11.46

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, die Rücknahme der Indexierung der Kinderbeihilfe ist aus unserer Sicht ein Schritt in die falsche Richtung. Aus unserer Sicht war es ge­rechtfertigt, dass man hier vor allem österreichische Familien bevorzugt und das Ein­kommen für die österreichischen Familien sichert. Dass die Lebenshaltungskosten in Ländern wie Rumänien und Bulgarien ganz andere sind als hier, ist, glaube ich, jedem bekannt, und das Geld, das damit aus Österreich abfließt, fehlt auch in unserer Volks­wirtschaft.

Aus unserer Sicht war diese Indexierung also vollkommen richtig, durch die die Österrei­cher und vor allem österreichische Familien bessergestellt werden. Mittlerweile sind wir aber in einer ganz anderen und viel schwierigeren Situation. Wir sind in einer Krise, und das Familieneinkommen in Österreich leidet natürlich unter den gestiegenen Preisen und der Inflation.

In den Familien sind aber auch viele bereit – vor allem ältere Menschen –, dazu beizutra­gen, dass dieses Familieneinkommen gestärkt wird, und sie wollen helfen. Jetzt sind aber sehr viele Betroffene in der Korridorpension oder in der vorzeitigen Alterspension, der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für diese Personen extrem schwierig – es gibt sehr viele Auflagen und Hürden –, und vor allem ist er mit einem Verlust beziehungsweise mit einem Nachteil bei den Pensionen verbunden. Auf der anderen Seite braucht die Wirt­schaft dringend Leute, und da vor allem der Tourismus.

Unser Ansatz ist, dass man diesen Personen, die ja auch über ein großes Know-how und über langjährige Praxis verfügen und die auch bereit sind, da zu arbeiten, entspre­chend hilft und diese Regeln, diese Hürden ändert, damit sie keine Nachteile in der Pension haben. Also es wäre auf der einen Seite ein Riesenvorteil für die Wirtschaft, weil sie kurzfristig – und da vor allem die Gastbetriebe in der Saison – auf diese Personen zurückgreifen könnte, und auf der anderen Seite könnte damit eben das Familienein­kommen aufgebessert werden. Man kommt heute ja schon sehr schwer aus mit dem, was man zum Leben hat. Unserer Meinung nach muss das oder sollte das auf jeden Fall geändert werden.

Deshalb bringe ich einen entsprechenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Besserstellung österreichischer Familien: Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat zur Entlastung von Familien im umfassenden Sinne (Enkel, Eltern und Großeltern) eine Regierungsvorlage für ein Maß­nahmenpaket >Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt< zuzuleiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

-      Eine EU-rechtskonforme Besserstellung österreichischer Familien und insbeson­dere Arbeitnehmern 60+

-      Eine zumindest vierteljährige Valorisierung der Geringfügigkeitsgrenze in der So­zialversicherung für Arbeitnehmer

-      Eine Reduktion bzw. einen Ausgleich der Lohnnebenkosten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn nach dem Pensionsantritt eine neuerliche Beschäftigung auf­genommen wird

-      Ein Förderpaket für alle jene Wirtschaftsbranchen, wo dringend qualifiziertes Per­sonal gesucht wird, um die die Expertise und Erfahrung von Pensionisten in den Arbeitsmarkt zurück zu holen

       Die Beseitigung (d.h. Reduktion und Vereinfachung) aller bürokratischen und finan­ziellen Hürden und Vorschriften, um nach dem Pensionsantritt eine eingeschränkte berufliche Tätigkeit ausüben zu können, ohne finanzielle Nachteile zu erleiden.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Besserstellung österreichischer Familien: Aktion 60 plus für den österreichi­schen Arbeitsmarkt

zu Top 3.) Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2678/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteu­ergesetz 1988 geändert werden sowie über den Antrag 415/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Indexie­rung der Familienbeihilfe sowie über den Antrag 2282/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe sowie über den Antrag 470/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967 betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlas­tenausgleichsgesetz 1967) und das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteue­rung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988) geändert wird (1633 d.B.)in der 169.Sitzung am 8. Juli 2022

Obwohl wir uns seit Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 mit einer wachsenden Lieferkettenproblematik und der Ukraine-Krise eigentlich in einer dauerhaften Bedro­hung des österreichischen Wirtschaftsstandortes inklusive Arbeitsplatzverlust und Mas­senarbeitslosigkeit bzw. Kurzarbeit befinden, klagen viele Wirtschaftsbranchen aktuell über einen Arbeitskräftemangel.

ÖVP-nahe Wirtschaftskreise haben dazu, wie seit vielen Jahren nur ein einziges Gegen­modell, die ungezügelte Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes nicht nur für alle EU-Bürger, sondern auch für Drittstaatsangehörige und Asylwerber bzw. illegale Zuwan­derer. Gleichzeitig vergisst man auf das wachsende Potential einer aktiven Generation 60 plus, die trotz Pensionsantritts noch einen gewissen Teil ihres Zeitbudgets für die Ausübung einer Beschäftigung einsetzen möchte.

Die Ausübung einer aktiven sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Pensionsantritt ist allerdings mit einer Fülle von bürokratischen und auch finanziellen Hürden verbunden, die es sowohl den Wirtschaftsbetrieben als auch den potentiell zu aktivierenden Pensionisten verleidet, für einen gewissen Zeitraum neuerlich aktiv ins Berufsleben einzusteigen und ihre Erfahrungen und Kenntnisse der Gesellschaft und Wirtschaft aktiv und gegen ein angemessenes Entgelt zur Verfügung zu stellen.

Folgende Modelle bestehen derzeit, die allerdings nicht zu einer weiteren Aktivierung dieses qualifizierten Arbeitspotentials beitragen:

Zuverdienst zur Alterspension

Neben einer Alterspension kann unbegrenzt dazuverdient werden. Der Zuverdienst ver­ringert die Pensionshöhe nicht.

Allerdings kann es zu einer Pensionserhöhung kommen: Wenn die Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze von 485,85 Euro pro Monat (Wert 2022) liegt und dadurch eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründet wird, erhält die Pensio­nistin/der Pensionist seit 1. Jänner 2005 einen besonderen Höherversicherungsbetrag.

Dieser Betrag gebührt erstmals ab jenem Kalenderjahr, das dem Kalenderjahr der Auf­nahme der Erwerbstätigkeit folgt.

Zuverdienst zur vorzeitigen Alterspension

Bei einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer kommt es zum Pen­sionswegfall, wenn während des Pensionsbezuges

•      eine Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze von 485,85 Euro pro Monat ausgeübt wird (14 Mal pro Jahr), und diese

•      eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach sich zieht.

•      Wenn die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer wegen einer Er­werbstätigkeit wegfällt, führt dies zu einer Erhöhung der "normalen" Alterspension: Die Pensionshöhe wird grundsätzlich bei Erreichen des Regelpensionsalters neu berechnet. Dabei wird für jeden Monat, in dem die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbstätigkeit weggefallen ist, die Alterspension erhöht.

Zuverdienst zur Korridorpension

Wird während des Bezugs einer Korridorpension

•      eine Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze von 485,85 Euro pro Monat aufgenommen und

•      eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründet,

kommt es zu einem Wegfall der Korridorpension.

Wenn die Korridorpension wegen einer Erwerbstätigkeit wegfällt, führt dies zu einer Er­höhung der "normalen" Alterspension: Bei Erreichen des Regelpensionsalters wird die Pensionsleistung für jeden Monat des Wegfalls um 0,55 Prozent erhöht.

Zuverdienst während der Pension (oesterreich.gv.at)

Vor allem durch die seit 2021 explodierende Inflation und damit Geldentwertung sind die aktuellen Beträge bei der Geringfügigkeitsgrenze nicht mehr aktuell und gehören drin­gend nach oben, dh. um die aktuelle Inflation valorisiert und dies aus aktuellem Anlass auch unterjährig, dh. zumindest vierteljährig. Gleichzeitig sollte man auch eine Förde­rung von Wiedereinsteigern nach dem Pensionsantritte andenken, die insbesondere in einer Reduktion bzw. einem Ausgleich der Lohnebenkosten für Arbeitgeber und Arbeit­nehmer bestehen soll, um vor allem in allen Wirtschaftsbranchen, wo dringend qualifi­ziertes Personal gesucht wird, die Expertise und Erfahrung von Pensionisten in den Ar­beitsmarkt zurückgeholt werden kann.

Die grundsätzlich bedeutsame Entlastung von Familien in Zeiten einer galoppierenden Inflation – wie auch im Bericht 1633 d.B. betreffend des Einkommenssteuergesetzes zu­mindest intendiert – ist zu kurz gegriffen, wenn nicht auch Arbeitnehmer mit über 60 Jah­ren als Teil des Familienverbandes in ein umfassendes Paket integriert werden. Eine Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988 ohne auch ältere Arbeitnehmer zu be­rücksichtigen, die durchaus auch von Familienbeihilfenbezieher sein können, ist zu we­nig. Ein Paket zur Entlastung von Familien ohne die Berücksichtigung aller Generationen bleibt unvollständig. Wenn die Arbeitnehmer 60+ nur indirekt von einer Erhöhung der Familienbeihilfe profitieren, ist in dem Zusammenhang zu wenig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat zur Entlastung von Familien im umfassenden Sinne (Enkel, Eltern und Großeltern) eine Regierungsvorlage für ein Maß­nahmenpaket >Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt< zuzuleiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

•      Eine EU-rechtskonforme Besserstellung österreichischer Familien und insbesonde­re Arbeitnehmern 60+

•      Eine zumindest vierteljährige Valorisierung der Geringfügigkeitsgrenze in der So­zialversicherung für Arbeitnehmer

•      Eine Reduktion bzw. einen Ausgleich der Lohnnebenkosten für Arbeitgeber und Ar­beitnehmer, wenn nach dem Pensionsantritt eine neuerliche Beschäftigung aufge­nommen wird

•      Ein Förderpaket für alle jene Wirtschaftsbranchen, wo dringend qualifiziertes Perso­nal gesucht wird, um die die Expertise und Erfahrung von Pensionisten in den Ar­beitsmarkt zurück zu holen

•      Die Beseitigung (d.h. Reduktion und Vereinfachung) aller bürokratischen und finan­ziellen Hürden und Vorschriften, um nach dem Pensionsantritt eine eingeschränkte berufliche Tätigkeit ausüben zu können, ohne finanzielle Nachteile zu erleiden.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.