14.20

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abge­ordnete! Werte Damen und Herren! Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs sind weitreichend und sie sind dramatisch. Mir scheint es jetzt gerade an der Stelle der Diskussion geboten, noch einmal hinzuschauen, wo sie wirklich unerträglich sind, näm­lich in der Ukraine. In der Ukraine sind die Auswirkungen dieses Angriffskriegs uner­träglich: Von dort müssen Menschen flüchten, dort haben Menschen Angst um ihre Väter, um ihre Brüder, die Menschen müssen sich um ihre Heimat sorgen. Ihnen gehört natürlich auch unsere Solidarität. Deswegen sind wir militärisch neutral, aber wir ducken uns natürlich nicht weg, wenn es darum geht, unsere Stimme für Recht und Gerechtigkeit zu erheben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber ja: Putin setzt uns auch hier in Europa unter Druck. Seine Waffen in Europa sind andere als in der Ukraine. Das sind nicht die Bomben, sondern das sind Energieliefe­rungen und hohe Preise. Erlauben Sie mir zu Beginn einen kleinen Exkurs zur aktuellen Situation bei den Energielieferungen! Mir ist es ein Anliegen, dass Sie es in dieser Si­tuation auch von mir hier direkt hören: Sie wissen, es ist eine angespannte Situation. Mein Kollege Robert Habeck hat heute in Deutschland die Alarmstufe im Gasnotfallplan ausgerufen. (Abg. Loacker: Während ihr schlafts!) Wir haben in der Bundesregierung nach Beratung im Krisenstab heute entschieden, dass wir die Alarmstufe vorerst nicht ausrufen. Warum? – Ausschlaggebend sind dafür zwei Gründe: Die Gasflüsse nach Ös­terreich sichern die Versorgung nach wie vor uneingeschränkt, und es wird auch in den letzten Tagen kontinuierlich Gas eingespeichert. Unser Speicherziel, nämlich ein Füll­stand von 80 Prozent vor dem nächsten Winter, ist vorerst nicht in Gefahr. (Abg. Tasch­ner: Vorerst!)

Wenn wir Anzeichen haben, dass sich diese Situation ändert, werden wir in Österreich unmittelbar nächste Schritte setzen. Uns unterscheidet – das sei auch hier an dieser Stelle gesagt – im Vergleich zu Deutschland aber ein ganz wichtiger Punkt: In Deutsch­land wird auch im Sommer viel Strom aus Erdgas erzeugt. Dieses Erdgas soll in Deutschland nun in der regulären Stromproduktion durch Kohle ersetzt werden, damit mehr Gas aus der Stromproduktion rauskann und eingespeichert werden kann. Als Vo­raussetzung für diesen Umstieg auf Kohle braucht es eben die Alarmstufe.

In Österreich ist die Situation anders: Wir brauchen im Sommer sehr, sehr wenig Gas in der Stromerzeugung, weil die Erneuerbaren den größten Teil abdecken. Gas steht uns also im Sommer zur Einspeicherung zur Verfügung.

Ich hoffe, Sie entschuldigen den kurzen Exkurs, aber mir ist es ein Anliegen, Sie auch hier direkt über unsere Überlegungen in diesem Zusammenhang zu informieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir sehen aber natürlich unmittelbar, wie die Situation rund um die angespannten Gas­lieferungen auf den Gasmarkt wirkt: Sie treibt den Gaspreis. Das ist das zweite Instru­ment, das Putin in der Hand hat, nämlich die hohen Preise. Dieser hohe Gaspreis schlägt sich in vielen, vielen Bereichen nieder und ist Teil derselben Strategie von Wladimir Pu­tin. Für viele Menschen in unserem Land – und da sind wir uns, glaube ich, alle in diesem Saal einig – ist das eine große Belastung. Sie leiden unter der Teuerung, dieser Wahrheit müssen wir ins Auge sehen. In Österreich soll – das ist völlig klar – sich niemand über­legen müssen, ob geheizt wird, ob eingekauft wird. Deswegen ist es unsere Pflicht, dage­genzuhalten, denn wenn Putin versucht, uns mit diesen Preisen zu erpressen, dann wer­den wir dagegenhalten – das tun wir mit diesem umfangreichen Paket. Es braucht ra­sche und umfassende Maßnahmen, um die Menschen zu entlasten. Genau das liefern wir jetzt: möglichst rasche und umfassende Maßnahmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Erhöhung und die Aufstockung des Klimabonus sind ein wichtiger Baustein in die­sem Teuerungsausgleich, in diesem Antiteuerungspaket der Bundesregierung. Sie wis­sen, in ihrer ursprünglichen Form – das ist der Grundgedanke – gehören der Klimabonus und der CO2-Preis unmittelbar zusammen. Sie sind als Teil der ökosozialen Steuerre­form ein Teil einer umfassenden Revolution im Steuersystem und sorgen gemeinsam dafür, dass das Steuersystem erstmals den Klimaschutz im Blick hat, auf das Klima schaut: Was dem Klima schadet, bekommt einen Preis, was dem Klima nützt, wird be­lohnt. An diesem System halten wir selbstverständlich fest. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was wir aber jetzt durch den Krieg in der Ukraine erleben, ist ein Preisschock. Ein Preis­schock ist keine geplante Veränderung, ein Preisschock kann gerade für Menschen mit wenig Geld existenzbedrohend sein. Darum stehen wir hier, darum gibt es ja auch dieses große Entlastungspaket, um die Folgen dieses Preisschocks abzufangen. Deswegen sieht auch der Klimabonus 2022 anders aus: Er wird 2022 nicht nur seine Funktion als Transferleistung für Haushalte, für Personen in Österreich im Ausgleich zur Einführung der CO2-Bepreisung erfüllen, sondern er wird auch zusätzlich erhöht, um den Menschen eine unkomplizierte, eine direkte Hilfe gegen die Teuerung zukommen zu lassen. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Wir haben mit dem Klimabonus ein Vehikel an der Hand, mit dem wir in dieser akuten Situation relativ schnell und ohne großen Zusatzaufwand für alle Menschen in Österreich eine Hilfe gegen die Teuerung ausschütten können. Die Vorbereitungen für den Klimabo­nus sind relativ weit fortgeschritten. Wir sind gerade so weit, dass wir noch den Spiel­raum haben, den Betrag, der ausgezahlt wird, zu erhöhen – und diesen Spielraum nüt­zen wir jetzt auch.

Wir haben uns in der Bundesregierung entschieden, den Klimabonus in diesem Ausnah­mejahr und vor dem Hintergrund des Preisschocks deutlich aufzustocken, die regionale Staffelung zwischen Regionen mit viel und wenig Infrastruktur in diesem Jahr wegfallen zu lassen; wir nutzen also den Klimabonus und schicken quasi huckepack einen Anti­teuerungsbonus mit. In Summe ergibt das 500 Euro für jeden und jede, 250 Euro für Kinder. Das wird Abhilfe schaffen, das ist eine breitenwirksame Entlastung, weil eben die Teuerung mittlerweile auch in allen Lebensbereichen angekommen ist, aber wir et­was dagegen tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Klimabonus wird an alle ausgezahlt – Sie wissen es –: vom Kleinkind bis zur Groß­mutter, egal ob man studiert, gerade in Arbeit ist oder nicht oder Pensionist, Pensionistin ist. Die einzige Voraussetzung ist: 183 Tage Hauptwohnsitz in Österreich. Damit steht uns ein Instrument zur Verfügung, um die Teuerung großflächig abzufedern. Um eine gewisse soziale Staffelung sicherzustellen – auch das ist schon erwähnt worden –, wird der Sonderzuschlag des Klimabonus, also die 250 Euro on top, für all jene steuerpflich­tig, die über 90 000 Euro Einkommen im Jahr verdienen.

Was ich auch noch erwähnen möchte: Wir haben die Gelegenheit genutzt, auch eine Ausnahmeregelung aus dem Gesetz zu streichen, nämlich für zwei Gebiete im äußers­ten Westen, nämlich für Jungholz und Mittelberg. Auch jene Menschen, die in diesen Gegenden leben, werden den erhöhten Klimabonus und in der Folge in den nächsten Jahren auch den regionalen Klimabonus erhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Wir nutzen die für den Klimabonus aufgebaute Infrastruktur als Instrument gegen die Teuerung. Das ist eine effiziente Nutzung dieses Instruments. Sie ermöglicht es, allen Menschen in Österreich eine Leistung zukommen zu lassen – unabhängig davon, ob sie Einkommensteuer zahlen oder nicht. Im Gesamtblick auf das Antiteuerungspaket wird klar, dass die Erhöhung des Klimabonus neben den strukturellen Maßnahmen – und sie sind vielfach erwähnt worden –, wie der Abschaffung der kalten Progression, der über Jahrzehnte geforderten Indexierung der Sozialleistungen, einen wesentlichen Baustein, einen zentralen Baustein darstellt, um die Menschen auch kurzfristig und rasch zu ent­lasten. Damit können wir die Teuerung für weite Teile der Bevölkerung großflächig ein Stück weit abfedern, damit es für die Menschen in unserem Land im Herbst ein Stück leichter ist. Dafür werbe ich wirklich sehr, sehr gerne und aus voller Überzeugung um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.29

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Bundesministerin Susanne Raab zu Wort gemel­det. – Bitte, Frau Ministerin.