geben, weil die Sache ein bisschen differenzierter ist, als es manchmal infolge des Privilegs, das einem als Oppositionsred­ner diesbezüglich zukommt – und ich kann das ja sehr schätzen –, am Rednerpult des Nationalrates zum Ausdruck kommt. Es mag ja immer im Einzelnen etwas richtig sein, aber es geht um eine Gesamtbetrachtung und um eine Gesamtabwägung, und die wollte ich Ihnen nicht ganz verheimlichen.

Zunächst: Wo kommt vieles her? – Bevor wir aber zu den Ursachen kommen, sage ich auch: In Wahrheit müsste man, sprachlich korrekt, Teuerungsausgleichspaket sagen, denn Antiteuerungspaket geht tatsächlich ein bisschen an der Sache vorbei, weil man die Teuerung als solche – das ist ja unsere These – nicht ohne Weiteres erschlagen kann; das sollten aber auch Sie zur Kenntnis nehmen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Man kann etwas tun, und welche Maßnahmen die am meisten zielgerichteten sind, darüber tauschen wir uns ja gerade aus, aber es geht um ein Entlastungspaket, ein Teuerungsausgleichspaket – das müsste, so haben manche gemeint, Ihnen von der So­zialdemokratie eigentlich gut passen – oder auch ein Geld-zurück-Paket, da die Inflation ja zuerst einmal Geld kostet und tatsächlich mehr in die Staatskassen spült. – So weit, so richtig.

Kommen wir jetzt aber auf die Ursachen zu sprechen, auf diese Fossilinflation und auf die Abhängigmachung dieses Landes von einem Aggressor, bei dem man schon seit 2007, 2008, 2009 gesehen hat, dass dieser Aggressor, nämlich Putin, niemals davor zurückschrecken wird, Energielieferungen als Waffe einzusetzen, jedenfalls gegenüber Europa, weil die Zerstörung der Europäischen Union mit ihren Werten das Ziel Putins ist! Das sollten Sie einmal begreifen, auch Sie von der Sozialdemokratie! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Wieso habt ihr denn das dem Van der Bellen nicht gesagt? Wieso habt ihr das dem Van der Bellen nicht gesagt?)

Diese Anbiederung und all dies, was da passiert ist, das mag man verstehen aus der Tradition – man muss immer mit allen reden, auch jetzt; das ist alles richtig –, aber wie konnte es dazu kommen, dass man das nicht gesehen hat oder nicht sehen wollte?! Denn: Wir haben uns alles herausgesucht, was seit diesen Jahren passiert ist, auch seit dem berühmten Jahr 2014, in dem die Krim schon annektiert wurde, in dem es eigentlich schon damals völkerrechtswidrig in der Ostukraine, wo jetzt die Massaker, die Tötungen, die Vergewaltigungen stattfinden, losgegangen ist. Wo waren (in Richtung SPÖ und FPÖ weisend) Sie und Sie? – Sie (in Richtung FPÖ) waren mit dabei (Ruf bei der FPÖ: Wo waren Sie? Wo wart ihr?) bei diesem Ausrollen des roten Teppichs! (Beifall bei den Grü­nen. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ja, ich habe Ihnen das vorgehalten! Das ist ja der Grund dafür, dass wir jetzt glaubwür­dig sind! Viele Regierungen haben uns da hineingeritten, und diese Regierung versucht, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Fahren Sie, Herr Kickl, in den Donbass und machen Sie dort Ihre Selfies (Abg. Dei­mek: ...! Das sind mittlerweile österreichischen Staatsbürger, und die sind enttäuscht von dir, weil ihr das nicht zur Kenntnis nehmt!), dort, wo gemordet und vergewaltigt wird! Und dann soll in dieser Situation die Europäische Union so tun, als ob nichts gewesen wäre?! Das ist Ihr Ratschlag. – Ja, und diese Haltung kostet etwas. (Abg. Kickl: Sie eh nicht! Sie ja nicht! Sie nicht!) Sollen wir uns die Haltung deshalb ersparen? – Nein, das tun wir nicht! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Deimek: ... die Sanktionen! Das ist ja doch scheinheilig! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Das ist doch die Auseinandersetzung! Viele verantwortungsvolle Politikerinnen und Poli­tiker in Europa haben gesagt – es waren ja nicht nur die Grünen, sondern das haben doch viele über viele Parteigrenzen hinweg gesagt –: Dies wird uns etwas kosten, dies wird Gesellschaften in Europa, zumindest vorübergehend – man kann es ja ausdifferen­zieren –, ärmer machen, insgesamt. Deshalb ist es doch die Aufgabe, jetzt, hier und heu­te – das führt dann auch zum Instrumentenkoffer dieser Bundesregierung – möglichst zielgerichtet – ganz genau geht es eh nicht – zu helfen, und nicht nach dem Motto: Über alle alles drüber! (Abg. Deimek: Wer ist denn jetzt der Koffer, von dem du redest?), wie es bei Mehrwertsteuersenkungen wohl der Fall wäre, sollten sie ankommen. Ich habe Ihnen ja versprochen, ich gehe auf Ihre Taferlargumente ein, ehrlicherweise.

Zunächst einmal aber zum Ausgangspunkt von allem, und deshalb gehört ja in der mitt­leren und längeren Frist genau hier angesetzt – kurzfristig ist das bei Gas nicht möglich, wir wissen das, deshalb sind wir da auch ein bisschen emotional, wenn uns genau jene ausrichten, wie es geht, die uns da erst überhaupt wider besseres Wissen und wider besseren Rat hineingeritten haben. (Abg. Kickl: Geht’s dir noch ganz gut?) – Sorry, Ab­geordnete, das muss sein! (Beifall bei den Grünen.)

Das bezieht sich bei Weitem nicht nur auf Parteien, deren Vertreter als Selfiejäger vor dem Kreml posiert haben, Sie sollten nur einmal offenlegen, wo Sie Ihre Parteifinanzie­rungen herhaben; aber das ist ein Thema, das Sie ja hier im Haus behandeln. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Da hat die ÖVP mehr ...!)

Auch da kriegen Sie den Verdacht nicht weg, dass Sie als Agenten von Putin im öster­reichischen Nationalrat sitzen, und da passt ja nur dazu, dass Sie die Rede des ukraini­schen Parlamentspräsidenten hier vor kurzer Zeit boykottiert haben. (Abg. Rauch: Gott sei Dank! Gott sei Dank!) Also gehen Sie einmal in sich und halten Sie uns mit Ihren Zwischenrufen jetzt nicht auf! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die Sache selber aber ist nicht so einfach – ja, das ist so (Abg. Kickl: Was ist aus dem Kogler geworden!), da muss man ehrlich sein. Es ist tatsächlich so, dass diese Teuerung noch länger anhalten wird. Ja, da würde ich dem Kollegen und Abgeordneten Kickl – ob Kollege, weiß ich nicht – recht geben, das wird sich aufgrund dieser Preisentwicklungen, gerade im Energiebereich, noch bis zu weiteren Gütern, auch bis hin zu den Lebensmit­teln noch einmal weiter fortsetzen. Wir haben aber schon Ende Februar gesagt (Zwi­schenruf bei der SPÖ), dass da noch einiges auf uns zukommen wird. Es ist ja schon einmal gut, wenn wir uns, wenn schon nicht über die Analyse, zumindest vielleicht über ein paar Konsequenzen dieses Vorgangs einig sind (Abg. Rauch: Die schwersten Kon­sequenzen!), denn dann können wir vielleicht auch darüber reden, was die geeigneten Maßnahmen sind – denn diese Frage steht ja in der Debatte über diese Novellen und Gesetzespakete, die Ihnen hier jetzt vorliegen, im Fokus. (Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Also ich sagte: Ausgleichspaket, Entlastungspaket. Jetzt kann man natürlich, wenn wir dieses Phänomen beobachten, darüber reden: Wie versuchen wir, dem beizukommen?, und ich bin mir nicht sicher, ob das, was so verlockend ausschaut, ursachenbekämpfend ist. Mir ist es ja auch so gegangen: Mehrwertsteuersenkungen, Preisdeckel? – Ich be­haupte ja nicht, dass man das nicht denken oder in Erwägung ziehen soll. Das machen wir ja alles! Da oder dort könnte es vielleicht auch etwas helfen, aber ich sage Ihnen etwas: Eine Mehrwertsteuersenkung in großem Stil, die dann auch bei den Haushalten und Menschen mit geringerem Einkommen wirklich etwas bewegen würde, trifft alle an­deren auch, und zwar viel mehr, denn die konsumieren ja auch viel mehr und die kon­sumieren ja auch die teureren Produkte – da fängt es schon einmal an –, und die Ge­fahr – wir haben ja diese Marktanalysen gemacht –, dass nur ein geringer Teil oder gar nichts davon weitergegeben wird, ist eine sehr große. Hundertprozentig kann es ja eh keiner sagen. Wieder beglückwünschen wir alle, die in dieser Situation genau wissen, was richtig ist und wie es geht. Ich zähle mich nicht dazu. Es geht hier um Abwägungen, um Einschätzungen, und genau diese machen wir.

Immerhin, wir haben uns mit ganz vielen Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsfor­schern auseinandergesetzt, und die haben uns ja auch beraten – und jetzt würde ich mir schon einmal erwarten, dass sich auch die Abgeordneten damit auseinandersetzen. Das ist ja keine Geheimwissenschaft. Teilweise kann man ja auch öffentlich nachvollziehen, welche Ratschläge von dort kommen, und ich denke, auch im Haus stehen diverse Dienste zur Verfügung. Bedenken Sie bitte einmal, wo da die Gefahren liegen! Die große Mehrheit der Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler sagt, dass Mehrwertsteuersenkungen genau diese Gefahren aufwerfen, die wohl schlagend wer­den, aber nicht diese Senkungen der Preise bringen. Ich würde Ihnen ja recht geben, wenn wir einmal die Preise runterbringen würden, denn dann wäre das im engeren Sinn ursachenbekämpfender als zu versuchen, Ausgleichspakete zu machen. Diese haben aber immerhin den Vorteil, dass man nicht alle gleich behandelt, sondern dass man sie eine Spur – auch nicht hundertprozentig – treffsicherer – wie dieser Ausdruck schon län­ger in der Sozial-, Steuer- und Wirtschaftspolitik lautet – machen kann.

Bei den Preisdeckeln haben wir ein ähnliches Problem. Auch das würde ich nicht aus­schließen oder für die Ewigkeit verramschen, überhaupt nicht, aber – schauen wir auf den Bericht – die Erfahrungen in Ungarn und in Slowenien sind so toll nun auch nicht. Auch das wirft innerhalb von wenigen Monaten an anderer Stelle, aber mit dem gleichen Problem, mehr Probleme auf, als man in der ersten Runde in den ersten paar Wochen löst. Wir sehen es ja bei unseren Kolleginnen und Kollegen – das darf ich jetzt genau so sagen, das ist ein bisschen anders als bei Herrn Kickl – in der deutschen Bundesregie­rung: Die haben auch, immerhin mit grüner Beteiligung – man sieht ja, wie differenziert das auf unserem Kontinent alles läuft, ich kritisiere sie ja auch nicht –, eine Mehrwert­steuersenkung oder, sagen wir so, eine Energiesteuersenkung für die Spritpreise ver­sucht – gemacht, aber im Ergebnis nur versucht. Das haben wir ja auch überlegt. Aller­dings ist genau das eingetreten, wovor gewarnt wurde: Zuerst einmal, bevor die Maß­nahme in Kraft getreten ist, sind die Preise schon einmal anständig gestiegen, damit die Konzerne nachher so tun konnten, als ob etwas hinuntergegangen wäre – ist es auch, aber: Nach drei, vier Tagen ist es wieder hinaufgegangen, und am Schluss ist es gleich hoch wie vorher. Ja wo sind denn jetzt die Milliarden? – In den Konzernzentralen, die Sie zu bekämpfen vorgeben! Das müssen Sie ja auch einmal durchdenken, dass zumin­dest diese Gefahr besteht! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Der besonders geschätzte Kollege Habeck kann sich jetzt damit rumraufen, wie er das Geld wieder zurückkriegt, das die eingesackt haben, obwohl das in bester Absicht ge­macht wurde. Und ich spreche auch Ihnen die gute Absicht nicht ab – und ich spreche Ihnen gar nichts ab, ich lade Sie nur ein, anzuerkennen, dass das alles nicht so einfach ist, wie da manche tun, obwohl es das Privileg von Klubobmenschen und Abgeordneten bleibt, an diesem Rednerpult so zu tun, als ob es das alles nicht gäbe. Wollen wir das respektieren. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Ihre Expertise haben wir bei Corona auch genossen!) – Ja, ja! (Abg. Kickl: Ja, ja!)

Also im Ergebnis – auch das ist etwas, das mit Ehrlichkeit und Seriosität zu tun hat –: Nicht alles gleichzeitig machen! Man könnte ja sagen: Okay, machen wir alles! Deshalb haben wir ja hier schon ein paarmal emotionalere Debatten gehabt: Mehrwertsteuersen­kungen, Preisdeckelungen, aber auch die Direktzahlungen an die Menschen, die ja jetzt das Instrument der Wahl sind – sei es über Transferbeträge verschiedener Art, sei es darüber, dass wir Absetzbeträge bei den Steuern hineinbringen, letztlich funktioniert das ja ähnlich. Mittel- und langfristig geht es im Übrigen um die Valorisierung, Indexierung der Sozialleistungen und natürlich auch die Abschaffung der kalten Progression.

Das ist schon historisch! Das sagen ja nicht einmal wir – ich wäre gar nicht darauf ge­kommen –, sondern es sind viele Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsforscher, die das sagen. Die beobachten das ja schon, dass das schon zehn Bundesregierungen in ihr Programm hineingeschrieben haben, aber keine gemacht hat. Jetzt wird es gemacht! Aus meiner Sicht, ja, sind da, was das betrifft, nur die NEOS glaubwürdig.

Sie (in Richtung SPÖ) machen jetzt Turnübungen, warum auch das alles schlecht ist. – Also ganz ist das nicht nachvollziehbar. Ich lade Sie zumindest ein, sich auf die Argu­mente, die damit verbunden sind, einzulassen!

Und jetzt zur Alternative der Direktzahlungen versus der Mehrwertsteuersenkungen: Würden wir das alles machen, wenn ich der SPÖ zuhöre, wäre das ein einziges Infla­tionsanheizungsprogramm, weil wir ja alles gleichzeitig machen würden. Das alles kostet ja auch etwas, umsonst ist da ja nichts! Im Übrigen wird das ja auch irgendjemand einmal zahlen müssen. Die Zinsen werden schön langsam steigen – aber noch schreckt uns das nicht so, weil jetzt etwas anderes vordringlich ist.

Ich danke auch dem Koalitionspartner, dass hier auch Prioritäten verschoben werden! Nein, das muss nicht selbstverständlich sein, aber wenn wir so dramatische einmalige Einschläge haben, die das Leben von immer mehr Menschen dramatisch einschrän­ken – mit den Beispielen, die Frau Klubobfrau Rendi-Wagner in dem Fall ja völlig zu Recht gebracht hat –, dann muss es auch die Aufgabe sein, außergewöhnliche Instru­mente zu nehmen, um diese Ausgleichsziele zu verfolgen – und ich sage: Ausgleichszie­le. Meiner Meinung nach ist das nicht nichts, das ist nämlich ganz viel!

Wenn wir jetzt einmal diejenigen hernehmen, die eh schon zu wenig haben – es ist ja auch wieder das Vorrecht einer Fraktion gewesen, sich hier aufzuregen, dass das ge­macht wird, wegen der, ich weiß nicht, Arbeitslosen und so weiter –: Pfff, also ich halte das schon für wichtig, wenn MindestpensionistInnen, wenn Studienbeihilfenbezieher, wenn eben Arbeitslose ein zweites Mal 300 Euro kriegen – das sind 600 Euro! Dann schauen Sie sich an, was die im Jahr überhaupt konsumieren können, weil sie ja schon so wenig haben! Dann sind 600 Euro aber ganz schön viel! Ich halte das für eine Über­heblichkeit, so zu tun, als ob 600 Euro für diese Gruppe nicht etwas Bedeutendes wäre. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Ja wo leben wir denn schon?

Siehe da: Ich finde ja immer mehr in den Analysen – also mit den Taferlargumenten hätte ich mich jetzt doch beschäftigt, glaube ich, aber selbst bei den Argumenten des Klubob­manns Kickl fällt mir das auf –, da kann man im Prinzip schon auch etwas aufgreifen. Der Punkt ist ja, dass wir nach wie vor bei dieser Treffsicherheit bleiben müssen, und da gibt es welche, die arbeiten und ein kleines Einkommen haben – das sind auch viele, mehr als uns recht sein kann – und die – tatsächlich, ja – im Zuge dieser Direktzahlun­gen noch nicht so viel erhalten haben. Was machen wir deshalb aber? – Da greifen jetzt genau die Zahlungen und Prämien und Boni, die Sie hier ein bisschen veräppelt haben. Das bleibt Ihnen ja vorbehalten, aber es wird dort ankommen.

Und wenn man so tut, als ob das schon heute oder gestern oder morgen sein könnte, dann stimmt auch irgendetwas nicht. Ja, soll der Finanzminister mit einem Geldkoffer von Haustür zu Haustür gehen, damit alles gleich passiert? – Das wird sich ja nicht aus­gehen! Wir haben hier bestimmte Mechanismen in diesem Land. Die Leute haben Konten, es gibt Steuernummern. Das ist alles nicht so einfach, wie man da tut, und deshalb mag für manche rasch vielleicht ein komischer Begriff sein, aber was wir ehrlicherweise sagen können, ist: möglichst rasch und so gut es geht treffsicher. Und wenn ich hier ein paar dieser Beträge herausgreifen darf, dann stimmt es einfach nicht, dass diese immer alle kriegen.

Kommen wir zum Teuerungsabsetzbetrag: Der schaut genau so aus, dass wir bis zu 1 800 Euro brutto im Monat den vollen Betrag haben und bei 2 600 Euro ist er dann null. Man könnte ihn ja vielleicht noch weiter ausschleifen lassen – das Argument hätte ich verstanden –, aber ist jemand, der 2 600 Euro im Monat verdient, jetzt schon einer, der ein Privilegierter ist, dem die Gießkanne da jetzt etwas Gutes tut, so wie Sie argumentie­ren? – Ich meine: Nein. Und auch bei den anderen Beträgen gilt: Ja, sie werden einmal vollständig ausgezahlt, aber sie werden dann versteuert, damit diejenigen, die mehr ver­dienen, zumindest den Steueranteil davon ziehen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Ich glaube, es gibt keinen ..., der sich damit noch auskennt!)

Na ja, sicher! Sie machen so (der Redner macht eine rotierende Bewegung mit seinem linken Unterarm), Herr Kickl, aber Sie haben keine Idee, wie es sonst schnell gehen könnte. So – genau so nämlich! –, und deshalb können Sie all diese Maßnahmen – auch die langfristigen, das wurde ja erwähnt, deshalb muss ich es nicht mehr tun – in die Richtung durchdeklinieren, dass es tatsächlich das erste Mal zu einer Valorisierung der Sozialleistungen kommt und die Abschaffung der kalten Progression auf eine Art und Weise erfolgt, dass man als Steuergesetzgeber – also Sie hier – genau mit dem Drittel, das zur Gestaltung übrig bleibt, auch noch sozial gestalten kann, aber im Sinn der Lohn- und Einkommensteuerrückgabe, sodass wirklich 100 Prozent zurückgegeben werden.

Das ist auch noch einmal eine soziale Steuerungsmaßnahme, und insofern sollte man sich einmal mit dem Gesamten beschäftigen, dann kann man sich über ein Detail immer noch aufregen – aber ein Gesamtbild habe ich von jenen, die dieses hier kritisieren, ehr­licherweise auch nicht nachzeichnen können.

Es bleibt schwierig, es ist schwierig, es ist abzuwägen, aber es ist jedenfalls ein Paket, das genau diesen Prinzipien folgt: möglichst rasch, wie es halt geht, adressieren der Zielgruppen und keine negativen Effekte langfristig, indem wir dann noch falsche Anreize setzen, indem wir alle fossilen Energieträger wieder billiger machen – und am Schluss gelingt das nicht einmal, weil es die Konzerne in der Tasche haben.

Also so gesehen ein weiter Wurf, ein großer Wurf, und dann sollen alle einmal erzählen, wie sie es besser machen würden und es nicht mehr kosten würde. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Ich sehe dich schon ein Atomkraftwerk ... ! Der bringt das auch noch zusammen!)

13.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Finanzminister Brunner. Bei ihm steht das Wort. – Bitte.