18.39

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Geschätzte Präsidentin! Frau Staatssekre­tärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zu­seher! Als Tourismussprecherin meiner Fraktion darf ich mit zwei positiven Dingen be­ginnen: erstens, dass es heute überhaupt eine Debatte zum Thema Tourismus gibt. Das war in der Vergangenheit nicht selbstverständlich, und nach einer Bundesministerin Kös-tinger wird man ziemlich genügsam, was die Tagesordnung und die Debatten darüber betrifft. Zweitens hat mit der neuen Staatssekretärin zumindest auf der persönlichen und fachlichen Ebene ein neuer Stil Einzug gehalten.

Dann aber tue ich mir leider auch schon sehr, sehr schwer, Positives in der Tourismus- und Gastronomiepolitik anführen zu können. Leider hat sich bis dato sonst nichts geän­dert. Im Gegenteil: Gestern kündigen Sie, Frau Staatssekretärin, gemeinsam mit der Sprecherin der Grünen via Presseaussendung kurzfristige Sofortmaßnahmen an. Doch wie schauen diese kurzfristigen Maßnahmen aus?

Einerseits soll der Beruf der Kellnerinnen und Kellner in die bundesweite Mangelberufs­liste genommen werden und andererseits das Saisonnierkontingent um 1 000 Personen erweitert werden. Darf ich Ihnen sagen, wie ich diese Maßnahme beurteile? (Abg. We­ratschnig: Sag!) Als Armutszeugnis, geschätzte Damen und Herren (Beifall bei der SPÖ), als ein riesiges Armutszeugnis und gleichzeitig als ein Riesenschuldeingeständ­nis, denn Sie müssen wissen, geschätzte Damen und Herren, innerhalb der Europäi­schen Union herrscht ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit. Was heißt das? – Das heißt, dass der Arbeitsmarkt, auf den ohnehin zugegriffen werden kann, rund 450 Millionen Men­schen beinhaltet. Und wenn unter 450 Millionen Menschen, sagen wir, 250 Millionen Menschen, die im arbeitsfähigen Alter sind, niemand zu finden ist, der den Job zu diesen Konditionen machen möchte, dann sollte man sich ernsthaft Gedanken machen, ob es nicht vielleicht doch an den Arbeitsbedingungen liegt. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Branche fehlen sage und schreibe – Kollege Hörl hat es auch schon gesagt – rund 35 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und selbst wenn man nicht wie ich und genauso die Expertinnen und Experten des ÖGB sowie der AK der Meinung ist, dass diese Er­höhung zu Lohndumping und einer Verschlechterung der Branche insgesamt beiträgt, würde mit diesen 1 000 Personen rein gar nichts besser werden – ein Tropfen auf den heißen Stein, reine Augenauswischerei.

Seit Monaten, mittlerweile seit Jahren weisen wir als SPÖ auf diesen Missstand hin und werden nicht müde, proaktiv Vorschläge einzubringen – Antrag auf Verlängerung der ÖHT-Haftungen von fünf auf acht Jahre, Antrag auf Bekämpfung des Fachkräftemangels durch die Tourismus-Urlaubs- und Abfertigungskasse, Antrag auf „Maßnahmen für die Lehrlinge der Tourismusbranche“, Antrag auf eine Verbesserung der Erwachsenenlehre. Ich könnte noch fortfahren und das weiterführen. Doch was machen Sie? – Sie vertagen weiterhin alle guten Vorschläge im Ausschuss und berufen einen Krisengipfel – und ich wiederhole: einen Krisengipfel! – für irgendwann im Herbst ein.

Worauf warten Sie? Was muss noch alles passieren, dass Sie die Dringlichkeit erkennen und endlich etwas zustande bringen, was den über 200 000 tüchtigen Menschen in die­ser Branche wirklich hilft? Richten Sie sich nicht im Ausschuss gegenseitig Unfreundlich­keiten aus! Krempeln Sie die Ärmel hoch! Wir, geschätzte Frau Staatssekretärin (Zwi­schenruf der Abg. Tanja Graf), sind gesprächsbereit, und zwar nicht erst im Herbst, son­dern auch den ganzen Sommer über. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.43

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.